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Aichach: Nach Aichacher Verurteilung: "Falscher“ Pastor zieht vors Landgericht

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Nach Aichacher Verurteilung: "Falscher“ Pastor zieht vors Landgericht

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    Der 61-jährige Gründer einer Religionsgemeinschaft im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg zog nach seiner Verurteilung am Aichacher Amtsgericht vors Landgericht.
    Der 61-jährige Gründer einer Religionsgemeinschaft im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg zog nach seiner Verurteilung am Aichacher Amtsgericht vors Landgericht. Foto: Jakob Stadler (Archiv)

    Den Vorwurf des Titelmissbrauchs und der Verleumdung wollte der Leiter einer freikirchlichen Gemeinde im nördlichen Landkreis Aichach-Friedberg nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb ist er gegen ein Urteil des Aichacher Amtsgerichts in Berufung gegangen. In der Verhandlung im März hatte der 61-Jährige gesagt, es sei „geradezu lächerlich, mich auf die weltliche Ebene herunterzuziehen“. Am Donnerstag indes ist er zufrieden mit der nächst höheren weltlichen Ebene: dem Landgericht in Augsburg. Die fünfte Strafkammer stellt das Verfahren gegen eine Geldauflage ein. Er hat sich also nicht strafbar gemacht, als er den Titel „Pastor“ verwendete.

    So beurteilt der Aichacher Amtsrichter den "Pastor-Fall"

    Aus Sicht des Aichacher Amtsrichters Walter Hell hatte der Gründer der Religionsgemeinschaft den Titel Pastor unrechtmäßig benützt. Den Begriff gelte es zu schützen. „Alle verstehen etwas ganz anderes darunter als das, was Sie sind“, sagte Hell im März. Der 61-Jährige habe „eindeutig eine Amtsbezeichnung der evangelischen Kirche“ benutzt, so der Richter. Der Angeklagte hingegen hatte argumentiert, beim Wort Pastor handle es sich um eine „allgemein gebräuchliche Bezeichnung für Hirte“, die üblich sei in freikirchlichen Kreisen. Das habe mit der evangelischen Kirche nichts zu tun. Es sei nichts Verwerfliches, den Titel Pastor zu verwenden, sondern „Teil des apostolischen Rufes“. Zur Verhandlung war es gekommen, weil der 61-Jährige Einspruch gegen einen Strafbefehl über 8000 Euro erhoben hatte. Am Ende lautete das Urteil auf Geldstrafe in Höhe von 8400 Euro.

    In Aichach hatte sich der 61-Jährige selbst verteidigt. Er trat in optisch auffälliger Kleidung auf und ging verbal in die Offensive. So sprach er von einem „Eingriff in meine Religionsfreiheit“ und bezeichnete die Hintergründe, die zum Vorwurf der Verleumdung geführt hatten, als „erstunken und erlogen“. In der Verhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht, zu der über 15 Besucher vorwiegend aus der Gemeinde des Angeklagten erschienen sind, präsentiert sich der 61-Jährige zurückhaltend. Im weißen Hemd und dunkler Jacke sitzt er neben seinem Anwalt Hermann Frank und Pflichtverteidiger Patrick Menges. Die haben sich offenbar gut vorbereitet und der Anklagebehörde im Vorfeld einen Schriftsatz zukommen lassen. Der Staatsanwalt spricht von einem fundierten rechtlichen Ansatz und zeigt sich offen für Verhandlungen über eine Einstellung des Verfahrens.

    Gericht: Der "Pastor" ist keine Amtsbezeichnung mehr

    Der Knackpunkt: Die evangelische Kirche hat schon vor Jahren ihr Pfarrdienstgesetz geändert. Auch Vorsitzende Richterin Sandmann betont: „Die Rechtslage hat sich geändert.“ Der Pastor ist demnach keine Amtsbezeichnung mehr. Es gibt offiziell nur noch evangelische Pfarrer. Verteidiger Frank betont deshalb: „Das Maß des Unrechts ist doch ein ganz anderes, als wenn er sich als Pfarrer, Priester oder Bischof bezeichnet hätte.“ Hinzu kommt, wie sein Kollege Menges deutlich macht: „In Bayern hat man einen evangelischen Pfarrer nie als Pastor bezeichnet.“

    Trotzdem ist das aus Sicht des Staatsanwalts kein Grund für einen Freispruch. Im Fall einer Verhandlung komme der Angeklagte nicht an einer Verurteilung vorbei, sagt er offen. Dafür seien sich die Begriffe Pastor und Pfarrer zu ähnlich. Der Staatsanwalt bietet die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 5000 Euro an. Die Höhe basiere auf der Einkommenssituation des Angeklagten. Dieser lebt von dem, was ihm die Anhänger seiner Gemeinschaft bezahlen. Nach einer Beratungspause mit seinen Anwälten stimmt der Angeklagte zu. Die Vorsitzende Richterin beschließt die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 5000 Euro, die der 61-Jährige an das Fritz-Felsenstein-Haus zahlen muss.

    Wie der "falsche" Pastor auf den Prozessausgang reagiert

    Danach zeigt sich der geistliche Leiter, wie er sich selbst bezeichnet, erleichtert. Neben dem Titelmissbrauch ist auch der Vorwurf der Verleumdung eines ehemaligen Gemeindemitgliedes vom Tisch. Hier hatte der Staatsanwalt rechtliche Schwierigkeiten gesehen. Was den Titel Pastor anbelangt: Nach Angaben seines Anwalts verwendet ihn sein Mandant schon seit 2011 nicht mehr. Angeredet aber wird er, wie der 61-Jährige erzählt, zum Teil noch immer so.

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