Einstimmig erging der Beschluss im Aichacher Stadtrat nicht: Das hatte sich schon bei den Vorberatungen des Haushalts 2021 abgezeichnet. Dennoch wurde der Haushalt am Donnerstagabend mit 17:9 gegen die Stimmen der Freien Wählergemeinschaft (FWG) und der Fraktionsgemeinschaft aus Christlicher Wählergemeinschaft (CWG), FDP und Bündnis Zukunft Aichach (BZA) beschlossen. Die haushaltslose Zeit ist somit vorbei.
Sandra Rauh, seit Anfang Februar die Leiterin der Finanzverwaltung, hatte im Vorfeld der Sitzung einige Fraktionen auf deren Wunsch hin besucht, um offene Fragen zu beantworten. Sie verzichtete deshalb darauf, die Eckzahlen ihres ersten Haushalts in Aichach nochmals vorzustellen.
Aichacher Kämmerin: "Nicht in Schockstarre verfallen"
Stattdessen warb sie eindringlich um Vertrauen. Sie wisse, die Stadträte wollten sicherstellen, dass die Stadt leistungsfähig bleibe und gleichzeitig lebens- und liebenswert gestaltet werde. "Seien Sie sicher, dass die Verwaltung mit Bürgermeister Klaus Habermann an der Spitze das gleiche Ziel verfolgt", sagte sie. Wegen der immer noch andauernden Corona-Pandemie sei nicht abschätzbar, welche weiteren Folgen sie auf die Wirtschaft haben wird. "Die Stadt sollte dennoch nicht in Schockstarre verfallen", sagte sie. "Wir werden die Entwicklung laufend überwachen", so die Kämmerin.
Das betonte auch Bürgermeister Klaus Habermann. Falls nötig, werde man reagieren, so wie man es auch im vergangenen Jahr rechtzeitig getan habe. 2020 hat die Stadt Mitte März beim ersten Lockdown sofort alle Projekte, bei denen das möglich war, auf Eis gelegt. In seinem Vorwort zum Haushalt sprach Habermann davon, auch 2021 "auf der Bremse zu bleiben" und zunächst nur die Projekte anzugehen, die unaufschiebbar sind. Dazu zählen zum Beispiel die neue Kinderkrippe an der Flurstraße, Arbeiten am Kanalnetz und der Kläranlage sowie an den Wasserleitungen und dem Wasserwerk, Projekte der regenerativen Energieversorgung, die Digitalisierung, aber auch Straßen- und Radwegebau.
Bürgermeister: Weichen stellen für Aichacher Zukunftsprojekte
Gleichzeitig dürfe man aber auch Zukunftsprojekte wie die Untere Vorstadt, San-Depot und Neusa-Gelände nicht aus den Augen verlieren. Habermann warb dafür, zumindest planerisch die Weichen zu stellen. Auch den Erweiterungsbau des Verwaltungsgebäudes "planen und bauen wir für den Bürger", so Habermann. 540.000 Euro sind heuer dafür eingeplant. Gebaut wird allerdings noch nicht. Der Betrag umfasst Planungskosten, Kosten für die archäologische Untersuchung des Baugrunds und für die eingebauten Spundwände.
Mit diesem Kurs waren sowohl die CSU als auch die SPD einverstanden. Kristina Kolb-Djoka (SPD) nannte den Haushalt "grundsolide". Man müsse sich jetzt auf die Herausforderungen konzentrieren, die die Stadt angehen müsse. Es gebe verschiedene Projekte, die von der Finanzkraft abhängen, wie zum Beispiel das Verwaltungsgebäude. Die SPD sei aber überzeugt, hier die Schritte weiter gehen zu können.
Jung: Kläranlage nicht eingeplant
Gerade wegen des Verwaltungsgebäudes und wegen des für heuer geplanten Teilabbruchs des Nähsaals auf dem Neusa-Gelände lehnten neun Stadträte den Haushalt ab. Für die FWG betonte Georg Robert Jung, das habe nichts mit mangelndem Vertrauen in die Verwaltung zu tun, sondern sei die logische Folge, wenn man den Eckdaten und bestimmten Sachentscheidungen nicht zugestimmt habe. Ein weiteres Problem sei die mittelfristige Finanzplanung, so Jung. Bei der Kläranlage kämen auf die Stadt umfassende Ausgaben zu, die darin noch nicht vorgesehen seien.
Die Eckdaten des Aichacher Haushalts 2021
Verwaltungshaushalt
48,5 Millionen Euro (Vorjahr: knapp 50 Millionen Euro)
Vermögenshaushalt
13,9 Millionen Euro (Vorjahr: 15,9 Millionen Euro)
Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt
3 Millionen Euro (5,8 Millionen Euro)
Wichtigste Einnahmen
Einkommenssteuerbeteiligung 12,6 Millionen Euro (13,3 Millionen Euro); Gewerbesteuer 9,1 Millionen Euro (9,8 Millionen Euro); Schlüsselzuweisungen 4,26 Millionen Euro; Wasser- und Kanalgebühren 3,6 Millionen Euro; Zuschüsse des Freistaats 4,4 Millionen Euro
Wichtigste Ausgaben
Kreisumlage 12,8 Millionen Euro (12,4 Millionen Euro); Personalkosten 13,8 Millionen Euro (13,4 Millionen Euro); Sach- und Betriebsaufwand 13,7 Millionen Euro (13,3 Millionen Euro); Bauprogramm 9,3 Millionen Euro (10,6 Millionen Euro); Investitionen außerhalb des Bauprogramms 1,5 Millionen Euro (1,9 Millionen Euro); Grunderwerb 1,6 Millionen Euro (1,3 Millionen Euro)
Entnahme aus den Rücklagen
3,5 Millionen Euro (2,3 Millionen Euro); es verbleibt mit rund 454.000 Euro ein Betrag unter der gesetzlichen Mindestrücklage, die in den Jahren 2020 und 2021 ausgesetzt ist; Entnahme einer Sonderrücklage 200.000 Euro.
Kreditaufnahme
2,8 Millionen Euro (Ansatz im Vorjahr: 3 Millionen Euro, aufgenommen 1,5 Millionen Euro).
Schulden
Ende des Jahres voraussichtlich 10,4 Millionen Euro (Stand Ende 2020: 8,4 Millionen Euro); Tilgung rund 849.000 Euro; Pro-Kopf-Verschuldung 484 Euro (Landesdurchschnitt 862 Euro im Jahr 2019, eine aktuellere Zahl liegt nicht vor).
Helmut Beck (CSU) betonte, die Grundlagen des Haushalts seien mehrheitlich positiv abgestimmt. "Es gibt immer Punkte, denen man nicht zustimmen kann", sagte er. Einen Grund, den Haushalt abzulehnen, sah er darin aber nicht. Der Haushalt sie mit Vorsicht und Umsicht aufgestellt und schließe alle notwendigen Investitionen ein. Er bescheinigte der Stadt eine grundsolide und nachhaltige Finanzpolitik. "Sparen hilft nicht immer", so Beck. Man müsse die Stadt auch weiterentwickeln. Die CSU stehe deshalb auch hinter der geplanten Kreditaufnahme.
Echter: "Kläranlage ist marode"
Für die Fraktionsgemeinschaft, erklärte Erich Echter (CWG), sei das Verwaltungsgebäude "ein Knackpunkt". Er ging davon aus, dass die Kosten höher werden als geplant. Er sprach ebenfalls die Kläranlage an. "Alle wissen, dass die marode ist", sagte er. Habermann sagte dazu: "Marode hoffe ich doch nicht nach 20 Jahren, sonst hätten wir damals was falsch gemacht."
Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigt Habermann, dass an der Kläranlage "einiges gemacht" werden muss. Als sie 1999 in Betrieb genommen wurde, seien nicht alle Teile neu gebaut gewesen. Die Vorgaben seien zudem strenger geworden. Auch von der Kapazität her sei die Kläranlage an der Grenze. Sie müsse bedingt erweitert werden, wobei technische Neuerungen genutzt werden sollen. Derzeit wird dazu laut Habermann eine Machbarkeitsstudie erstellt.
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