Schul- und Linienbusse haben Vorfahrt, Beleuchtungseinrichtungen müssen funktionieren, und innerhalb von Orten, an Schulen oder Kindergärten soll die erlaubte Höchstgeschwindigkeit deutlich unterschritten werden. Das sind nur einige der "Benimmregeln" bei Biomassetransporten, die der Maschinen- und Betriebshelferring (MR) Wittelsbacher Land jedes Jahr zur Erntezeit an seine Mitglieder herausgibt. Die Reaktionen darauf sind verschieden. Manche würden den "Fahrerknigge" als lästiges Übel ansehen; andere empfänden ihn als Unterstützung, weiß MR-Geschäftsführer Christoph Luderschmid.
Einer, der froh ist, damit etwas an der Hand zu haben, um seine Fahrer anzuweisen, ist MR-Vorsitzender und Landwirt Michael Lutz aus Raderstetten (Gemeinde Sielenbach): "Wir wollen die Leute ein bisschen daran erinnern, rücksichtsvoll zu fahren." Er weiß von Berufskollegen, die ihre Fahrer sogar unterschreiben lassen, dass sie unterwiesen wurden. Lutz sagt: "Es ist im Interesse von uns Landwirten und Biogasbetreibern." Mit den großen Gespannen sei die gefühlte Geschwindigkeit für die Anwohner größer, als sie tatsächlich ist, sagt er. "Die großen Reifen und die groben Stollen geben ein dumpfes Fahrgeräusch." Wenn man dann an Fußgängern auf dem Gehweg vorbeirausche, sei das für diese nicht angenehm.
Maschinenring-Vorsitzender wirbt für Rücksichtnahme und Gelassenheit
Umgekehrt wirbt er aber auch um Verständnis für die Landwirte. Manche Verkehrsteilnehmer seien "relativ unvernünftig unterwegs", sagt Lutz. Als Beispiel erzählt er: "An einer Engstelle fahren sie bis auf den letzten Zentimeter heran, und ich kann mich nicht in Luft auflösen." Mit dem großen Gespann könne man nur schlecht rückwärtsfahren. Seine Bitte: "Wenn man bisschen Gelassenheit und Ruhe bewahrt, kann man solche Probleme lösen."
Die Maisernte hat Lutz heuer schon so gut wie abgeschlossen. Während der Erntezeit kommt bei ihm grundsätzlich ein Schlepper mit Räumschild und Kehrmaschine zum Einsatz, um verschmutzte Fahrbahnen wieder zu reinigen. Lutz findet: "Die Straßen wieder abzuräumen, sollte eigentlich selbstverständlich sein." Er weiß aber aus Erfahrung, dass die Fahrer immer wieder daran erinnert werden müssten.
Radsportclub-Vorsitzender: Viele Radwege sind im Herbst verschmutzt
Da würde ihm Mathias Bronner, Vorsitzender des Radsportclubs (RSC) Aichach, wahrscheinlich zustimmen. Es gebe bestimmt einige Landwirte, die aufpassten, sagt er. Bronners Erfahrung ist aber: "Radwege sind teilweise nicht befahrbar im Herbst, wenn Erntezeit ist." Und das nicht nur, während auf den Feldern gearbeitet wird. Der RSC-Vorsitzende hat den Eindruck: "Sie bleiben auch dreckig, bis der nächste Regen kommt." Vor allem mit den schmalen Reifen eines Rennrades würde man sich da ruckzuck einen Platten fahren, erklärt er. Weichen die Rennradler auf die Straße aus, reagieren manche Autofahrer verärgert. "Von üblen Beschimpfungen bis Hupen ist alles dabei", sagt Bronner.
Zeitdruck und Leihmaschinen würden es für Landwirte nicht immer einfach machen, alles regelkonform abzuwickeln, ist sich Hannes Stiegler bewusst. Der Polizeihauptkommissar der Polizeiinspektion Aichach im Sachgebiet Verkehr sagt: "Man kann nicht immer alles hundertprozentig machen, muss aber schauen, mögliche Gefahren aus dem Weg zu räumen. Dazu gehört, dass die Ladung, das Fahrzeug und das Schnittwerk gesichert sind."
Polizei: Telefonieren am Steuer von großen Gespannen kann böse enden
Manchmal werde geschludert, ist seine Erfahrung: Da ist zum Beispiel der Pflug noch voller Erde oder bei der Fahrt von einem Acker zum nächsten wird das Schnittwerk nicht abgebaut. Auch das Aufstellen eines Warndreiecks sei nicht immer ausreichend, sagt Stiegler: "Gerade, wenn es dunkel ist oder es regnet und die Straße schlammig und schmierig ist, ist das nicht zielführend." Was der Polizei ein besonderer Dorn im Auge ist: Wenn während der Fahrt mit den großen Gespannen mit dem Handy telefoniert wird. Das gibt nicht nur einen Punkt in Flensburg, wenn die Beamten den Fahrer aufhalten. Stiegler sagt: "Man muss sich bewusst sein, dass ungeschicktes Fahren nichts verzeiht." Der Übergang zum Straftatbereich sei fließend.
Seit rund fünf Jahren gibt der Maschinenring die "Benimmregeln" im Rahmen einer bayernweiten Aktion heraus. Zum Hintergrund sagt MR-Geschäftsführer Luderschmid: "Wir wollen, dass unsere Tätigkeit akzeptiert und gerne gesehen ist." Das Hauptziel sei es, gegenseitiges Verständnis zu schaffen. Luderschmid: "Wir transportieren Lebensmittel oder Vorprodukte für die Energie und sind nicht zum Spaß unterwegs."