Sieben Schafe hat Rupert Reitberger verloren. Ein Wolf hat sie wohl auf seiner Weide im Hollenbacher Ortsteil Igenhausen gerissen. Das Foto einer danach aufgestellten Wildkamera vom Samstagabend zeigt ein Tier, das einem Wolf sehr ähnlich sieht. Der Nachweis durch einen DNA-Test steht noch aus. Derweil wird im Landkreis diskutiert, ob es sich bei dem Tier tatsächlich um einen Wolf handelt und welche Konsequenzen das hätte.
Reitberger, einst Bürgermeister und stellvertretender Landrat, sagte am Montag: "Ich würde den Wolf abschießen." Das sehen jedoch nicht alle so. Der Vorsitzende der Kreisgruppe des Bunds Naturschutz, Ernst Haile, glaubt: „Ein Nebeneinander ist schwierig, aber möglich.“ Reinhard Herb, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, hingegen ist der Ansicht: „In unsere Kulturlandschaft passt kein wildraubendes Tier.“
Wann darf der Wolf in Aichach-Friedberg abgeschossen werden?
Doch der Wolf ist streng geschützt. Ein Abschuss wäre laut Regierung von Schwaben nur möglich, wenn er „ernsten wirtschaftlichen Schaden zum Beispiel an Nutztieren anrichtet“. Dabei werde allerdings auch eine Prognose zur „weiteren Schadensentwicklung“ zugrundegelegt. Außerdem müsse „sichergestellt werden, dass der deutschlandweite Populationszustand des Wolfes erhalten wird“ und es seien Alternativen zu prüfen sowie, ob Nutztiere zum Beispiel besser geschützt werden könnten.
Die fachliche Beurteilung über den Abschuss träfe eine Expertenkommission unter Vorsitz des Landesamts für Umwelt (LfU). Auf dieser Grundlage würde die Regierung von Schwaben entscheiden – von Amts wegen oder auf Antrag. Allerdings ist hier in den vergangenen Jahren keine derartige „Entnahme“ eines Wolfs aus der freien Natur bekannt, wie Sprecher Karl-Heinz Meyer mitteilte.
Aichachs Jägervereinsvorsitzender: „Auch Wolf hat Bestandsrecht“
Wie streng Wölfe geschützt sind, ist vielen Menschen nicht bewusst, weiß Paul Berchtenbreiter. Der Vorsitzende des Jagdschutz- und Jägervereins Aichach mit rund 400 Mitgliedern berichtet: „Die Bevölkerung sagt: Schießt ihn ab, dann haben wir Ruhe.“ Doch so einfach sei das nicht. „Auch der Wolf hat Bestandsrecht in unserem Umfeld.“
Derzeit hält Berchtenbreiter die Situation für beherrschbar. Dass irgendwann auch ein Wolf im Wittelsbacher Land auftauchen würde, sei für ihn klar gewesen, sagt er. „Dass er allerdings solche Schäden anrichtet, ist heftig.“ Berchtenbreiter vermutet, dass der Wolf weiterzieht. Der Landkreis biete ihm zu wenig Lebensraum: Die Wälder seien zu klein, die Landschaft zu kleinstrukturiert und die Straßen zu stark befahren. „Ich habe eher Bedenken, dass der Wolf nachts überfahren wird“, so Berchtenbreiter.
Fachmann rät zu Wölfen: Am Waldrand bleiben und Augen offen halten
Gäbe es mehr Wölfe mit Nachkommen, „müsste sich die Regierung Gedanken machen über eine Einzelbejagung“. Würden Wildtiere auf lange Sicht nicht bejagt, verlören sie die Scheu vor dem Menschen. Bislang hielten sich Wölfe von Ortschaften, Gehöften und Menschen fern.
Dennoch rät Berchtenbreiter, prinzipiell und derzeit besonders mit offenen Augen durch den Wald zu gehen und am Waldrand zu bleiben. „Wenn Mountainbiker tief in den Wald fahren, könnte es schon gefährlich werden.“
Heuer rissen schon mehrere Wölfe in Bayern Schafe
Es ist heuer übrigens nicht das erste Mal, dass ein Wolf in Bayern Schafe tötet. Laut LfU riss im Januar ein Wolf zwei Schafe im Kreis Neustadt an der Waldnaab. Im Juni und Juli riss im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet zwischen Traunstein und Kitzbühel ein Canide insgesamt zehn Schafe; die Analyse zur Unterscheidung von Wolf und Wolfshund steht noch aus. Im Juli wurden im Kreis Garmisch-Partenkirchen fünf Schafe gerissen beziehungsweise verletzt; die Genanalyse liegt noch nicht vor. Als Verursacher hält das LfU einen Wolf für „sehr wahrscheinlich“. (mit mswp)
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