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Aichach: Kommt bald ein Geburtshaus in Aichach?

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Kommt bald ein Geburtshaus in Aichach?

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    55 Kinder wurden in diesem Jahr in Friedberg geboren. Das Ziel sind maximal 800 Geburten. Kommen auch in Aichach wieder Babys auf die Welt.
    55 Kinder wurden in diesem Jahr in Friedberg geboren. Das Ziel sind maximal 800 Geburten. Kommen auch in Aichach wieder Babys auf die Welt.

    55 Kinder sind bis Donnerstagmittag am Friedberger Krankenhaus auf die Welt gekommen. Mit dieser Zahl in den ersten drei Wochen des Jahres sind Chefarzt Dr. Siegbert Mersdorf sowie die beiden kommissarischen Geschäftsführer der Kliniken an der Paar, Georg Großhauser und Peter Schiele, sehr zufrieden. 45 Geburten entfallen auf die Hauptabteilung, zehn auf Belegärzte. Mit Blick auf das Jahr 2020 sind das Ziel 800 Geburten – in Friedberg. Und wie geht es in Aichach weiter? Nach der Schließung der Station Ende 2018 imnagelneuen Krankenhaus, den Protesten aus der Bevölkerung (rund 10000 Menschen aus der Region haben für die Wiedereröffnung unterschrieben) und den Initiativen und Petitionenvon allen Seiten ist mittlerweile ziemliche Ruhe eingekehrt.

    Aichach: Rund 100 Frauen aus Aichach haben 2019 in Friedberg entbunden

    Im Hintergrund ist in der Zwischenzeit offenbar einiges gelaufen und dem Vernehmen nach soll es auf absehbare Zeit eine neue Möglichkeit für die Entbindung in der Kreisstadt geben. Landrat Klaus Metzger hält sich auf Anfrage unserer Redaktion bedeckt. Nur so viel: „Wir sind in guten Verhandlungen. Und: Es muss ein Angebot in Aichach geben.“ Es deutet vieles darauf hin, dass dieses Angebot nicht direkt mit dem Krankenhaus verknüpft ist. Metzger spricht jedenfalls „von einem anderen Modell“. Das wäre zum Beispiel ein so genanntes Geburtshaus, die von Hebammen betrieben werden. Auch Bürgermeister Klaus Habermann hält den Ball flach, zeigt sich aber optimistisch: „Ich habe ein sehr gutes Gefühl. Das wird eine sehr gute Lösung.“ Als kurz nach dem Umzug in den modernen Neubau (Kosten: rund 50 Millionen Euro) die Geburtenstation geschlossen wurde bevor sie überhaupt eröffnete war der Aichacher Rathauschef (SPD) spürbar angefressen.Sein sonst sehr gutes Verhältnis zum Landrat (CSU) kühlte merklich ab. Im Werksausschuss des Kreistags wurde es zeitweise sogar richtig frostig.

    Habermann sagt heute noch, dass der Hauptgrund Hebammenmangel zum Großteil hausgemacht war und von der damaligen Klinikleitung mitausgelöst wurde. Und er kündigte damals an, nicht zu ruhen oder zu rasten, bis in Aichach wieder Babys zur Welt kommen – und nicht nur bei Hausgeburten. Bis zu 400 waren es zuvor und das Potenzial sei mit der neuen Station noch viel größer, ist sich Habermann sicher. In Friedberg haben im vergangenen Jahr allein rund 100 Frauen aus Aichach entbunden (siehe Infoartikel). Auch Metzger betonte immer, dass an beiden Standorten festgehalten werden soll. Die Rede war dabei von einer Aichacher Außenstelle der Friedberger Hauptabteilung.

    Das Ziel von 1000 Babys in Friedberg wird nicht mehr angestrebt

    Von der früheren Messlatte 1000 Babys in Friedberg sind die Verantwortlichen wieder abgekommen – und das aus mehreren Gründen. Im Dezember erhielten die Kliniken die Förderzusage des Freistaats Bayern aus einem Zuschussprogramm, das kleinere ländliche Geburtshilfestationen unterstützt, nämlich solche, in denen zwischen 300 und 800 Kinder im Jahr geboren werden. 715000 Euro flossen an den Landkreis als Träger der Kliniken, das deckt über 80 Prozent des Defizits im Jahr 2018 ab. Ab dem 801. Kind würde dieses Geld, das den hoch defizitären Kliniken sehr willkommen ist, wieder wegfallen, erläutert Großhauser. 1000 Geburten würden die Station außerdem an ihre Kapazitätsgrenze bringen, erläutert Mersdorf, der im vergangenen Mai den Chefarztposten angetreten hatte. Der erfahrene Friedberger Gynäkologe weiß: „Die Frauen kommen zu uns wegen der familiären Atmosphäre auf der Station.“ Mit der wäre es dann vorbei.

    Auch personell wäre die hohe Zahl schwierig zu bewältigen. Momentan arbeiten in Friedberg neun Gynäkologen, das liegt immer noch ein wenig unter der für eine Hauptabteilung angepeilten Zahl. Hauptproblem sei der bundesweite Ärztemangel, wie Großhauser erläutert: „Der Markt ist nicht üppig.“ Noch dazu suchen in der Region mit der Uniklinik Augsburg und dem Josefinum auch andere, größere und damit für Ärzte attraktivere Krankenhäuser nach Personal. Ziel sei es daher, dieses Jahr zumindest zwei oder drei Ärzte fest bei den Kliniken anzustellen; momentan sind alle Ärzte bis auf Mersdorf als Leiharbeiter tätig. In den nächsten Tagen erscheinen wieder entsprechende Anzeigen im Ärzteblatt und unserer Zeitung. Auch einen neuen Chefarzt sucht man. Denn Mersdorf wollte 2018 eigentlich schon in Ruhestand gehen, als er in Friedberg in die Bresche sprang, um die Station in seiner Heimatstadt zu retten. Sein Vertrag läuft bis Mai kommenden Jahres.

    Planung mit Übergabe an Uniklinik hat sich geändert

    Als die Kliniken an der Paar die Hauptabteilung in Friedberg aus der Taufe hoben, hatte die Planung ohnehin ganz anders ausgesehen. Der damalige Geschäftsführer Krzysztof Kazmierczak, von dem sich der Landkreis mittlerweile getrennt hat, hatte das Ziel, die Abteilung in die Hände der Universitätsklinik Augsburg zu übergeben. Im Frühling liefen hierüber Gespräche, eine Delegation aus Augsburg besuchte die Standorte Friedberg und Aichach. Das Thema scheint vorerst im Sand verlaufen zu sein. „Die Uniklinik ist mit sich selbst beschäftigt“, drückt es Großhauser aus. Auch dort sei das Personal knapp.

    Kliniken: Nur eine Geburtshilfestation im Landkreis ist rentabel

    Der Landkreis hat sich deshalb darauf eingestellt, die Geburtshilfe in Friedberg selber zu stemmen – personell und finanziell. Dies sei trotz des Defizits von 30 Millionen Euro, das den Kliniken an der Paar in den nächsten drei Jahren droht, das erklärte Ziel, beteuern Großhauser und Schiele, denn: „Wir brauchen eine Geburtshilfestation im Landkreis – die Frage ist, ob wir zwei brauchen.“ Rund 400 Geburten jährlich, wie es sie zuletzt in Aichach gegeben hatte, seien für Hebammen und Belegärzte schlicht und einfach nicht rentabel. Der Landkreis sei nicht in der Lage, diesen Faktor finanziell auszugleichen.

    Dass man auf den Standort Friedberg setzt, zeigen auch diverse Investitionen in die gynäkologische Station. Unter anderem wurden zwei Ultraschallgeräte angeschafft. Mersdorf hofft auf ein Kreißsaal-Überwachungssystem. An vielen Kliniken sei ein solches System, das Ärzten und Patientinnen mehr Sicherheit bietet, Standard. „Das würde uns auch bei der Suche nach Mitarbeitern helfen“, zeigt er sich überzeugt.

    Lesen sie dazu auch den Kommentar Stillhalten für ein Geburtshaus in Aichach

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