Unter dem Motto "Offenes Mikrofon" fand am Samstag in Aichach eine Veranstaltung gegen die Corona-Maßnahmen vor rund 25, zeitweise bis zu 50 Zuhörern statt. Die Redner kritisierten unter anderem die Maskenpflicht an Schulen und den Lockdown. In sachliche Kritik mischten sich scharfe Töne: Manche Redner vermuteten hinter der Corona-Politik "ein ganz großes Ding" oder gar einen "Krieg der Regierung gegen ihr eigenes Volk". Auch die Maskenaffäre und die Versetzung des früheren Aichacher Gesundheitsamtsleiters, Dr. Friedrich Pürner, kamen zur Sprache.
Stefanie Ulmer kritisierte, die Regierung nutze die Notlage, um die Grund- und Völkerrechte einzuschränken. Als Zeichen für die "Zensur durch und durch" wertete die Aichacherin die Versetzung Pürners nach dessen Kritik an Teilen der bayerischen Corona-Strategie. Ulmer hatte bereits bei der Demo am 14. November in Aichach - organisiert von Querdenken Augsburg - als Rednerin auf der Bühne gestanden und eine Hommage an Pürner gesungen.
Kundgebung in Aichach: Anzeige gegen vier Teilnehmer
Ein Redner aus Aindling behauptete, nachdem Pürner "gechasst" worden sei, seien "über 2000 Leute" zu der Demo gekommen. Tatsächlich waren es anstelle der erlaubten 1000 Menschen nach Schätzungen der Polizei etwa 800. Der Aindlinger weiter: Die Politiker begründeten die Corona-Maßnahmen nicht. Masken seien "ein Zeichen der Unterwerfung". Die Polizei hatte als eine Auflage für die Veranstaltung Maskenpflicht verhängt. Sie verzeichnete vier Verstöße. Als die zwei Polizistinnen weg waren, trug die überwiegende Mehrheit ihre Masken nur noch unter dem Kinn oder nahm sie ganz ab.
Katrin Hildebrandt hatte die Kundgebung angemeldet. Auf Nachfrage deutete sie auf sich und ein paar Umstehende und sagte, sie seien zwar bei den "Corona-Skeptikern Wittelsbacher Land". Doch die Veranstaltung habe damit "nichts zu tun". Sie habe diese "als Privatperson" angemeldet. Bei der Demo im November hatte sie Unterschriften für ein Volksbegehren "Landtag abberufen" gesammelt.
Redner zweifeln bei Kundgebung in Aichach Zahl der Corona-Todesfälle an
Am Samstag wurden zum einen die Corona-Maßnahmen kritisiert. Zum anderen äußerten Redner Zweifel an der Korrektheit der Inzidenzwerte, der Schutzwirkung von Masken, der Überlastung des Gesundheitssystems oder der Zahl der Corona-Todesfälle. Immer wieder gab es Applaus der Zuhörer, die zum kleineren Teil aus dem Landkreis stammten.
Eine Gundelsdorferin las Texte von Berliner Schülern vor, die angesichts der geschlossenen Schulen und des Lernens zu Hause von Erschöpfung, Überforderung und Ängsten um ihre Zukunft berichteten. Ein Lehrer eines Gymnasiums in München, der sich als Christian Fischer aus Karlsfeld (Landkreis Dachau) vorstellte, sprach sich gegen die Maskenpflicht und Selbsttests an Schulen aus. Er forderte die Zuhörer auf: "Lasst Eure Kinder zu Hause! Sagt den Lehrern, dass Ihr nicht wollt, dass die Kinder getestet werden!"
Eine weitere Rednerin bezeichnete die Maskenpflicht für Kinder an Schulen als Körperverletzung und forderte: "Alle Schulen [...] müssen angezeigt werden." Sie sprach von einer "Plandemie" und vermutete: "Hier in Deutschland wird gerade ein ganz großes Ding abgezogen." Auch weitere Redner mutmaßten, die Maßnahmen hätten nichts mit Gesundheitsschutz zu tun. So auch ein Mann aus Friedberg: "Politiker und Massenmedien sind Marionetten der weltweiten Corona-Mafia."
Redner werten Maskenaffäre als Beleg für mangelnde Integrität der Politik
Mehrere Redner werteten die Maskenaffäre als Beleg für die mangelnde Integrität der Politik. Ein Student beklagte fehlende Alternativen zum Lockdown. Judith Mercer aus Dasing, die bei der Demo in Aichach im November vor einem Verlust der Grundrechte gewarnt hatte, sagte daraufhin: Die Regierung wolle "die Leute abhängig machen vom Staat [...] Das läuft in Richtung China".
Hildebrandt kündigte regelmäßige Veranstaltungen wie diese in Aichach und Friedberg an. Am Samstag hatte vor der Veranstaltung in Aichach eine Kundgebung des "Unternehmerkreises Zukunft in Not" in Friedberg stattgefunden. Einen Zusammenhang bestritten die Veranstalter.
Veranstaltungen unter dem Motto "Offenes Mikrofon" finden auch in anderen Städten in der Region statt, etwa in Landsberg oder Augsburg. Zum Dialog von Vertretern unterschiedlicher Meinungen, wie ihn Hildebrandt und Mercer nach eigener Aussage erhofft hatten, kam es in Aichach nicht. Alle Redner kritisierten die Corona-Politik. Eine ältere Zuhörerin aber wollte sich nicht anschließen. Als Ulmer mit dem Mikrofon auf sie zuging und fragte, wie sie psychisch von der Situation betroffen sei und was die Isolation mit alten Menschen mache, erklärte die alte Dame: "Das muss man halt durchhalten. Wir alten Menschen sind in der Beziehung gut drauf." Ulmer sagte nach kurzem Zögern, das sei "auch eine Meinung" und wandte sich wieder anderen Rednern zu.
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