Freunde treffen, miteinander Musik hören, "abhängen": Für junge Leute ist das besonders wichtig. Unter den extremen Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie haben sie deshalb auch extrem gelitten. Während viele Jugendzentren (Juze) während des ersten Lockdowns geschlossen haben, haben die Mitarbeiterinnen des Aichacher Juzes neue Wege gesucht, um für sie da zu sein. Ihr Bericht über ihre Arbeit unter erschwerten Bedingungen lag jetzt im Aichacher Finanzausschuss vor.
Für Uta Gottschalk und Sonja Falkner waren die Bedingungen 2020 "suboptimal", wie sie in ihrem Bericht schreiben. Die beiden Sozialpädagoginnen sind beim Sozialpädagogischen Institut Augsburg (Sia) angestellt, das das Juze seit 2004 für die Stadt betreibt.
Wie wichtig das Juze den Besuchern ist, merkten sie schon im ersten Lockdown, als das Juze schließen musste: Als Alternative boten sie Gruppen-Chats auf Internetplattformen wie "House-Party" oder "Discord" an. Das hätten die jungen Leute direkt wahrgenommen, berichten sie. Das "Discord-Juze" gibt es bis heute, angelehnt an die Öffnungszeiten im Juze. Dort gibt es mehrere "Räume", in denen sich die Jugendlichen unterhalten können, und auch "Büros", in denen die Jugendlichen mit Gottschalk und Falkner allein reden können.
Weniger Besucher im Aichacher Juze
Froh waren sie dennoch, als das Juze Anfang Juli 2020 wieder öffnen durfte, auch unter den erschwerten Bedingungen wie Hygiene-Verordnungen, Abstandsregeln und Kontaktdatenerfassung. 2020 sind etwa 80 bis 100 neue Besucher da gewesen, die mehr oder regelmäßig wieder kommen. Täglich sind es zwischen 15 und 30, "den coronabedingten Einschränkungen geschuldet", wie Gottschalk schreibt. Vor dem ersten Lockdown waren es täglich 30 bis 50 Jugendliche.
Das größte Übel sei im offenen Betrieb anfangs das ständige Desinfizieren gewesen, beschreiben sie. So mussten nach jedem Billard-Spiel - egal, ob nach zehn Minuten oder einer halben Stunde - alle Kugeln, Queues und alles übrige desinfiziert werden. Die Jugendlichen hätten "erstaunlich gut mitgemacht" und sich außerordentlich diszipliniert verhalten, berichten sie. "Das macht für uns deutlich, wie wichtig dieser Ort den jungen Menschen ist."
Mitarbeiterinnen: Jugendzentrum ist systemrelevant
Den zweiten Lockdown gegen Ende des Jahres hätten die Jugendlichen mit mehr Unmut und Unwillen zur Kenntnis genommen, berichten Gottschalk und Falkner. Sie konnten nicht nachvollziehen, dass das Juze trotz aller Maßnahmen und ihrer Mitarbeit den Betrieb wieder einstellen musste. "Unser Eindruck war zunehmend, dass der Besuch im Jugendzentrum für die meisten von ihnen ein wichtiger Bestandteil zum Erhalt ihrer psychischen Gesundheit war", so Gottschalk und Falkner. "Insofern erkennen wir darin durchaus eine Systemrelevanz, dass Jugendliche sich trotz der anhaltenden Pandemie in einem größtmöglich geschützten Rahmen treffen können und sie nicht sich selbst überlassen werden oder im Zweifel an Treffen in nicht zugelassener Form teilnehmen."
Jugendliche haben Sorgen und Ängste wegen Corona
Corona war auch ein großes Thema in den Gesprächen, die Sonja Falkner im Rahmen der Streetwork führte. Regelmäßig ist sie in Aichach unterwegs, um mit Jugendlichen dort, wo sie sich gern aufhalten, ins Gespräch zu kommen. Dabei ging es vor allem um die für Jugendliche extremen Einschränkungen, sich mehr in den Cliquen zu treffen. Ängste und Sorgen hatten die jungen Leute auch, ob sie unter diesen Bedingungen einen guten Schulabschluss schaffen oder eine Lehrstelle finden können. Gottschalk und Falkner gehen davon aus, dass der Bedarf für Hilfen mit zunehmender Pandemiedauer steigen wird.
Groß ist die Freude über die neue Küche, die das Juze bekommen hat. Noch größer die über das kostenlose und sehnsüchtig erwartete WLAN, das Ende 2020 installiert wurde. Was 2020 auch stattfinden konnte: Eine "Masken mal anders"-Aktion, bei der Kreativität gefragt war, eine "Pizza-Party", zu der sich alle Teilnehmer per Computer trafen, und eine Weihnachtsgeschenke-Aktion.
In Planung: Jugendstadtrat und Landkreis-Juze
Gebremst hat Corona die Aktivitäten für die Einführung eines Jugendstadtrates in Aichach. "Wir verlieren es aber nicht aus dem Blick und versuchen die Idee voranzutreiben", schreiben Gottschalk und Falkner. Derzeit arbeiten sie daran ihr digitales "Discord-Juze" zusammen mit anderen Juzes zu einem Landkreis-Juze auszubauen und zu vernetzen. Zum Abschluss des Jahres gab es eine Weihnachtsgeschenke-Aktion, unterstützt von Jugendreferent Mario Pettinger, die bei den Jugendlichen gut ankam.
Im Finanzausschuss zollte Bürgermeister Klaus Habermann den Sozialarbeiterinnen Respekt für ihre Arbeit in einem "herausfordernden Jahr". Das tat auch Jugendreferent Mario Pettinger (SPD). Corona habe für die Mitarbeiterinnen einen unglaublichen Mehraufwand mit sich gebracht. Die Aufstockung auf zwei Stellen sei "wirklich wichtig" gewesen. Auch Lothar Bahn (FWG) fand es "bemerkenswert, mit wie viel Motivation" Gottschalk und Falkner arbeiten. Sie hätten extrem viel möglich gemacht.