Ein großes Polizeiaufgebot rund um den Marktplatz, ein weiträumig abgesperrtes Haus, darin ein möglicherweise gefährlicher Mann: Der Großeinsatz am Montag in Aindling hat für viel Aufsehen gesorgt. Ausgelöst hatte ihn ein 34-Jähriger, der Familienangehörige bedroht und Zugang zu Waffen gehabt haben soll. Er befand sich nach Auskunft der Polizei in einer "psychischen Ausnahmesituation", weshalb neben dem Sondereinsatzkommando (SEK) Südbayern auch eine Verhandlungsgruppe anrückte. Dass der Einsatz letztlich glimpflich endete, ist auch ein Erfolg dieser Spezialeinheit. Wer steckt dahinter?
Aufgaben der Verhandlungsgruppe in Aindling: Verhandeln und Analysieren
In Aindling richtete die Verhandlungsgruppe ihre Schaltzentrale im Rathaus ein. Es liegt nicht weit vom Einsatzort entfernt, der Sitzungssaal war deshalb und aufgrund seiner technischen Ausstattung prädestiniert zur Vorbereitung und Koordination des Einsatzes. Was war nun Aufgabe der Spezialeinheit? Talib Khachab, Sprecher am Polizeipräsidium Schwaben-Nord, erklärt: "Die Verhandlungsgruppe wird eingesetzt, um mittels Kommunikation auf Personen einzuwirken oder Erkenntnisse zu gewinnen, um polizeiliche Ziele zu erreichen oder zu fördern." Vereinfacht bedeutet das: verhandeln und analysieren.
Die Verhandlungsgruppe, die in Aindling zum Einsatz kam, ist beim Polizeipräsidium Schwaben-Nord angesiedelt. Ihre Mitglieder kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen der Polizei und werden in einem Lehrgang speziell ausgebildet. Dort werden nach Auskunft von Polizeisprecher Khachab Grundlagen in Psychologie, Kommunikation und Analyse vermittelt. Dazu kommen regelmäßige Fortbildungsmaßnahmen - so weit die Theorie. In der brenzligen Praxis ist jeder Fall unterschiedlich. Im ersten Schritt entwickelt das Team normalerweise eine Verhandlungsstrategie. Dabei können sämtliche Informationen über den Betroffenen eine Rolle spielen - zum Beispiel auch, welche Hobbys er hat, um einen emotionalen Zugang zu bekommen.
Die Verhandlungsgruppe ergänzt die Arbeit des SEK im Einsatz
Eine wesentliche Information ist für die Beamten, mit wem sie es zu tun haben und in welchem Zustand das Gegenüber ist. Laut Polizeisprecher Khachab lassen sich die häufigsten Einsatzanlässe zwar nicht klar definieren, die Situation sei "sehr oft" eine Gemengelage. "Oftmals handelt es sich aber um Kontaktaufnahme mit Suizidenten oder Straftätern, die sich in einer Ausnahmesituation befinden." Nicht selten seien die betroffenen Personen psychisch auffällig.
Eine zentrale Frage ist damit nur schwer zu beantworten: Wie ernst meint der Betroffene seine Drohung - und wie gefährlich ist er? Dazu stellt die Verhandlungsgruppe spezielle Gefährdungsanalysen an und nimmt schriftliche wie mündliche Äußerungen desjenigen genauer unter die Lupe - das können Erpresser- und Drohschreiben sein, aber auch Sprachaufzeichnungen.
Die Spezialeinheit der Polizei unterstützt und berät die Einsatzleitung
Zum nächsten Schritt der Verhandlungsgruppe - Kontakt mit dem Betroffenen aufnehmen und Verhandlungen beginnen - kam es in Aindling nicht mehr. Polizeisprecher Khachab sagt, dies sei "nicht möglich" gewesen, offenbar aus technischen Gründen. Dafür habe die Verhandlungsgruppe die Einsatzleitung unterstützt und beraten.
Offenbar mit Erfolg: Nach eineinhalb Stunden nahm das SEK den 34-Jährigen unverletzt fest. Eine Statistik darüber, wie häufig die Verhandlungsgruppe erfolgreich im Einsatz ist, gibt es nicht. Ohne konkreter zu werden, erklärt Polizeisprecher Khachab: "Die Arbeitsweisen und Beiträge variieren je nach Einsatzlage, und es wird immer der bestmögliche Beitrag zur zielführenden Einsatzbewältigung angestrebt."
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