Lange bevor es moderne, technische Hilfsmittel gab, wurden die Feuerwehrleute in der Stadt Aichach mit dem Horn alarmiert. Über den Hornisten und Bäckermeister Johann Heller ist überliefert, dass er einmal bei der Alarmierung so aufgeregt war, dass er nicht blasen konnte. Er nahm das Horn daher unter den Arm und lief durch die Straßen und rief laut "Brenna duad's".
Derartige Geschichten zum Schmunzeln gibt es mehrere in der 150-jährigen Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Aichach, die im Mai 1871 gegründet wurde. Dieses große Jubiläum hätte eigentlich Anfang Juni gebührend gefeiert werden sollen, aber Corona zwang die Verantwortlichen letztlich auch noch zur Absage des abgespeckten Feierprogramms. Vergessen soll der Jahrestag aber nicht werden.
In Aichach wurde mit ledernen Eimern gelöscht
Die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Aichach fiel in eine Zeit, in der große Brandkatastrophen im ganzen Land für Furcht und Schrecken sorgten. Das behördliche Löschwesen war lange Zeit recht undiszipliniert. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts wurden brauchbare Feuerlöschpumpen gebaut. In Aichach standen zur damaligen Zeit in bestimmten Häusern große Behälter mit Löschwasser und lederne Löscheimer bereit. Bei einem Einsatz mussten die Bierbrauer und Weinwirte Zuber und Fässer herbeibringen. Die Maurer, Zimmerer und Kaminkehrer rückten mit Leitern an. Die Nachbarn und Helfer bildeten eine "Eimerkette". Die Feuerlöscheimer waren die einzigen Löschhilfen, bis der Bierbrauer Lorenz Alois Gerhauser 1795 die erste Handspritze erwarb, die er auch der Stadt zu Verfügung stellte.
Fakten und Anekdoten zur Aichacher Feuerwehr
Vom Blitz getroffen Ein Unglück widerfuhr dem letzten Stadttürmer Luitpold Port. Er war städtischer Musikmeister und wohnte 26 Jahre auf dem oberen Torturm in Aichach. Er blies bei Feuerausbrüchen in der Stadt Alarm. So auch am 5. August 1899. Als bei einem Gewitter der Blitz in ein Gebäude der oberen Vorstadt einschlug und ein Brand ausbrach, blies er mit seinem Horn Feueralarm. Ein weiterer Blitz schlug wenig später in das Obere Tor ein und streckte auch Port nieder. Unter den Nachwirkungen dieses Unfalls litt er ein Leben lang.
Der erste Spielmannszug Den ersten Spielmannszug in der Geschichte der gesamten Feuerwehren im Landkreis gründete 1955 die Aichacher Wehr. Geübt wurde zuerst in den Feuerwehrgaragen Am Schlößl und später in einem Raum des Müllerbräukeller am Kellerberg. Doch es gab Nachwuchsprobleme, sodass das Projekt Spielmannszug 1963 eingestellt wurde.
Der erste Maibaum Großgeschrieben wird bei der Aichacher Feuerwehr auch das Brauchtum. Auf Anregung des damaligen Bürgermeisters Alfred Riepl organisierte die Wehr 1982 die erste Maibaumaufstellung am Aichacher Stadtplatz.
Das erste Feuerwehrmuseum Das erste Feuerwehrmuseum wurde 1989 im Feuerwehrhaus an der Martinstraße eingerichtet. Jetzt ist es in der Zentrale an der Freisinger Straße. Viele der Utensilien wurden vom "Hauderer" Hans Wohlmut gesammelt.
Die Geburt des Florianstags Bei der Einweihung 1985 eines Lichtmastanhängers lud die Aichacher Feuerwehr alle 13 Ortsfeuerwehren zum Festakt ein. Bei diesem Treffen regte der damalige Kommandant Sepp Krammer den Florianstag an, den seitdem jährlich jeweils eine andere Feuerwehr im Stadtgebiet ausrichtet.
Der längste Leberkäs Bei der Maibaumaufstellung 2001 wurde der längste Leberkäs der Welt mit 22,83 Metern am Aichacher Stadtplatz gebacken. Wiederholt wurde das Spektakel bei der Maibaumaufstellung 2006, bei der ein 22 Meter langer und 330 Kilogramm schwerer Rollbraten mit Heißluft zubereitet wurde.
Die Geburt der Jugendfeuerwehr Am 16. März 2012 absolvierte die neu ins Leben gerufene Jugendfeuerwehr ihre erste Übung. Elf Mädchen und Buben waren begeistert bei der Sache. (ech)
Die Gründung der Aichacher Feuerwehr verlief zunächst etwas holprig. Die Wurzeln der Freiwilligen Feuerwehren in Bayern liegen in Augsburg. Dort verpflichteten sich im Juli 1848 die Mitglieder eines Turnvereins, bei Schadensfeuer in der Stadt zu helfen. Im Januar 1849 wählte man in der Fugger-Stadt einen Ausschuss für einen "Rettungsverein bei Feuersgefahr". Auch andernorts gingen die Feuerwehren meistens aus den Turnvereinen hervor.
Aichacher Turnverein lehnt Feuerwehrgründung ab
So war es auch in Aichach. Die Idee, eine Feuerwehr zu gründen, kam bereits 1868 auf. Ein Jahr später signalisierten einige Mitglieder des Turnvereins, eine Feuerwehr gründen zu wollen, was aber von der Mitgliederversammlung nicht genehmigt wurde. Daraufhin traten 20 Mitglieder aus dem Turnverein aus, darunter der gesamte Ausschuss des Vereins. Diese 20 richteten am 25. Mai 1869 ein Gesuch an das königliche Bezirksamt, um die Gründung eines Vereins zur Bildung einer Feuerwehr. Aus dem Gesuch ist auch zu entnehmen, dass die München-Aachener Mobilar- und Feuerversicherungsgesellschaft schon damals zusagte, eine Löschmaschine zu spendieren, falls in Aichach eine Feuerwehr gegründet würde.
Wenig später beantragte der neue Vorstand des Turnvereins bei der Stadt Aichach die Umwandlung des Turnvereins in eine Turn-Feuerwehr. Behandelt wurde das Gesuch in der Magistratsitzung am 8. Juli 1869. Bürgermeister Kapfhamer und die Räte Koppold, Baumeister, Werlberger, Thalhofer und Mayer würden nur dann zustimmen wollen, wenn Zeugmeister (verantwortlich für die Wartung, Instandhaltung und Überprüfung sowie die Reinigung und Pflege aller Ausrüstungsgegenstände) an der Spritze stünden und sich auch die Bürgerschaft beteiligte. Die Verhandlungen zogen sich aber in die Länge und wurden vermutlich vom Krieg 1870/71 unterbrochen.
Die Geburtsstunde der Aichacher Feuerwehr
Am 19. Mai 1871 war es dann aber so weit. Bei einer großen Versammlung traten 119 Mitglieder dem neu gegründeten Aichacher Feuerwehrverein bei, darunter vermutlich auch viele Mitglieder des Turnvereins. Die aktive Mannschaft setzte sich aus Kommandant, Adjutant, Feuerwehrchirurge, elf Signalisten, 51 Steiger, 34 Spritzenleute und 19 Ordnungsmänner zusammen. Gründungsvorsitzender war der königliche Bezirksamtmann Andreas Weckerle. Zum ersten Kommandanten berufen wurde Johann Müller. Ab 1874 durften die Feuerwehrler ihre Kommandanten selbst wählen. Das Vereinslokal der Aichacher Feuerwehr war die Brauerei zum Garaus, und das blieb so bis zum Zweiten Weltkrieg.
Wort gehalten hat auch die Aachener Feuerversicherung und lieferte im August 1871 die versprochene Feuerlöschspritze. Es dauerte nur wenige Monate, bis die Feuerwehrspritze zum Einsatz kam. Am 7. Dezember 1871 brannte die Pferdestallung der Witwe Pachmayr (Stieglbräu) ab. Am 8. April 1882 brach in Oberbernbach ein spektakulärer Brand aus. Der Funkenflug der vorbeifahrenden Dampfeisenbahn steckte die Strohdächer der nahen Bauernhöfe in Brand. Insgesamt fielen acht landwirtschaftliche Anwesen dem Feuer zum Opfer.
Die Alarmierung der Feuerwehr im Stadtgebiet läuft heute über ein spezielles Funknetz und die Rettungsleitstelle in Augsburg. Um die Jahrhundertwende informierten Hornisten die Feuerwehrleute über einen Brand. Zudem wurde eine Person bestimmt, die zur Pfarrkirche lief, um mit den Kirchenglocken Sturm zu läuten. Zu den markanten Alarmierungen gehörte auch die 1952 gebaute "Weckerlinie". Eine Drahtverbindung die quer durch die Stadt zu den Feuerwehrlern ging und bei Alarm eine Glocke auslöste.
Nicht einheitlich war die Uniformierung in der Gründerzeit. Die Feuerwehrmänner wurden von ihren Oberen darauf hingewiesen, dass sie beim Kauf einer Joppe für den privaten Bereich auch auf die Bedürfnisse im Feuerwehrdienst Rücksicht nehmen sollten. Technisch hielt sich die Aichacher Feuerwehr immer auf den neuesten Stand der Technik, ausgerichtet auch auf Hilfeleistungen im Bezirk. Im Jahr 1874 erwarb man eine weitere Spritze. In den folgenden Jahren wurde der Technik-, Spritzen- und Fahrzeugpark kontinuierlich erweitert.
Nachdem die Stadt Aichach 1903 ihre Hochdruckwasserleitung fertiggestellt hatte, kaufte man zwei Hydrantenwagen. Angeschafft wurden 1912 zwei 16 Meter lange fahrbare mechanische Holzleitern. Die aufkommende Motorisierung machte auch vor der Freiwilligen Feuerwehr Aichach nicht halt. Im November 1921 genehmigte der Bezirkstag (heute Kreistag) den Erwerb einer Kraftfahrzeugspritze. Sie war die erste im Bezirk und hatte eine Förderleistung von 800 bis 1000 Liter Wasser pro Minute. Die Bezirksmotorspritze war bis heute auch das teuerste Fahrzeug der Aichacher Feuerwehr. Inflationsbedingt lag der Anschaffungspreis bei drei Millionen Mark. Mit der Bezirksmotorspritze legte man die Wurzeln eines Überlandlöschzuges. Die Besatzung des Überlandlöschzuges unterschied sich durch ihre Ausrüstung von anderen Wehren.
Zu Zeiten des Nationalsozialismus änderte sich die Farbe der Feuerwehrfahrzeuge. Aus dem Rot wurde eine dunkelgrüne Lackierung. Die damaligen Machthaber wandelten die Freiwilligen Feuerwehren zu einer Feuerlöschpolizei um. Ein Anhänger aus dieser Zeit steht heute im Feuerwehrmuseum in der Zentrale an der Freisinger Straße, die 2014 bezogen wurde.
In den Nachkriegsjahren wurden der Fuhrpark und das technische Gerät der Aichacher Feuerwehr ständig erweitert. Seit 1958 gibt es zwei Preßluftatmer. Dies war der Beginn der Atemschutzgruppe. Die Einsatzfelder der modernen Feuerwehr von heute sind vielfältig. Seit 1976 steht die Aichacher Feuerwehr auch als Ergänzungseinheit im Katastrophenschutz bereit. 1986 wurde in Aichach und Friedberg eine Strahlenschutzgruppe ins Leben gerufen. Mit Bezuschussung des Freistaates Bayern wurde für beide Feuerwehren eine Strahlenausrüstung gekauft.
Neben der Brandbekämpfung leistet die Stützpunktfeuerwehr technische Hilfe in allen Notlagen, oft auch bei Verkehrsunfällen. Die derzeit rund 90 aktiven Frauen und Männer der Aichacher Wehr sind ehrenamtlich unterwegs und gehören mit ihrer Sonderausrüstung und Spezialausbildung zum Rückgrad des Brandschutzes im Landkreis. Personell gab es 2019 einen Generationswechsel in der Führungsriege: Vorsitzender ist seitdem Benedikt Schulz, Kommandant ist Christoph Fischer. Ihre Vorgänger, Vereinschef Hannes Ziegler und Kommandant Michael Sieber, hatten das Wirken der Wehr viele Jahre geprägt.
Zur Erinnerung an das Jubiläum wurde jetzt am Gerätehaus in der Freisinger Straße eine zwei Meter hohe Stahlskulptur errichtet, die nachts beleuchtet ist und einen historischen und einen modernen Feuerwehrmann zeigt. Eine Festschrift mit umfangreichen Berichten zur 150-jährigen Geschichte kann ab Mitte Juni bei der Feuerwehr erworben werden. Laut Vorsitzendem Schulz soll das Jubiläum zu einem späteren Zeitpunkt bei einer passenden Gelegenheit nach- oder mitgefeiert werden.
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