Das Wohn- und Geschäftshaus, das die Brüder Erol und Senol Duman an der Bahnhofstraße in Aichach bauen wollen, könnte längst stehen. Doch Stadt und Bauherren werden sich nicht einig. Während das Landratsamt den Bauantrag nun für genehmigungsfähig hält, lehnte die Mehrheit im Aichacher Bauausschuss am Dienstagabend eine Zustimmung weiterhin ab. Am Ende der Sitzung kündigte sich bereits ein Nachspiel im Stadtrat an.
Nicht nur Marion Zott (Grüne) hätte "die ganz furchtbare Geschichte" gern endlich vom Tisch: Seit 2013 beschäftigt das Mehrfamilienhaus dort, wo sich bis Ende 2020 Erol Dumans Biergarten "Orient-Express" befand, die Beteiligten. Damals hat der Bauausschuss einem vierstöckigen Gebäude das Einvernehmen verweigert, weil es ihm zu massiv erschien. Das Landratsamt war gleicher Ansicht und lehnte die Bauvoranfrage ab. Seit 2014 sitzt Erol Duman für das Bündnis Zukunft Aichach (BZA) selbst im Stadtrat.
Landratsamt will Einvernehmen ersetzen
Nach mehreren Bauvoranfragen hielten die Bauherren im Januar 2020 einen positiven Bauvorbescheid in Händen - bereits den zweiten. Der Bauantrag, der diesem im Oktober folgte, weicht aber aus Sicht des städtischen Bauamts in wesentlichen Punkten von diesem ab: Die Mehrheit im Bauausschuss teilte diese Meinung und verweigerte die Zustimmung. Aus Sicht des Landratsamtes Aichach-Friedberg offenbar zu Unrecht: Es hat angekündigt, das gemeindliche Einvernehmen zu ersetzen, wenn die Stadt nicht zustimmt. Dafür sah das städtische Bauamt allerdings keine Veranlassung.
Der U-förmige Bau soll parallel zur Bahnhofstraße viergeschossig sein, zum Stadtgarten hin dreigeschossig, verbunden durch einen zweigeschossigen Verbindungsbau an der Ostseite zur Paar hin. Wie Ulrich Egger vom Bauamt berichtete, fehlt allerdings die wegen der Wirkung in die freie Landschaft geforderte Gliederung der 28 Meter langen und acht Meter hohen Fassade zum Stadtgarten hin. An diese hatte der Bauausschuss seine Zustimmung geknüpft. Statt dessen ist nun ein unterschiedlicher Farbanstrich vorgesehen. Das Landratsamt sieht hier jedoch offenbar keine Beeinträchtigung des Ortsbildes.
Jung sieht keine Ablehnungsgrund
Weil durch eine andere Aufteilung innerhalb der Gebäude mehr Wohnungen (insgesamt 20) und Gewerbeflächen (vier) entstehen, müssen zusätzlich zur Tiefgarage mehr Stellplätze oberirdisch nachgewiesen werden. Es wird also mehr Fläche versiegelt - zu viel in den Augen der Verwaltung. Das Landratsamt hält die Überschreitung der zulässigen Grundflächenzahl allerdings für vertretbar und bezieht sich auf Grundstücke in der Umgebung, unter anderem den "Behördensatelliten", der gerade gebaut wird. Das Bauamt hält diese nicht für vergleichbar. Weitere Kritikpunkte der Stadt gibt es zur Oberflächenentwässerung. Die Haltung des Landratsamts nannte die Verwaltung in der Sitzungsvorlage "nicht nachvollziehbar".
Georg Robert Jung von der Freien Wählergemeinschaft (FWG), der schon im Oktober dem Bauantrag zugestimmt hätte, sah sich dagegen bestätigt. Die Kubatur des Gebäudes habe sich nicht geändert. Der Hauptverweigerungsgrund - die fehlende Fassadengliederung - greife in diese nicht ein. Vor dem Verwaltungsgericht würde die Stadt deshalb scheitern, war er überzeugt. Er bemängelte, dass den Bauausschussmitgliedern das Schreiben des Landratsamtes mit dessen Argumentation nicht vorlag.
Beck: "Fühle mich getäuscht"
Kristina Kolb-Djoka (SPD) stellte fest, an den Kritikpunkten habe sich nichts geändert. "Ich würde mir etwas Entgegenkommen von den Bauherren wünschen, damit wir die Sache endlich vom Tisch haben", sagte sie. Helmut Beck (CSU) kritisierte, in der Bauvoranfrage habe man sich geeinigt, der Bauantrag sei völlig anders: "Ich fühle mich einfach getäuscht. Vorbildhaltung als Stadtrat - Fehlanzeige."
Marc Sturm (FWG) betonte, ohne Bebauungsplan könne man keine Fassadengestaltung vorschreiben. Die Kriterien des Paragrafen 34 - das Gebäude muss sich nach Maß und der baulichen Nutzung in die Umgebung einfügen - seien erfüllt. "Wir müssen uns schon vom Baurecht leiten lassen, nicht von persönlichen Ressentiments und Beleidigtheiten", sagte er. Erich Echter von der Fraktionsgemeinschaft (CWG, BZA und FDP) ging von Schadenersatzforderungen aus und beantragte eine namentliche Abstimmung. Die wurde mit 3:8 Stimmen abgelehnt. Dafür waren Echter, Jung und Sturm. Sie stimmten auch als Einzige dafür, das Einvernehmen zu erteilen. Es gilt damit als verweigert.
FWG beantragt Nachprüfung
Bevor die Angelegenheit zurück ans Landratsamt geht, wird sie wohl noch Thema in der nächsten Stadtratssitzung. Am Ende der Sitzung kündigte Sturm einen Antrag auf Nachprüfung und auf Vorlage des Schreibens des Landratsamtes an. Einen solchen Antrag muss laut Geschäftsordnung ein Viertel des Stadtrats unterschreiben, also acht Stadträte. FWG und Fraktionsgemeinschaft haben zusammen neun Mandate.
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