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Aichach-Friedberg: Verzicht auf Sonder-Impfaktionen: "Wir haben uns nach den Vorgaben gerichtet"

Aichach-Friedberg

Verzicht auf Sonder-Impfaktionen: "Wir haben uns nach den Vorgaben gerichtet"

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    Der Landkreis Aichach-Friedberg steht in der Kritik, nachdem die Verantwortlichen auf Sonder-Impfaktionen mit AstraZeneca verzichtet haben.
    Der Landkreis Aichach-Friedberg steht in der Kritik, nachdem die Verantwortlichen auf Sonder-Impfaktionen mit AstraZeneca verzichtet haben. Foto: Matthias Bein, dpa (Symbolbild)

    Klaus Metzger war nicht in den Sitzungssaal des Landratsamtes gekommen, um Lebensweisheiten zu teilen. Und doch hatte es beinahe philosophische Züge, was der Landrat von sich gab, noch bevor die Sprache auf die Impfkampagne im Landkreis kam: "Allgemein ist es so, dass man in einer Situation, in der man unzufrieden ist, alles schlecht findet, und sich nicht mehr daran erinnert, was eigentlich alles gut läuft." Nun konnte der Landkreis Aichach-Friedberg zuletzt gewiss auch mit erfreulichen Nachrichten aufwarten - etwa mit der, dass in der vergangenen Woche über die Impfzentren knapp 5000 Landkreisbewohner erstmals gegen Corona geimpft wurden. Doch was in der Bevölkerung derzeit überwiegt, ist Unmut. Grund dafür ist die seit Wochen unterdurchschnittliche Impfquote - und, vor allem, die Entscheidung des Landkreises, auf Sonder-Impfaktionen mit AstraZeneca zu verzichten.

    Impfaktionen: Jeder fünfte Landkreis meldete Sonderbedarf an

    Nach Auskunft des bayerischen Gesundheitsministeriums konnten alle bayerischen Impfzentren und Regierungskoordinatoren für den Zeitraum vom 5. bis zum 18. April Impfstoff von AstraZeneca "freihändig" bestellen - also "unabhängig von der Zuteilung nach Bevölkerungsschlüssel nach ihrem Bedarf", wie es hieß. So seien "Sonder-Impfaktionen" für über 60-Jährige möglich gewesen. Erlaubt habe diese Sonderzuweisungen eine Lieferung von rund 285.000 AstraZeneca-Impfdosen zwischen Ende März und Anfang April. Wie ein Ministeriumssprecher auf Anfrage unserer Redaktion nun mitteilt, haben in diesem Rahmen 19 bayerische Kreisverwaltungsbehörden Sonderbedarf für AstraZeneca angemeldet - und damit jede fünfte im Freistaat.

    Nachbar-Landkreise wie Landsberg, Dachau oder Augsburg griffen zu und konnten so nach dem Prinzip "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" Tausende zusätzliche Dosen AstraZeneca bis Sonntag verimpfen - dem letzten Tag, an dem nach Vorgabe des Gesundheitsministeriums Erstimpfungen mit dem Impfstoff dieses Herstellers in Impfzentren erlaubt waren. Die Impfquoten in den Nachbar-Landkreisen gingen teils deutlich nach oben. Der Landkreis Aichach-Friedberg bestellte zwar neben Biontech/Pfizer und Moderna auch etliche Dosen AstraZeneca - jedoch nicht mehr, als die geplanten Kapazitäten in den Impfzentren vorsahen. Warum hatte der Landkreis freiwillig auf Sonderaktionen verzichtet?

    Landrat Metzger: "Nicht auf zusätzliche Sonderaktionen verzichtet"

    Landrat Klaus Metzger widersprach dieser Lesart am Mittwoch. "Der Landkreis Aichach-Friedberg hat nicht auf zusätzliche Sonderaktionen verzichtet", sagte er im Rahmen einer Pressekonferenz. "Der Landkreis hat in der vergangenen Woche auch AstraZeneca verimpft - aber eben nicht nach dem Windhund-Prinzip, sondern auf Basis der Anmeldungen über BayIMCO." So heißt die Impf-Software des Freistaats, die nach bestimmten Priorisierungskriterien festlegt, wer wann geimpft werden soll.

    Ähnlich äußerte sich Sebastian Koch, organisatorischer Leiter der Impfzentren im Landkreis. "Wir haben in Abstimmung mit dem Betreiber Vitolus beschlossen, dass wir die Termine nicht nach dem Windhund-Prinzip vergeben über eine gesonderte Terminvergabe, sondern über BayIMCO an registrierte Personen. Damit bestmöglich sichergestellt ist, dass der Impfstoff entsprechend der Impfreihenfolge ankommt und kein Chaos entsteht." Zumal das bayerische Gesundheitsministerium Landkreise im März explizit dazu aufgefordert habe, Kapazitäten in den Impfzentren nicht zu erweitern. Die zusätzliche Bestellmöglichkeit von AstraZeneca-Dosen sei dazu gedacht gewesen, Restkapazitäten in den Impfzentren auszuschöpfen. Die "kurzfristige" Entscheidung, darüber hinaus keine zusätzlichen Dosen für Sonderaktionen zu bestellen, sei "über den normalen Standardweg" gelaufen - "also zwischen mir und Vitolus".

    Landkreis Aichach-Friedberg liegt unter Impfquote in Bayern

    Zudem, betonte Koch, sei in der entsprechenden E-Mail des Gesundheitsministeriums vom 6. April keine Größenordnung genannt worden, wie viele AstraZeneca-Dosen "freihändig" hätten bestellt werden können. Dies sei "von den oberen Stellen" vielleicht "auch etwas unglücklich kommuniziert" worden. "Entsprechend gab es keine Grundlage für eine Planbarkeit von einer Erhöhung der Impfkapazitäten, weshalb wir uns entsprechend der Aufforderung auf die Restkapazitäten beschränkt haben." Es stehe fest: "Wir haben uns nach den Vorgaben bei der Impfstoff-Bestellung gerichtet."

    Der Landkreis Dachau, der am Sonntag bei den Erstgeimpften eine Quote von 24,3 Prozent erreichte und damit mehr als fünf Prozentpunkte über dem Landkreis Aichach-Friedberg lag, griff für seine "Impfturbo" genannte Sonderaktion auf niedergelassene Ärzte und ehrenamtliches medizinisches Personal zurück. Warum hat der Landkreis Aichach-Friedberg sein Modell nicht ähnlich ergänzt? "Wir sind in unserer Struktur unabhängig von den Hausärzten gefahren, weil wegen der vorhandenen Kapazitäten in den Impfzentren bislang schlicht keine Notwendigkeit bestand", sagt Koch. Es sei nicht damit zu rechnen gewesen, dass auf einen Schlag so viele zusätzliche Impfdosen zur Verfügung stehen. Dass sich die Möglichkeit für Sonderaktionen "in dieser Form" wiederhole, sei eher unwahrscheinlich. "Wir werden aber – auch nach den jetzigen Erfahrungen – selbstverständlich schauen, wie wir künftig auch kurzfristig mit anderen Berufsgruppen, beispielsweise niedergelassenen Ärzten, in Kooperation eine Sonder-Impfaktion durchführen können."

    Christina Haubrich: "So schnell und so viel wie möglich verimpfen"

    Die Merchinger Landtagsabgeordnete Christina Haubrich fordert als Reaktion auf die "nicht zufriedenstellende" Impfsituation im Landkreis flexiblere Strukturen: "Alles, was an Impfstoff lieferbar ist, muss genutzt und sofort verimpft werden. Und dafür müssen die Strukturen geschaffen werden, um im Bedarfsfall schnell reagieren zu können und einsatzbereit zu sein", wird Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, in einer Presseerklärung zitiert. "Hausärzte können hierbei sowohl in ihren Praxen als auch in zusätzlichen Impfeinrichtungen wertvolle Unterstützung leisten." Entscheidend sei nicht, im bayernweiten Durchschnitt zu liegen. "Das Ziel muss sein, so schnell und so viel wie möglich zu verimpfen und das überall, auch in unserem Landkreis."

    Da der Landkreis bislang etwas weniger Impfstoff bekam, als ihm nach dem Bevölkerungsschlüssel zustand, erreichen das Wittelsbacher Land diese Woche gut 1100 zusätzliche Dosen von Biontech. "Wir wären alle nicht in dieser Situation, wenn die Impfstoff-Lieferungen kontinuierlich und konsequent in ausreichender Menge angekommen wären", sagt Landrat Metzger. "Dann würden wir die Diskussion nicht führen." Die Kritik von Bürgern am Verzicht auf Sonder-Impfaktionen könne er "annehmen. Ob ich sie im Detail verstehen muss, ist noch mal eine andere Geschichte." Durch die zusätzliche Lieferung werde sich der Landkreis am Ende der Woche in den bayerischen Schnitt einreihen. "Und damit, denke ich, bin ich sehr zufrieden."

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Die Kritik am Verzicht auf Sonder-Impfaktionen ist berechtigt

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