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Aichach: Geburtshilfe: Aichach bekommt ein Geburtshaus

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Geburtshilfe: Aichach bekommt ein Geburtshaus

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    Anfang 2021 soll ein Geburtshaus in Aichach starten und zwar in den Räumen der Babystation im alten Krankenhaus. Fotos: Kati Molin/Fotolia, AN
    Anfang 2021 soll ein Geburtshaus in Aichach starten und zwar in den Räumen der Babystation im alten Krankenhaus. Fotos: Kati Molin/Fotolia, AN

    In Aichach sollen ab dem nächsten Jahr wieder Babys auf die Welt kommen – nicht nur bei Hausgeburten. Was vor eineinhalb Wochen durchsickerte, ist jetzt offiziell: Selbstständige Hebammen wollen ein sogenanntes Geburtshaus gründen und zwar in den Räumen der früheren Geburtenstation im alten Krankenhaus. Der Geburtsort Aichach im Personalausweis ist also wieder in Reichweite. Ein Geburtshaus ist keine medizinische Geburtshilfe wie in einer Klinik, sondern ein neues Angebot für die Schwangeren in der Region und weit über die Kreisstadt hinaus, betonten gestern die beteiligten Hebammen bei einem Pressetermin im Landratsamt.

    Landkreis und Stadt begrüßen ein Geburtshaus in Aichach

    Der Landkreis und die Stadt wollen das Geburtshaus bestmöglich unterstützen, versicherten Landrat Klaus Metzger und Bürgermeister Klaus Habermann. Dazu haben sie gemeinsam mit den Geschäftsführern der Kliniken an der Paar und den Hebammen eine Absichtserklärung unterschrieben. Inhalt: Die Kliniken vermieten die rund 170 Quadratmeter im Altbau ab Jahresbeginn 2021 an die Hebammen. Zuvor sollen die Räume mit dem Kreißsaal für ein familiäres Geburtshaus nach den Vorstellungen der Hebammen umgebaut und renoviert werden. Die Mietkosten werden dabei laut Landrat so moderat gestaltet, wie es für den Landkreis wirtschaftlich vertretbar sei. Weder er noch die Hebammen sehen mit diesem neuen Angebot die Babystation im Neubau für immer geschlossen. Das Ziel, sie wieder zu eröffnen, bleibe weiter bestehen, sagte der Landrat. Das sei aber aktuell nicht realistisch. Wenn es doch so weit komme, sei das aber keine Konkurrenz. Für Metzger ist das neue Angebot nämlich eine Ergänzung. Mit der Geburtshilfe im Friedberger Krankenhaus und dem Geburtshaus in Aichach könnten werdende Eltern im Landkreis in Zukunft unter beiden Möglichkeiten auswählen

    Die Geburtshilfe in neuen Aichacher Krankenhaus, die gar nicht erst in Betrieb gegangen ist, war eines der Ärgernisse in den Kliniken an der Paar.
    Die Geburtshilfe in neuen Aichacher Krankenhaus, die gar nicht erst in Betrieb gegangen ist, war eines der Ärgernisse in den Kliniken an der Paar. Foto: Christoph Lotter (Archivbild)

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    Vor 15 Monaten wurde die Geburtenstation im nagelneuen Aichacher Krankenhaus (Eröffnung im Herbst 2018) geschlossen, bevor sie überhaupt eröffnet hatte. Der Grund: Hebammen-Mangel. Das Aus schlug hohe Wellen und sorgte für Proteste in der Stadt und im nördlichen Teil des Wittelsbacher Landes. Bis zu 400 Kinder wurden zuvor im Jahr in Aichach geboren. In kurzer Zeit wurden rund 10.000 Unterschriften gesammelt. Über ein Jahr lang versuchte der Kreis, Hebammen und Gynäkologen einzustellen, um die Station wieder zum Laufen zu bringen. Völlig erfolglos, so die Bilanz von Metzger: „Es liegt nicht am Geld. Aber ohne Personal geht es halt nicht.“ Bei einem früheren Termin prägte er den Satz: „Wir können uns keine Hebammen schnitzen.“ Wenn sich an der Gesamtsituation für die Geburtshilfen an kleinen Kliniken wieder etwas ändere, könne es aber sein, dass auch im Klinik-Neubau wieder Babys geboren werden.

    Drei Hebammen wollen das Geburtshaus in Aichach gründen

    Veronika Lindmeyr, die gemeinsam mit Stefanie Schmidt und Larissa Wittmann die Absichtserklärung unterschrieben hat, sprach von einer „Herzensangelegenheit“ für die Kolleginnen. Sie zeigte sich optimistisch, wollte die Erwartungen aber auch etwas dämpfen: „Wir müssen noch sehr viel arbeiten, um das Geburtshaus zu realisieren. Bisher ist es nur ein Plan.“ Vor allem sollen es nicht nur drei, sondern sieben oder acht Hebammen sein, die das Geburtshaus gemeinsam betreiben. Derzeit seien fünf Geburtshelferinnen bereit mitzumachen. Die Gesellschaftsform werde später geklärt. Lindmeyr und Schmidt haben noch in der alten Station gearbeitet, die jetzt umgebaut werden soll.

    Drei Hebammen haben eine Absichtserklärung für ein Geburtshaus in Aichach unterschrieben: (von links) Veronika Lindmeyr, Stefanie Schmidt, Larissa Wittmann.
    Drei Hebammen haben eine Absichtserklärung für ein Geburtshaus in Aichach unterschrieben: (von links) Veronika Lindmeyr, Stefanie Schmidt, Larissa Wittmann. Foto: Aichacher Nachrichten

    Der Unterschied zur Arbeit in einer Klinik seien die Rahmenbedingungen in einem Geburtshaus: Selbstständigkeit und Eigenorganisation statt fester Dienstzeiten; aber eben auch der grundsätzlich andere Ansatz mit einer intensiven und sehr nahen Eins-zu-Eins-Betreuung einer Schwangeren nur durch eine Hebamme ohne ärztliche Begleitung. Wie viele Schwangere in ein Aichacher Geburtshaus kommen werden, sei nicht voraussagbar, so Lindmeyr: „Wir müssen sehr viel Aufklärungsarbeit leisten.“ Dabei geht es vielen Eltern vor allem um das Thema Sicherheit. Die nächstgelegenen Geburtshäuser in München seien voll belegt, so Lindmeyr. Das Angebot in Aichach könnte deshalb auch etwas für Frauen sein, die aus einem weiten Umkreis kommen.

    Für eine Hebamme wird mit dem Geburtshaus in Aichach ein Traum wahr

    In der Friedberger Hauptabteilung sollen 2020 in etwa 800 Kinder zur Welt kommen. Im vergangenen Jahr haben dort rund 200 Frauen aus dem nördlichen Teil des Landkreises entbunden. Bürgermeister Klaus Habermann ist davon überzeugt, dass das neue Angebot in seiner Stadt angenommen wird. Er sprach den Hebammen seinen großen Respekt aus: „Eine tolle Sache.“ Die Stadt ist eigentlich nicht beteiligt, weil ja die notwendige Infrastruktur über die kreiseigenen Kliniken abgewickelt wird. Habermann versprach aber „tatkräftige Unterstützung“. Er war auch dabei, als im November 2018 das Aus der Babystation verkündet wurde und kündigte schon damals an, alles zu unternehmen, damit wieder Kinder in seiner Stadt zur Welt kommen.

    CSU-Landrat Metzger nahm SPD-Rathauschef Habermann bei der Unterstützung des Geburtshauses demonstrativ ins Boot: „Das ist eine gemeinsame Anstrengung.“ Und mit Wahlkampf habe der Verkündigungstermin absolut „nichts zu tun“. Es gehe darum, den Hebammen mit der Absichtserklärung möglichst schnell den Weg zu ebenen, damit sie in einem knappen Jahr starten können. Schon bei der Schließung gab es diese Idee unter den Berufskolleginnen und das habe sich in vielen Gesprächen weiter verdichtet, erzählt Veronika Lindmeyr. Sie ist übrigens selbst im alten Krankenhaus auf die Welt gekommen, hat dort gearbeitet, will das Geburtshaus mit ihren Kolleginnen zum Erfolg machen und Frauen zu einer natürlichen Geburt verhelfen: „Für mich geht da ein Traum in Erfüllung.“

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Geburtshaus ist für Aichach kein Ersatz

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