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Aichach: Kleine Aichacherin kommt auf der B300 kurz vor Friedberg zur Welt

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Kleine Aichacherin kommt auf der B300 kurz vor Friedberg zur Welt

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    Gesund und munter: Mama Jasmin Jung und Papa Paul Gutnik mit Töchterchen Heidi, die am 26. Juli auf der B 300 kurz vor Friedberg zur Welt kam, und ihrer größeren Schwester Hanna.
    Gesund und munter: Mama Jasmin Jung und Papa Paul Gutnik mit Töchterchen Heidi, die am 26. Juli auf der B 300 kurz vor Friedberg zur Welt kam, und ihrer größeren Schwester Hanna. Foto: Jung

    Zwei Minuten. Nur zwei Minuten sind es vom Zuhause von Jasmin Jung und Paul Gutnik zum Aichacher Krankenhaus. Doch weil dort die Geburtshilfe geschlossen ist beziehungsweise im neuen Krankenhaus erst gar nicht mehr aufgemacht hat, mussten die werdenden Eltern nach Friedberg fahren, als ihre zweite Tochter zur Welt kam.

    Heidi hatte sich zunächst Zeit gelassen. Neun Tage war sie bereits über dem errechneten Termin am 17. Juli. Am Sonntag vor einer Woche hatte sie es plötzlich eilig, ihre Eltern kennenzulernen. So sehr, dass sie noch vor dem Friedberger Ortsschild auf der B300 zur Welt kam – auf dem Beifahrersitz des familieneigenen Autos.

    Geburt auf der B300: Der Papa ist ein super Geburtshelfer

    Das Wichtigste vorweg: Alle drei sind gesund und munter. Mama Jasmin sagt: „Ich hatte einen super Geburtshelfer. Paul hat in der Situation einen kühlen Kopf bewahrt.“ Dasselbe gilt wohl für sie. Als ob eine Geburt nicht ohnehin eine Ausnahmesituation für eine werdende Mama und ihren Partner wäre, sorgte Heidi – 3690 Gramm, 53 Zentimeter – für ordentlich Wirbel.

    In der Früh um 5 Uhr wachte Jasmin Jung mit Schmerzen auf. Die Wehen hatten eingesetzt. Trotzdem sah die 30-Jährige keinen Grund zur Eile. Hatte doch die Geburt ihrer ersten Tochter Hanna – damals noch im Aichacher Krankenhaus – 16 Stunden gedauert. Diesmal wurden die Wehen aber bald stärker, sodass Jasmin Jung und ihr Lebensgefährte gegen 6.40 Uhr den bereits gepackten Koffer und Tochter Hanna, ein Jahr und neun Monate alt, im Auto verstauten und losdüsten.

    Geburt im Auto: Über einen kurzen Umweg nach Friedberg

    Da konnte Jung sich wegen der heftigen Wehen schon nicht mehr hinsetzen. Sie kniete sich auf den Beifahrersitz – mit dem Gesicht zur Rückbank und zu Hanna im Kindersitz. Jasmin Jung und Paul Gutnik, beide 30, legten noch einen Umweg über Sulzbach ein, um Hanna schnell der Oma zu übergeben.

    Dann ging es weiter in Richtung Friedberger Krankenhaus. Bis dahin aber wollte das neue Familienmitglied nicht mehr warten. Am Oberzeller Berg spürte Mama Jasmin das Kind kommen. Noch ehe die Eltern den Friedberger Ortseingang erreicht hatten, war Heidi da. Sie lag einfach auf dem Beifahrersitz. Nach einem kleinen Klaps machte sie ihre ersten Atemzüge.

    Papa Paul fuhr unterdessen die letzten zwei Kilometer zur Klinik. In der Eile fand er die Notaufnahme nicht auf Anhieb und stellte das Auto am Haupteingang ab. Doch um 7 Uhr früh war dieser, auch wegen der Corona-Schutzvorkehrungen, verschlossen. Mit Händen und Füßen machte Gutnik einer Mitarbeiterin hinter einer Glasscheibe klar, was los war. Flugs stand das Personal mit einem Rollstuhl bereit, um die frischgebackene Mama in die Geburtsabteilung zu bringen.

    Geburt auf der B300 hat Mutter und Kind geschlaucht

    Schon am Montagmittag war sie samt Heidi wieder daheim. Seitdem gehe alles ganz gut, sagt sie. „Es wird sehr viel geschlafen. Der Trubel mit der Geburt hat ganz schön geschlaucht.“ Die 30-Jährige lacht viel, sagt aber auch: „Wir sind noch etwas geschockt.“ Das sei schon alles „ein bisschen verrückt“ gewesen. Wie sie es in diesen Stunden schaffte, die Nerven zu bewahren? Jung antwortet: „Mir ist nichts anderes übrig geblieben. Ich hatte keine Zeit, Angst zu haben.“

    Im Rückblick aber gehen ihr viele Gedanken durch den Kopf: Bei Heidi sei zum Glück alles reibungslos gelaufen. „Aber was wäre, wenn es Komplikationen gegeben hätte? Wenn das Kind zum Beispiel die Nabelschnur um den Hals gehabt hätte? Das will man sich nicht ausmalen …“ Deshalb hofft sie, mit ihrer Geschichte „die Politik wachzurütteln“. Dass in Aichach keine Geburtshilfestation mehr existiert, habe ihr während der Schwangerschaft kein gutes Gefühl gegeben.

    Im Friedberger Krankenhaus prima betreut

    Im Friedberger Krankenhaus habe man sie prima betreut, betont sie. Aber als sie kurz vor der Geburt jeden Tag dorthin gefahren sei, habe sie immer wieder auf die Uhr geschaut und gedacht: „20 Minuten. Wie wird das sein, wenn ich Wehen habe?“ Eine Bekannte, die in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis wohne, habe aus Angst vor so einer Situation die Geburt ihres Kindes einleiten lassen. Doch das wollte Jung nicht. Ebenso wenig einen stationären Aufenthalt bis zur Geburt.

    Das Wichtigste ist für die 30-Jährige, dass ihre zweite Tochter gesund ist. Dass das Mädchen als gebürtige Friedbergerin durchs Leben gehen wird, sei zwar eine Kleinigkeit. Aber ein bisserl wurme es sie doch, gibt sie zu. Immerhin sei sie selbst „eingeschleifte Aichacherin“, kam in Aichach zur Welt.

    Als Betriebswirtin wisse sie um die wirtschaftlichen Zwänge, die zur Schließung der Geburtsstation geführt hätten. „Aber mit genügend finanzieller Unterstützung wäre sie machbar“, ist sie überzeugt. Dass selbstständige Hebammen in Aichach ein Geburtshaus gründen wollen, wie Anfang des Jahres bekannt wurde, findet Jung „eine sehr gute Sache“. Das sei „besser als nichts“. Die Hebammen machten generell einen „super Job“. Für das Geburtshaus ist das alte Krankenhaus als Standort angedacht. Damit wären Ärzte aus dem benachbarten Neubau im Fall des Falles schnell zur Stelle, so Jung.

    Anstrengende Schwangerschaft in Corona-Zeiten

    Nun will die Familie erst einmal zur Ruhe kommen. Auch die Schwangerschaft während der Corona-Pandemie war anstrengend. Der Musikgarten, der Schwimmkurs und das Turnen für Hanna fielen flach. Dabei hatte die Mama die Zeit mit ihr noch ausgiebig nutzen wollen, bevor Heidi auf die Welt kam. Stattdessen waren sie, wie so viele andere, ständig daheim. Jasmin Jung will nicht jammern. Sie weiß, dass es andere viel härter getroffen hat. Zumal Paul Gutnik, Qualitätsprüfer bei MAN in München und Fußballer beim SC Oberbernbach, sie zu Hause stark unterstützte. Doch hochschwanger oft mit Maske umherzulaufen, sei kein Vergnügen gewesen, sagt sie.

    Wegen der Pandemie, aber auch Heidi zuliebe hat die Familie heuer keine Urlaubspläne. „Vielleicht mal ein Wochenende zum Campen, nicht weit weg“, überlegt Jasmin Jung. Doch das sei in Ordnung. Sie ist froh, dass es allen gut geht. Mit Blick auf die abenteuerlichen Wochen sagt sie: „Nach so was kann uns niemand mehr was.“

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