Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Aichach: JVA Aichach: Ein "versemmelter" Bau wird doch noch fertig

Aichach

JVA Aichach: Ein "versemmelter" Bau wird doch noch fertig

    • |
    Die Kantine im zweiten Stock ist der einzige Raum, an dem keine Gitter an den Fenstern angebracht sind.
    Die Kantine im zweiten Stock ist der einzige Raum, an dem keine Gitter an den Fenstern angebracht sind. Foto: Carmen Jung

    Im Aichacher Gefängnis, sagt sie, hat sie lebenslänglich. Irene Dorn muss lächeln, während sie eine Türe aufschließt. In ihrem Fall ist das keine Strafe, sondern eine Aufgabe. Die Mitarbeiterin des Staatlichen Bauamts Augsburg ist seit 1995 für die Liegenschaft der Justizvollzugsanstalt (JVA) Aichach zuständig. Nun, da es auf ihren Ruhestand zugeht, hat sie noch eine spezielle Aufgabe bekommen.

    Chef Ulrich Blickle weiß, dass er seiner Mitarbeiterin etwas zugemutet hat. Sie muss „eine versemmelte Baumaßnahme fertig machen“, sagt der Leiter des Staatlichen Bauamts offen. Dabei handelt es sich um das ursprünglich auf 18,2 Millionen Euro geschätzte Versorgungszentrum, das bayernweit zu unrühmlichen Ehren gekommen ist. Weil die Fliesenarbeiten gründlich schiefgegangen sind, hat der Bund der Steuerzahler den Bau als Negativbeispiel angeprangert. Wie berichtet, hat eine spanische Firma die Fliesen zum Teil hohl und bucklig verlegt – auf 4800 Quadratmetern und noch dazu mit minderwertigem Material. Als das Gebäude zum Teil schon eingerichtet war, stellte sich heraus: Die

    Irene Dorn erinnert sich: „Das ist schon bitter.“ Bislang hätten Bauten im Gefängnis sehr gut geklappt. Als Beispiel nennt sie das Mutter-Kind-Zentrum, das die Behörde vor 20 Jahren selbst geplant hatte. Das Versorgungszentrum mit 3400 Quadratmetern Nutzfläche, drei Stockwerken und 1100 Quadratmetern Grundfläche, war dafür zu groß. Das Bauamt ließ im Auftrag des Freistaats planen, bauen – und beaufsichtigen. Letzteres hat bei den Fliesen offenbar nicht geklappt.

    Dorn war die richtige Frau für den undankbaren Job

    Angesichts von Abertausend miserabel verlegten Fliesen lagen die Nerven blank, erzählt Blickle. Bald stand fest: Man musste die Sache selbst in die Hand nehmen. Jemanden neu einzuarbeiten, war nicht vorstellbar. Irene Dorn war für Blickle die Richtige für den undankbaren Job, zumal diese stets gut mit der JVA zusammengearbeitet habe.

    So wurde die JVA-Kennerin Dorn, die längst Schlüssel für die Türen im Gefängnis besitzt, zuständig, als der Karren im Dreck steckte. Und es war viel Dreck. Den Rückbau bewältigte der JVA-Baubetrieb unter Leitung von Josef Schlicker mit den Gefangenen. Wo möglich, wurden eingebaute Geräte wieder entfernt. Die großen Brotbacköfen aber zum Beispiel schützte man bestmöglich, ebenso wie die schon lackierten Türrahmen.

    Inzwischen gibt es nur noch feinen Baustaub. Beim Rundgang klopft Blickle probehalber gegen Fliesen. Er erinnert sich: „Man hat nur mit dem Knöchel hingeklopft und schon gewusst, was los ist.“ Jetzt hört es sich gut an. Seit dem Frühjahr sind die neuen Fliesen drin, inzwischen auch viele Geräte. In der Wäscherei im Erdgeschoss werden einmal täglich bis zu zweieinhalb Tonnen Wäsche gewaschen, auch die aus der JVA Gablingen. Die Maschinen und Trockner sind so groß, dass darin ganze Familien Platz hätten. Mangelgeräte, die Hemden automatisch bügeln können, sind aufgestellt, aber noch verpackt.

    Täglich haben sieben Gefangene Arbeit im Neubau

    In der Küche ein Stockwerk höher ist der technische Quantensprung ebenfalls zu erahnen, den die JVA Aichach mit dem Versorgungszentrum vollzieht. Hier zeigt sich aber auch die Abhängigkeit vom Lieferanten der Großküche, ebenso wie in Bäckerei und Konditorei im zweiten Stock. Die Fliesen-Episode hat den Bauzeitenplan einiger Firmen durcheinandergewirbelt. Nun muss man sich damit zufriedengeben, dass die Fachfirmen die JVA nur dazwischenschieben können.

    In jedem Stockwerk gibt es fertige Inseln: die Sanitäranlagen zum Beispiel oder die Büros. Letztere hat die JVA-Schreinerei möbliert ebenso wie die Kantine. Täglich haben sieben Gefangene Arbeit im Neubau. Sie putzen, schließen Silikonfugen, haben eine Trennwand geschlossert – Arbeiten im Wert von 90.000 Euro erledigt die JVA selbst. Das geht unkompliziert und schnell, betont stellvertretender Anstaltsleiter Johannes Link.

    Die Kosten sollen bei 21 Millionen Euro liegen

    Die Eigenleistung ändert nichts daran, dass das Projekt wesentlich teurer wird. Die Baukosten sind allgemein in den vergangenen Jahren explodiert. Nun wird mit insgesamt 21 Millionen Euro Kosten gerechnet, davon allein eine Dreiviertelmillion für den Fliesenpfusch. Wer die dadurch verursachten Mehrkosten trägt, klärt ein Rechtsstreit, dessen Ende aber nicht absehbar ist, zumal die Fliesenfirma die Ursache auf den Putz schiebt. Die Kritik des Steuerzahlerbundes empfindet man im Bauamt deshalb als ungerecht.

    Irene Dorn will „so schnell wie möglich“ fertig werden. Die Übergabe ist Anfang 2018 geplant – drei Jahre später als ursprünglich geplant. In acht Monaten wird die Projektleiterin in den Ruhestand „entlassen“. Dann war sie sogar länger als lebenslänglich im Aichacher Gefängnis tätig. Der Betrieb im neuen Versorgungszentrum soll da längst reibungslos funktionieren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden