Schäden durch heftige Stürme und durch den gefräßigen Borkenkäfer: An diese unerfreulichen Szenarien haben sich die Waldbauern schon irgendwie gewöhnt. In diesem Frühjahr bereitet ihnen ein weiteres Thema erhebliche Sorgen, das seit Wochen das öffentliche Leben massiv einschränkt, aber eigentlich nicht mit dem Wald in Verbindung gebracht wird. Die CoronaPandemie sorgt aber auch in der Forstwirtschaft für Verwerfungen.
Peter Erhard, Vorsitzender der Waldbesitzervereinigung (WBV) Aichach, berichtet von derzeit deutlich gesunkenen Preisen, die heute beim Holzverkauf zu erzielen sind. So habe man früher für den Festmeter Langholz mit 80 Euro kalkulieren können, momentan läge die Spanne aber nur noch im Bereich zwischen 45 und 50 Euro. „Der Absatz ist geringer geworden“, sagt der Forstwirt aus Arnhofen in der Gemeinde Aindling: „Da haben wir Corona sehr zu spüren gekriegt. Unsere Befürchtungen sind groß, wir haben schon einen Überhang an Holz.“ Die Monate Mai, Juni und Juli sind seiner Ansicht nach von großer Bedeutung. In diesem Zeitraum werde sich entscheiden, in welchem Umfang in diesem Jahr der Borkenkäfer sein Unwesen treiben wird. Und außerdem werde sich bis dahin zeigen, inwieweit Corona Einfluss nimmt auf die Bautätigkeit.
In den ersten Apriltagen lässt sich allenfalls darüber spekulieren, wie viele Bauvorhaben nach einem Abflachen der Krise im Sommer verwirklicht werden können. Eine Erfahrung macht Peter Erhard in diesen Wochen und sie erfreut ihn sichtlich: In den Wäldern sind derzeit ungleich mehr Menschen anzutreffen als sonst. „Das ist doch schön“, so der Waldbauernchef, der auch in einer Zeit, die geprägt ist von negativen Meldungen, nicht daran denkt, die Zukunft durchweg in düsteren Farben zu malen: „Vielleicht kriegen wir wieder Preise um 70, 80 Euro. Ich kann mir das vorstellen.“
Forstwirtschaft zur Corona-Zeit: Markt ist "tot"
In der Geschäftsstelle der Waldbesitzervereinigung in der Siemensstraße in Aichach ist aktuell kein Parteiverkehr möglich, über Telefon, Fax oder E-Mail kann diese Einrichtung aber nach wie vor erreicht werden. Wie sich Corona auf die Forstwirtschaft auswirkt, das bekommt nicht zuletzt auch Bernhard Breitsameter zu spüren. Der WBV-Geschäftsführer bezeichnet den Markt in seiner Branche als „tot“. Er berichtet von den aktuellen Erfahrungen: „Wir hatten Lkw-Fahrer, die standen vier Tage am Brenner. Die Lkw-Schlange war 90 Kilometer lang. Als die Fahrer zurück waren, kamen sie 14 Tage in Quarantäne.“ In Europa verlaufe der Holzmarkt nach diesem Muster: Das Holz werde von Norden nach Süden transportiert, beispielsweise von Südbayern nach Österreich und von dort weiter nach Italien. Aufgrund der Bestimmungen wurde die Holzabfuhr nun aber enorm verzögert.
Auch Breitsameter stellt die Bauwirtschaft in seinen Überlegungen heraus: „Dort wird vieles zurückbleiben.“ Bisher habe man in dem Bereich für das Jahr 2020 mit einem Zuwachs von fünf Prozent gerechnet, ein Plus, das jetzt nicht mehr zu erreichen sein dürfte – mit Auswirkungen auf die hiesigen Waldbesitzer. Breitsameter, ein Diplom-Forstwirt, macht dazu folgende Rechnung auf: „Wer baut, braucht Holz.“ Langfristig rechnet er aufgrund des Klimawandels mit sinkenden Preisen, weil zu viel Holz zur Vermarktung anstehe.
Corona-Krise hat auch positiven Aspekt
Allen Problemen und Sorgen zum Trotz denkt Breitsameter nun aber nicht daran, als notorischer Pessimist durch die Wälder zu ziehen. Er erkennt auch einen positiven Aspekt in der Corona-Krise: „Die Regierung hat uns ein Stoppschild vors Gesicht gehalten. Jetzt reduziert sich ein jeder auf das Notwendige.“ Ein Hinweis ist dem WBV-Geschäftsführer wichtig: Wer laut Berufsgenossenschaft als Forstwirt eingestuft ist, der darf nach wie vor seine Arbeit im Wald verrichten, ohne in Konflikt mit den Ausgangsbeschränkungen zu geraten.
Dieses Thema spricht auch das Amt für Landwirtschaft und Forsten Augsburg an. Ralf Gang schreibt in einer Pressemitteilung: „Die notwendigen Waldarbeiten können und sollen auch in der derzeit von der Corona-Pandemie dominierten Situation durchgeführt werden, um künftige Schäden in unseren Wäldern durch den Borkenkäfer möglichst gering zu halten.“ Dabei sollen die Vorschriften zu Arbeitssicherheit beachtet werden, der Kontakt zu anderen Menschen muss mit einem Mindestabstand von 1,5 Metern erfolgen. Außerdem betont Gang: „Die Alleinarbeit im Wald mit der Motorsäge ist unzulässig.“ Die regelmäßige Befallskontrolle auf Borkenkäfer sei dagegen alleine möglich und für eine rechtzeitige Bekämpfung unerlässlich.
Bei der Aufarbeitung der Waldschäden durch den Orkan Sabine am 10. Februar seien die Waldbesitzer bereits weit gekommen. Jetzt gelte es, auch die letzten geworfenen oder gebrochenen Fichten aus dem Wald zu bringen, bevor Ende April die ersten Borkenkäfer ausfliegen. Denn aufgrund der Trockenheit und der Dürre der letzten beiden Jahre und der hohen Ausgangspopulation aus dem Vorjahr sei auch heuer wieder mit einem starken Befall zu rechnen. Die Waldbesitzer erhalten in diesem Jahr seiner Aussage zufolge „eine nie da gewesene finanzielle Unterstützung bei der Beseitigung von Waldschäden und beim Waldumbau“. So werde die insektizidfreie Bekämpfung von Borkenkäfern mit bis zu zwölf Euro pro Festmeter gefördert.
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