Im Zentrum für Allgemeinmedizin in Aichach stehen die Telefone nicht mehr still. Seit Mittwoch läuft dort die Terminvergabe für Corona-Impfungen - und die Nachfrage ist enorm: Viele Patienten wollten sich schnellstmöglich auf die Liste setzen lassen, sagt der Geschäftsführer und Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. Andreas Ullmann. Er erwägt bereits, die Telefonzentrale personell aufzustocken. Der Wunsch, sich beim Hausarzt impfen zu lassen, ist groß. Allzu häufig bleibt dieser Wunsch jedoch noch unerfüllt.
Bis zu 48 Corona-Impfungen pro Woche pro Arztpraxis
Die Impfkampagne im Landkreis Aichach-Friedberg hat eine neue Phase erreicht: Nachdem in der vergangenen Woche bereits erste Hausarztpraxen in Bayern Corona-Impfungen verabreichten, können Hausärzte nun flächendeckend einsteigen. Der Betrieb in den Impfzentren läuft parallel weiter. Doch das Wichtigste ist nach wie vor knapp: der Impfstoff. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) erklärt auf Anfrage unserer Redaktion: "Das größte Problem bleibt bis auf Weiteres die Versorgung der Praxen mit Impfstoff." Jede Vertragsarzt-Praxis, die impfen möchte, könne derzeit zwischen 18 und 48 Dosen Biontech/Pfizer pro Woche bestellen. Wie viel sie tatsächlich bekommt, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Das Zentrum für Allgemeinmedizin in Aichach bestellt jeweils dienstags bei der zuständigen Apotheke. Donnerstags erfährt es, wie viel und welchen Impfstoff es bekommt. Erst dann können Termine mit den Patienten vereinbart werden. Die Terminvergabe, die Aufklärung über mögliche Nebenwirkungen, der Dokumentationsaufwand rund um die Corona-Impfung, die Überwachung der Patienten für 15 bis 20 Minuten nach der Spritze - all das sei für die Arztpraxen ein großer logistischer Aufwand, betont Ullmann. Die Impfzentren machten das mit ihrem Mitarbeiterstab, während die Praxen das neben ihrem Tagesgeschäft miterledigen müssten. Deshalb rät er auch weiterhin, sich möglichst im Impfzentrum anzumelden.
Aichacher Allgemeinmediziner: "Notwendig, dass Hausärzte impfen"
Ullmann, der auch ärztlicher Koordinator im Landkreis ist, ist dennoch froh, dass die Hausärzte nun einsteigen dürfen: "Es ist notwendig, dass die Hausärzte impfen." Sonst könne die breite Bevölkerung nicht versorgt werden. "Viele Patienten warten auf die Hausärzte." Sei es, weil sie mit der Anmeldung im Impfzentrum nicht zurechtkommen, den Weg dorthin scheuen oder das vertraute Umfeld ihrer Hausarztpraxis bevorzugen.
"Grundsätzlich hätten die Hausärzte schon früher eingebunden werden können", sagt Ullmann. Mit maximal knapp 50 Impfdosen pro Woche komme eine Arztpraxis derzeit allerdings nicht weit. Angesichts des damit verbundenen Aufwands vermutet er, dass viele Praxen womöglich sogar weniger bestellen. Auch er selbst sagt: "Wenn wir pro Woche 500 Impfdosen bekämen, wüssten wir gar nicht, wie wir das schaffen."
Corona-Impfungen: Hausärzte müssen sich an Priorisierung halten
Wie die Terminvergabe abläuft, ist von Praxis zu Praxis unterschiedlich - zum Beispiel per Telefon oder im Internet. Fest steht jedoch: Die Hausärzte müssen sich Ullmann zufolge wie die Impfzentren "streng an die Priorisierung halten". Das werde durch die KVB kontrolliert. Der Mediziner hat großes Verständnis für die Ungeduld vieler Patienten. Doch solange der Impfstoff knapp sei, dürften sie nicht erwarten, dass sie nach der Anmeldung gleich geimpft würden. Auch Ullmann würde sich mehr Planbarkeit wünschen: "Ich hoffe, dass wir bald zuverlässiger gemeldet kriegen, wie viel Impfstoff wir kriegen, damit wir die Termine ausmachen können."
Ab dem 26. April sollen die Impfstofflieferungen in ganz Deutschland deutlich zunehmen - darauf setzt auch Dr. Clauspeter Pfundmair, Allgemeinmediziner in Aichach, seine Hoffnungen. Auch er hat am Mittwoch in seiner Praxis mit den Corona-Impfungen begonnen. Die Bilanz: Zwölf Dosen sind verimpft. "Das war unser ganzes Wochenkontingent", sagt Pfundmair und lacht. "Es könnte natürlich deutlich mehr sein, aber die Abläufe müssen sich auch erst einspielen. Insofern war das eine gelungene Generalprobe." Die Impfungen seien "reibungslos, friedlich und ruhig" abgelaufen. Priorität liege derzeit auf immobilen Patienten, Schwerkranken und Immungeschwächten. Das Alter spiele dagegen eine untergeordnete Rolle. Wer in einer Hausarzt-Praxis geimpft worden sei, müsse sich anschließend zeitnah im Impfzentrum abmelden, betont Pfundmair.
Private Hausarzt-Praxen in Aichach-Friedberg dürfen nicht impfen
Mit ganz anderen Fragen muss sich momentan Dr. Oliver Mader beschäftigen. Auch er betreibt in Aichach eine Hausarzt-Praxis, auch er hat Praxisabläufe vorbereitet, Prioritätslisten erstellt, Impfstoff bestellt. Er ist, was Corona-Impfungen angeht, jedoch außen vor. Der Grund: Mader betreibt eine private Hausarzt-Praxis - und diese dürfen, ebenso wie Betriebsärzte, von den Apotheken nicht mit Corona-Impfstoff beliefert werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass sie alle gegen Corona impfen können. Am 1. April trat jedoch eine neue Impfordnung in Kraft, die das verhinderte.
"Willkürlich" erscheine ihm das, sagt Mader gegenüber unserer Redaktion. Anstatt in seiner Praxis geimpft zu werden, müssten seine Patienten "mit erneutem bürokratischen Aufwand und Priorisierungsattesten an Impfzentren oder andere Praxen vermittelt werden". Dies sei eine "nicht nachvollziehbare Hürde". Die Einbindung der Hausärzte erfolgte nach Maders Einschätzung "viel zu spät". Dass nun Privat-Ärzte nicht impfen dürften, sei eine "erneute, bewusste und organisierte Verschleppung der Impfgeschwindigkeit", die Menschenleben kosten könne. Derzeit werde geprüft, ob diese Entscheidung juristisch anfechtbar sei. Wie lange die Impfbeschränkungen für Privat- und Betriebsärzte noch gelten, ist offen.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Gebt Hausärzten den Corona-Impfstoff!
Lesen Sie dazu auch:
Ein Jahr Corona-Pandemie: Warum ein Arzt aus Aichach positiv zurückblickt
- Corona: Wie sich die Impfquote im Landkreis Aichach-Friedberg entwickelt
- Was bedeutet das AstraZeneca-Durcheinander für den Landkreis?
- "Helfende Hände" der Bundeswehr unterstützen das Krankenhaus in Aichach
- Ein Jahr Corona-Pandemie: Warum ein Arzt aus Aichach positiv zurückblickt