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Aichach: Zugunglück mit zwei Toten: Trauer und Bestürzung in Aichach

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Zugunglück mit zwei Toten: Trauer und Bestürzung in Aichach

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    Bahnmitarbeiter vor dem verunglückten Personenzug und dem Güterzug.
    Bahnmitarbeiter vor dem verunglückten Personenzug und dem Güterzug. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    In den Morgenstunden ist es am Dienstag noch ruhig am Aichacher Bahnhof. Die inzwischen abgesperrte Unglücksstelle liegt etwa 700 Meter vom Bahnhof entfernt in Richtung Dasing. Vor dem Flatterband formieren sich Journalisten und Fernsehteams. Mehrere Menschen warten auf die Busse des Schienenersatzverkehrs. Zum Teil haben sie erst am Morgen vom Unglück erfahren. Verspätungen nehmen die meisten von ihnen gelassen in Kauf. Ein Aichacher, der nach Augsburg zur Arbeit muss, ist gleich erst eine Stunde später gekommen, warten muss er dennoch. Er denkt an die Betroffenen: "Man ist betroffen. Die Menschen tun einem total leid. Das zeigt, wie schnell das Leben vorbei sein kann."

    Auch Bürgermeister Klaus Habermann ist am Tag danach immer noch geschockt. „Das schüttelt man nicht einfach ab“, sagt er. „Das ist einfach ganz, ganz furchtbar.“ Dass es zwei Todesopfer gibt, sei ganz besonders tragisch. „Wenn man sich in die Situation der Angehörigen versetzt, ist das einfach grausam“, sagt Habermann. Er sei selbst regelmäßig am Bahnhof und hole dort seine Tochter vom Zug ab.

    Zugunglück in Aichach: Sekunden können Leben verändern

    Als er am Abend von der Feuerwehr und der Polizei informiert wurde, eilte er sofort an die Unglücksstelle, um sich vor Ort selbst ein Bild zu machen. Es war ein Bild des Schreckens, das sich ihm bot. „Wenn man so etwas in den Medien sieht, nimmt man es zur Kenntnis“, sagt er. Ein solches Unglück in der eigenen Stadt, vor der eigenen Haustür – „das ist schon ein schwerer Schlag“. Es werde einem bewusst, dass Sekunden ein ganzes Leben verändern können.

    Beeindruckt hat ihn die Arbeit der Rettungskräfte. „Riesengroßen Respekt“ zollt er den Feuerwehren, allen voran der Aichacher, dem Roten Kreuz und anderen Helfern. „Da haben wirklich die Räder ineinandergegriffen“, sagt er beeindruckt. „Da weiß jeder, was er zu tun hat.“

    Am meisten beeindruckt haben ihn aber die Anwohner am Bahndamm im Stadtteil Algertshausen, gleich neben dem Gleis, sagt Habermann. Die hätten ein Quietschen gehört, den Aufprall und sofort gewusst: „Da muss was Schlimmes passiert sein.“ Anwohner haben sich sofort um die Fahrgäste aus dem Zug gekümmert. „Die Menschen saßen dort in der Garage, in Decken gehüllt, wurden in den Arm genommen“, erzählt Habermann. „Das war sehr berührend.“ Man habe die Dankbarkeit gespürt. „Es ist schön zu sehen, dass in einem solchen Moment so große Hilfsbereitschaft da ist.“ Jetzt bleibe nur zu hoffen, dass alle Verletzten bald wieder hergestellt sind und alle den Schock gut überwinden.

    Landrat ordnet nach Zugunglück in Aichach Trauerbeflaggung an

    Nach dem Affinger Tornado vom Mai 2015 musste Landrat Klaus Metzer zum zweiten Mal in seiner Amtszeit die Führungsgruppe Katastrophenschutz einberufen. Er bilanzierte am Dienstag: „Auch wenn der Anlass tragisch ist: Wieder hat sich gezeigt, dass unsere Haupt- und Ehrenamtlichen höchst professionell kooperieren und Schadenslagen in unglaublicher Verantwortung bewältigen.“

    Metzger dankte allen, die „oft auch fernab der öffentlichen Wahrnehmung, in diesen dramatischen Nachtstunden großartige Hilfe leisteten“. Er nannte „die Nachbarn, die Raum schufen, um die Verletzten zu betreuen; die Kriseninterventionsteams, die sich im Landratsamt um Betroffene und Angehörige kümmerten; die Kameradinnen und Kameraden, denen die Bergung der Toten und Verletzen oblag“. Der Landrat hat für Dienstag und Mittwoch Trauerbeflaggung am Landratsamt angeordnet.

    Schwere Zugunglücke in Bayern

    8. Juni 1975: Im Oberland Schaftlach und Warngau sterben an dem strahlenden Frühsommersonntag 43 Menschen, mehr als 100 werden verletzt. Es ist eines der schwersten Zugunglücke in der deutschen Nachkriegsgeschichte - und es ist amtlicherseits programmiert...

    ... Der Sommerfahrplan sieht einen zusätzlichen Zug für die Sonntags-Ausflügler vor. Damit muss es auf der eingleisigen Strecke zwischen Schaftlach und Warngau einen Zusammenstoß geben. Niemand bemerkt das. Und an den Bahnhöfen passiert offenbar ein fataler Fehler: Die Bahnbediensteten lassen die Züge abfahren und melden sie erst dann beim jeweils anderen Fahrdienstleiter an.

    24. April 1992: Ein Güterzug entgleist auf der Strecke Stuttgart-München in Höhe Augsburg-Hochzoll. Ein Waggon kippt um. Hunderte Liter der leichtentzündlichen Flüssigkeit Amylpropionat laufen aus. Dennoch geht der Unfall glimpflich aus, ein größerer Umweltschaden bleibt aus.

    18. Februar 1999: In Immenstadt im Allgäu stößt ein Intercity-Zug mit einem InterRegio zusammen. Zwei Menschen kommen ums Leben, etwa 20 werden verletzt.

    22. Juni 2001: Ein schwarzer Tag für den bayerischen Schienenverkehr. Bei zwei Unglücken an Bahnübergängen sterben 7 Menschen, mindestens 44 werden verletzt. In der Nähe von Vilseck-Gressenwöhr in der Oberpfalz rast ein Regionalzug in einen Lastwagen der US-Armee. Der Lokführer, der Lkw-Fahrer und ein Zugfahrgast sterben. Elf Stunden später rammt ein Regionalzug an der Strecke Donauwörth-Dillingen in Tapfheim ein Auto. Ein Ehepaar und zwei Kinder in dem Wagen sterben.

    6. November 2015: Am Bahnübergang in Freihung in der Oberpfalz kommen zwei Menschen ums Leben, vier werden verletzt. Ein Lkw, der einen Militär-Lastwagen auf dem Tieflader transportierte, war an dem Bahnübergang hängengeblieben und von dem Zug gerammt worden.

    9. Februar 2016: Bei Bad Aibling prallten zwei Züge frontal aufeinander. Zwölf Menschen sterben, 89 weitere Fahrgäste erleiden zum Teil schwere Verletzungen. Zu dem Unglück kommt es, weil der zuständige Fahrdienstleiter von seinem Smartphone abgelenkt ist und wohl in Folge dessen Signale falsch stellte. Er wird wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt.

    7. Mai 2018: Kurz vor dem Bahnhof Aichach fährt ein Personenzug in einen nicht beladenen Güterzug. Der Lokführer des Personenzugs und ein Fahrgast kommen ums Leben. 14 Personen werden bei dem Unfall verletzt.

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