Sie soll der „große Befreiungsschlag“ sein: So nannte Bürgermeister Klaus Habermann die große Kindertagesstätte (Kita), die an der Holzgartenstraße entstehen soll. Eine Machbarkeitsstudie, die Architekt Oliver Stuke vom Büro PRPM Architekten + Stadtplaner aus München im Aichacher Bauausschuss vorstellte, zeigt, dass dort Platz für ein Haus für vier Kindergartengruppen und ebenso viele Krippengruppen ist.
Die Stadt hat gut damit zu tun, ausreichend Plätze aufzubieten, um den Rechtsanspruch von Eltern auf Kinderbetreuung zu erfüllen. Zuletzt kam Anfang Mai mit der Kinderkrippe Pusteblume an der Flurstraße Platz für eine weitere Gruppe dazu. Viel Luft verschafft das der Stadt aber nicht. „Wir werden weiter Plätze brauchen“, stellte Habermann fest. „Deshalb wollen wir zum großen Befreiungsschlag ausholen.“
Der sollte ursprünglich auf dem Neusa-Gelände erfolgen. Die Pläne, den alten Nähsaal dort für vier Krippen- und drei Kindergartengruppen umzubauen, platzten aber Anfang 2020 wegen der Schadstoffbelastung des Baus. Daraufhin wurde auf dem benachbarten Neusiedl-Grundstück in der Rekordzeit von anderthalb Jahren die Kinderkrippe Pusteblume gebaut, geplant von Stuke.
Das bringt der Stadt etwas Entlastung, und an der Holzgartenstraße, wo die Kinderkrippe Pusteblume bislang mit zwei Gruppen in Containern untergebracht war, wird Fläche frei für einen Neubau.
Platz für 100 Kindergarten- und 48 Krippenkinder
Was dort entstehen könnte, zeigte die Machbarkeitsstudie, die Architekt Stuke vorstellte. Sein Büro hatte die Umgebung am Übergang zwischen Altstadt und kleinteiliger Bebauung ebenso analysiert wie das insgesamt gut 7400 Quadratmeter große Grundstück, auf dem sich bereits der Kindergarten Holzgarten mit 75 Plätzen (drei Gruppen) und die Krippe Zipfelmütz mit 24 Plätzen (zwei Gruppen) befinden.
Ergebnis: Die Fläche bietet ausreichend Platz für ein Gebäude für 100 Kindergarten- und 48 Krippenkinder. Zusammen mit den bestehenden Einrichtungen würden dann 247 Kinder auf dem Grundstück betreut. Für diese Größe spricht laut Stuke der große Synergieeffekt bei Gemeinschaftsflächen. Sprich: Der Flächenbedarf pro Kind ist sehr viel geringer, ohne dass das zulasten der Kinder ginge. Habermann ergänzte, kann sich der benachbarte TSV Aichach eine Kooperation vorstellen, zum Beispiel eine Mitnutzung der Sportanlage oder der Turnhalle.
Erdgeschossige Kita: Architekt betont Vorteile
Für das Gebäude selbst untersuchten die Planer mehrere Varianten. Stukes Vorschlag nun sieht zwei erdgeschossige Gebäude mit eigenen Eingängen vor, die ein Mehrzweckraum beziehungsweise Speisesaal verbindet. Diesen könnten sich Kindergarten und Krippe teilen, ebenso einen Bewegungsraum, Küche, Lager, Büro sowie Räume für Personal, Therapie und Heilpädagogik. Den geforderten Elternwartebereich, der nur wenige Zeit gebraucht wird, würde Stuke in den Mehrzweckraum integrieren.
Bebaut würde eine Fläche von gut 1300 Quadratmetern. Dennoch bleibt noch so viel Freifläche übrig, dass man 30 Prozent über dem liegt, was gefordert ist, so Stuke. Die bestehenden Einrichtungen behalten ihre gesonderten Außenbereiche, für den Neubau sind 755 Quadratmeter Freiflächen vorgesehen.
Zwischen den Gebäuden liegen knapp 1500 Quadratmeter, die gemeinsam genutzt werden können. Zur Erdgeschossigkeit sagte Stuke: „Die Vorteile überwiegen.“ Man könne auf zusätzliche Fluchtwege und einen Aufzug verzichten, die Kinder kämen schnell nach draußen. Auch Inklusion ist möglich, also die Betreuung von Kindern mit Behinderung.
Hauptamtsleiterin: "Werden Zwischenlösungen brauchen"
Der Hauptteil der Bauarbeiten könnte 2023 und 2024 erfolgen, Einzug wäre 2025. Wie Bauamtsleiterin Carola Küspert erläuterte, steht zunächst die Ausschreibung der Planungsleistungen an mit Kosten von etwa 15.000 Euro. Über die weiteren Schritte könnte dann nach Haushaltslage entschieden werden. Die Kostenschätzung beläuft sich auf rund fünf Millionen Euro insgesamt. Hauptamtsleiterin Aurelija Igel bekräftigte, der Bedarf sei gegeben. Sie sagte aber auch: „Bis zur Fertigstellung werden wir Zwischenlösungen brauchen.“
Die Erdgeschossigkeit gefiel Zweitem Bürgermeister Josef Dußmann (CSU) zwar aus praktischen Gründen. Anderseits sei Wohnraum knapp, den man über der Kita schaffen könnte, zum Beispiel für Mitarbeiter. Marion Zott (Grüne) gefiel es wegen des Flächenverbrauchs nicht, nur erdgeschossig zu bauen. Mehrgeschossig zu bauen sei „konstruktiv nicht unbedingt sinnvoll“, sagte dazu Stuke. Wohnungen müssten unabhängig von der Kita zugänglich sein. Habermann sprach den Immissionsschutz an mit Blick auf Kita und Sportbetrieb. Die Stadt würde Wohnraum schaffen, der sich erst über die Miete wieder amortisieren müsste, gab er zu bedenken.
Fast 250 Kinder auf einem Grundstück
Zott sah zudem kritisch, dass in Kombination mit den anderen Einrichtungen dort fast 250 Kinder betreut werden. - "eine Riesennummer". Probleme sah sie beim Holen und Bringen oder wenn ein Kind „stiften“ geht. Mit ihrem Wunsch nach einem anderen Standort blieb sie allerdings allein. Die Fläche gebe es her, sagte Stuke. Rita Rösele (SPD) sagte: „Wir haben nicht so viele andere Möglichkeiten.“ Georg Robert Jung (FWG) sah „zwei Wermutstropfen“. Zum einen müsse die Stadt fünf Millionen Euro in Jahren finanzieren, in denen mit dem Verwaltungsgebäude und der Kläranlage ohnehin große Ausgaben anstehen und man nicht wisse, wie die Haushaltslage ist. Zum anderen störte ihn, dass nicht in Abschnitten gebaut werden kann. Man habe das diskutiert, sagte dazu Bauamtsleiterin Küspert, das wäre aber „überdimensional teurer“.
Habermann verwies auf die zu erwartende Förderung. Für die Krippe Pusteblume bekam die Stadt zusätzlich Mittel aus einem Sonderinvestitionsprogramm. Von den Baukosten von rund 1,5 Millionen Euro muss die Stadt nur rund 200.000 Euro zahlen. Auch deshalb plädierte er dafür, mit der Ausschreibung der Planungsleistungen die ersten Schritte zu gehen, um Grundlagen zu haben, wenn sich eine solche Chance bietet. Das beschloss der Bauausschuss einstimmig.
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