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Augsburg/München: Über der A8 nach München schweben - geht das?

Augsburg/München

Über der A8 nach München schweben - geht das?

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    Eine Magnetschwebebahn auf dem Mittelstreifen der Autobahn A8 ist eine Zukunftsvision – aber mit dem TSB eine absolut realistische, sagt die Firmengruppe Max Bögl.
    Eine Magnetschwebebahn auf dem Mittelstreifen der Autobahn A8 ist eine Zukunftsvision – aber mit dem TSB eine absolut realistische, sagt die Firmengruppe Max Bögl. Foto: Firmengruppe Max Bögl

    Per Magnetschwebebahn direkt über dem Mittelstreifen der Autobahn vom Los-Angeles-Ring bei Augsburg bis zum Bahnhof in München-Pasing mit 150 Stundenkilometer am Stau vorbei düsen. Diese Idee elektrisiert nicht nur Technikfans und Ingenieure, sondern vor allem Pendler, die mit ihrem Auto regelmäßig auf der A8 oder in der Metropole stehen.Der Nachbarlandkreis Dachau lässt derzeit in einer Studie das Fahrgastpotenzial für eine innovative Nahverkehrs-Verbindung entlang der Autobahn mit einem Dutzend Haltestellen an jeder Auffahrt untersuchen. Ab September bis Ende Oktober findet dazu eine zweimonatige Onlinebefragung statt. Teilnehmen können alle, die im Einzugsbereich der Strecke wohnen oder arbeiten.

    Es geht zunächst nur um das Potenzial auf dieser Verbindung: Wie viele Pendler würden umsteigen? Die technische Realisierung ist eine ganz andere Baustelle. Möglich wäre aber ein Nahverkehrs-Transportsystem, wie es das Bauunternehmen Max Bögl konzipiert hat. In Betracht kommen für die etwa 60 Kilometer zwischen der A-8-Anschlussstelle Augsburg-West und Pasing eigentlich nur innovative Monotrail-Schienen- oder Schwebebahnsysteme.

    Eine konventionelle S-Bahn als A-8-Parallele zwischen den bestehenden S-Bahn-Ästen S2 (Altomünster, Kreis Dachau) und S3 (Mammendorf, Kreis Fürstenfeldbruck) wird zwar seit Jahren in den westlichen Umlandkreisen von München diskutiert, ließe sich aber wegen der Trassenführung nur mit einem immensen baulichen Aufwand verwirklichen. Das TSB verfolgt einen neuen Ansatz und verspricht deutlich kürzere Planungs- und Bauzeiten, Bündelung und Synergien der Verkehrswege, geringen Flächenverbrauch und hohe Energie-Effizienz. Aber geht das technisch über der A8 überhaupt und wie? Wir haben der Firmengruppe Max Bögl dazu Fragen gestellt.

    Ist ein Schwebebahn-System über einem Autobahn-Mittelstreifen wie der A8 technisch möglich?

    Ein klares Ja kommt von Bögl-Unternehmenssprecherin Nancy Fürst: „Ohne einer detaillierten Analyse vorzugreifen, halten wir die Realisierung auf dem Mittelstreifen mit minimalem Aufwand für machbar.“ Max Bögl verfüge über große Erfahrungen im Infrastrukturbereich, insbesondere auch im Autobahnbau. Das TSB sei optimal auf Nahverkehr mit Geschwindigkeiten bis zu 150 Stundenkilometer abgestimmt und komme deshalb – im Gegensatz zu Hochgeschwindigkeitssystemen (Beispiel: Transrapid) – mit wesentlich geringeren Gründungs- und Stützenquerschnitten aus.

    Müssten die Fahrbahnen verändert werden? Anders: Reicht der Platz für sechs Fahrspuren, zwei Standstreifen und eine TSB-Fahrbahn aus?

    Aufgrund der geringen Stützen- und Gründungsquerschnitte seien keine Verschiebungen der Fahrbahnen erforderlich. Für lokale Engstellen gebe es Lösungen (Verschwenkung oder Bügelstützen), um Eingriffe in die Trasse einer Autobahn zu vermeiden. Stützen stehen in der Regel in einem Abstand von 24 Metern. In Sonderfällen, wie zum Beispiel bei Querungen, sind auch Abstände von bis zu 72 Metern möglich.

    In welcher Höhe würde die Bahntrasse über einer Autobahn liegen?

    Möglich sind laut Bögl verschiedenste Trassenhöhen – von ebenerdig bis über 20 Meter, aber auch Tunnel. Im Allgemeinen liege so eine Trasse in etwa sieben Meter Höhe über einer Autobahn (siehe Grafik). Wenn zum Beispiel querende Brücken überwunden werden müssen, steigt die Trassenhöhe an.

    Brücken werden also generell von einer TSB-Trasse überfahren?

    Der TSB hat eine Steigfähigkeit von bis zu zehn Prozent. Daher sei es am einfachsten, querende Brücken zu überfahren, erläutert Fürst. Ist dies zum Beispiel aus landschaftlichen Erwägungen nicht sinnvoll oder nicht erwünscht, bzw. für Haltestellen, könne das TSB auch lokal neben die Autobahn schwenken und dort Verkehrswege deutlich niedriger über- oder unterqueren.

    Transport System Bögl (TSB): Technik, Kapazität, Unternehmen

    Konzept Fahrerloses und automatisches Transportsystem (TSB) konzipiert für den Personennahverkehr mit Streckenlängen zwischen fünf und 50 Kilometern. Auf Autobahnen sind auch längere Trassen möglich.

    Technik Elektromagnetisches Schwebesystem mit kombinierter Trag- und Führfunktion.

    Länge Zwölf Meter pro Sektion. Bis zu sechs Sektionen sind koppelbar.

    Transportkapazität Rund 125 Passagiere pro Sektion. Möglich sind Taktfrequenzen bis zu mindestens 80 Sekunden Zugfolgezeit. Bei maximaler Ausnutzung des Systems könnten bis zu 30.000 Menschen pro Fahrtrichtung und in einer Stunde befördert werden.

    Reisegeschwindigkeit Bis zu 150 Stundenkilometer.

    Lärm Kaum hörbar durch geringe Schall- und Erschütterungsemissionen und niedrigere Geschwindigkeiten im Vergleich zum Beispiel zum Transrapid (bis 550 Stundenkilometer).

    Unterhalt Kein Verschleiß und geringe Instandhaltungskosten durch berührungsloses Schweben.

    Unternehmen Der international tätige Baukonzern aus Neumarkt (Oberpfalz) wurde vor 90 Jahren als Maurerbetrieb gegründet, beschäftigt heute rund 6500 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von 1,7 Milliarden Euro. Kerngeschäft: Straßen- und Fahrbahnbau, aber auch Hoch- und Tunnelbau, Windrad-Hybridtürme und Energiespeicher. Das familiengeführte Unternehmen hat die erste kommerziell betriebene Transrapid-Strecke der Welt in Shanghai (China) errichtet.

    Quelle: Firmengruppe Max Bögl

    Wenn Fahrzeuge gegen TSB-Stützen zwischen den Mittelleitplanken auf der Autobahn prallen, ist dann nicht sofort Stillstand und besteht Gefahr für die Fahrgäste?

    Nein, sagt Nancy Fürst. Das TSB entspreche „den sehr hohen Sicherheitsanforderungen des Deutschen Eisenbahn-Bundesamtes“. Der Aufprall von Fahrzeugen an TSB-Stützen werde dabei explizit betrachtet und die absolute Sicherheit der Fahrgäste sei auch in diesem Fall gewährleistet. Die Stützen würden mit Anprallelementen so ausgelegt, dass der Betrieb des TSB im Allgemeinen fortgesetzt werden könne.

    Wie kann man sich die Einstiege (Haltestellen) vorstellen?

    Haltestellen ähneln im Aufbau denen von Straßen- oder S-Bahnen. Der TSB sei ein klassisches Personennahverkehr-System, teilt das Unternehmen mit. In Bereichen mit aufgeständertem Fahrwegen würden sie ebenfalls aufgeständert, um den Raum darunter zum Beispiel für Pendlerparkplätze zu nutzen.

    Wie funktioniert ein einbahniges System bei hoher Taktfrequenz mit Gegenverkehr und wird das mit den notwendigen Halts nicht sehr langsam?

    Das TSB kann als Einzelfahrweg oder als Doppelspur mit zwei Fahrwegen auf einer gemeinsamen Stütze umgesetzt werden. Die Transportkapazität liegt für ein Doppelspursystem deutlich höher, da hier ein engerer Takt gefahren werden kann. Ein richtig ausgelegtes Einzelspursystem mit doppelspurig ausgeführten Haltestellen, an denen die sich begegnenden Fahrzeuge aneinander vorbeifahren, könne aber auch ohne Wartezeiten auf der Strecke betrieben werden, so Unternehmenssprecherin Fürst.

    Noch ist ja kein TSB im realen Einsatz. Wie lange würde es dauern, bis so ein System gebaut ist?

    Das System sei zugelassen und marktreif. Auf einer Erprobungsstrecke bei Nürnberg wurden laut Bögl über 125.000 Fahrten zurückgelegt. Eine 3,5 Kilometer lange Demonstrationsstrecke in China nimmt im Herbst ihren Betrieb auf. Durch industrielle Vorproduktion des Fahrweges würden vor Ort nur die Stützen gefertigt. Sprecherin Nancy Fürst: Zwei Jahre nach einer Baugenehmigung könne mit der Inbetriebnahme gerechnet werden. Ein aufgeständerter Fahrweg wie über der Autobahn A8 sei ein ideales Anwendungsszenario.

    Wie hoch ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der Schwebebahn?

    Die hängt maßgeblich von der Anzahl der Haltepunkte ab. Fürst: „Wir gehen für so eine Strecke von etwa 80 Stundenkilometer aus.“ Umgerechnet auf diese Trasse bedeutet das eine Fahrzeit von etwa 45 Minuten zwischen Augsburg-West und Pasing-Bahnhof.

    Was kostet so ein Gesamtsystem?

    Die Kosten hängen natürlich vom jeweiligen Projekt ab, sagt Bögl. Das Unternehmen geht für ein doppelspuriges System von einem Richtwert zwischen 30 und 50 Millionen Euro pro Kilometer für Fahrweg, Fahrzeuge, Leittechnik aus. Für ein einspuriges System reduzieren sich die Kosten um etwa 30 Prozent. 70 Prozent der Kosten entstehen für Infrastruktur (Streckenbau), 15 Prozent kostet das Fahrzeug, 15 Prozent fallen für die Leittechnik an.

    Die Befragung der Universität der Bundeswehr München für das Fahrgastpotenzial der Verbindung läuft zwei Monate ab September. Noch ist der Link nicht freigeschalten.

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