Fast schien der gordische Knoten schon zerschlagen zu sein: Für das Wohn- und Geschäftshaus, das die Brüder Erol und Senol Duman seit dem Jahr 2013 an der Bahnhofstraße in Aichach bauen wollen, gibt es seit Januar einen positiven Bauvorbescheid des Landratsamts Aichach-Friedberg. Doch der Bauantrag, der jetzt im Bauausschuss des Aichacher Stadtrats vorlag, weicht in einigen Punkten von der Bauvoranfrage ab. Ob das ein Ablehnungsgrund ist oder nicht, darüber gingen die Meinungen auseinander.
Das Bauprojekt – dort, wo sich jetzt der Biergarten Orient-Express von Erol Duman befindet – beschäftigt die Gremien des Stadtrats mittlerweile seit Ende 2013. Damals hat der Bauausschuss einem vierstöckigen Gebäude das Einvernehmen verweigert, weil es ihm zu massiv erschien. Das Landratsamt war gleicher Ansicht und lehnte die Bauvoranfrage ab.
Seit 2014 sitzt Erol Duman für das Bündnis Zukunft Aichach (BZA) selbst im Stadtrat. Mitte Juli 2015 lag der Stadt eine neue Bauvoranfrage vor. Weil das Bauwerk in der neuen Anfrage zwar um eine Etage, in der Geschoss- und Grundflächenzahl aber kaum reduziert war, wurde damals das Einvernehmen verweigert. Auf Anraten der damaligen Bauamtsleiterin Martina Illgner beschloss der Stadtrat im Oktober 2015 einen Bebauungsplan für die Bahnhofstraße aufzustellen und verhängte eine Veränderungssperre. Damit lag das Projekt auf Eis. Nachdem sich Illgner und die Stadt im August 2017 getrennt hatten, wurde im September sowohl der Bebauungsplan als auch die Veränderungssperre aufgehoben. Damit gilt dort Paragraf 34 des Baugesetzbuchs. Das heißt, das Bauvorhaben muss sich nach Maß und Nutzung der Umgebung anpassen.
Der neuen Planung wurde 2019 zugestimmt
Im November 2017 wurde eine neue Bauvoranfrage für ein dreigeschossiges Gebäude in L-Form vom Bauausschuss und vom Landratsamt befürwortet. Trotz positiven Bauvorbescheids wurde jedoch nicht gebaut. Im Juni 2019 legten die Duman-Brüder eine neue Bauvoranfrage vor für einen U-förmigen Bau: viergeschossig parallel zur Bahnhofstraße, dreigeschossig zum Stadtgarten hin, verbunden mit einem zweigeschossigen Verbindungsbau an der Ostseite zur Paar hin. Eine Mehrheit (ohne die SPD) stimmte zu, mit der Vorgabe, dass die Fassade des Gebäudes zum Stadtgarten hin gegliedert wird, damit es nicht wie ein Bollwerk wirkt. Diese Gliederung wurde nachgereicht, das gemeindliche Einvernehmen erteilt. Das Landratsamt erteilte den Bauvorentscheid.
Jetzt lag der Bauantrag vor, der sich allerdings in einigen Punkten von der Voranfrage unterscheidet. Das Gebäude an sich blieb in seinen Ausmaßen gleich, allerdings sind durch eine andere Aufteilung mehr Wohnungen (insgesamt 20) und Gewerbeflächen (vier) vorgesehen als in der Bauvoranfrage. Dadurch müssen zusätzlich zur Tiefgarage oberirdisch mehr Stellplätze nachgewiesen werden. Diesen fallen im Bauantrag Grünflächen an der Bahnhofstraße und der Ostseite zum Opfer. Dadurch steigt die Grundflächenzahl – also der Anteil der Fläche, die bebaut wird – von 0,62 auf 0,8. Zuviel in den Augen der Verwaltung.
Stadtrat Jung befürchtet, die Stadt könne schadenersatzpflichtig werden
Auch die mit dem Landratsamt abgestimmte Gebäudegliederung zum Stadtgarten hin ist nicht mehr vorgesehen. Für eine Gliederung soll jetzt ein unterschiedlicher Farbanstrich sorgen. Weil das südliche Gebäude die gleiche Fußbodenhöhe hat wie das nördliche an der Bahnhofstraße, muss das Grundstück laut Egger zum Stadtgarten hin aufgefüllt werden. Eine Stützwand könne dort aber nicht gebaut werden. Auch ein Graben, der der Entwässerung der Hinterliegergrundstücke dient, darf nicht aufgefüllt werden.
Die Verwaltung empfahl daher, dem Bauantrag das Einvernehmen zu verweigern. Georg Robert Jung (FWG) sah ebenso wie Erich Echter (CWG, Fraktionsgemeinschaft mit BZA und FDP) keine so grundlegenden Änderungen, dass man nicht zustimmen könnte. Jung fürchtete sogar, die Stadt könne schadenersatzpflichtig werden, sollten die Bauherren vor dem Verwaltungsgericht klagen. Sein Fraktionskollege Marc Sturm betonte, ohne Bebauungsplan könne man dem Bauherrn keine Fassadengestaltung oder Bepflanzung vorschreiben. Die Kriterien des Paragrafen 34 seien erfüllt.
Unverständnis für Abweichungen von Bauvoranfrage
Bürgermeister Klaus Habermann dagegen äußerte Unverständnis, dass der Bauantrag für das Projekt an exponierter Stelle so von der genehmigten Bauvoranfrage abweicht und sprach auch die Vorbildfunktion der Ratsmitglieder an. Helmut Beck (CSU) störte sich daran, dass der Bauantrag von der Bauvoranfrage abweicht, insbesondere bei der Fassadengliederung, obwohl man vorher über die Grundlagen für die Bebauung gesprochen habe. So sah das auch Kristina Kolb-Djoka (SPD). Unglücklich mit dem höheren Grad an Versiegelung war auch Marion Zott (Bündnis 90/Die Grünen).
Mit 8:3 wurde dem Bauantrag das Einvernehmen verweigert. Die Gegenstimmen kamen von Jung, Sturm und Echter. Die Entscheidung über den Bauantrag trifft das Landratsamt.
Orient-Express von Erol Duman schließt bald
Für den Biergarten Orient-Express, der dem Bauprojekt weichen muss, ist voraussichtlich noch heuer Schluss.
Wie Erol Duman auf Anfrage unserer Redaktion sagt, wird er den Innenraum des Lokals nicht mehr öffnen. Es sei zu klein, um die Hygieneauflagen wegen der Corona-Pandemie zu erfüllen. Derzeit ist noch der Biergarten geöffnet. Wie lange, ist laut Duman noch offen.