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Aichach-Friedberg: Verfrühte Corona-Impfungen lösen kontroverse Diskussion aus

Aichach-Friedberg

Verfrühte Corona-Impfungen lösen kontroverse Diskussion aus

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    Auch im Landkreis Aichach-Friedberg wird über fragwürdige Corona-Impfungen diskutiert.
    Auch im Landkreis Aichach-Friedberg wird über fragwürdige Corona-Impfungen diskutiert. Foto: Uli Wagner (Symbolbild)

    Drei ehrenamtliche Helfer des Caritas-Pflegezentrums in Pöttmes haben eine Corona-Impfung erhalten, die ihnen noch nicht zugestanden hätte. Wie berichtet, hatte der Geschäftsführer der Caritas-Sozialstation Aichach, Sebastian Hartmann, am Freitag entsprechende Informationen unserer Redaktion bestätigt und offen eingeräumt: "Das hätte nicht passieren dürfen." Die drei Helfer, unter ihnen der Ehemann der Einrichtungsleiterin, hatten auf der Impfliste gestanden. Unterdessen räumte auch ein 57-jähriger Pfarrer aus dem Landkreissüden auf Nachfrage ein, bereits geimpft zu sein. Heute schäme er sich dafür, sagte er.

    Hartmann kündigte an, er selbst, die Pöttmeser Einrichtungsleiterin sowie zwei weitere Mitarbeiterinnen würden auf ihre Zweitimpfung verzichten. Auch die drei ehrenamtlichen Helfer erhielten keine Zweitimpfung. Bei ihnen handle es sich zwar um ehrenamtliche Helfer der Einrichtung, doch sie seien nicht mindestens zweimal pro Woche dort tätig, wie von der Impfordnung vorgeschrieben.

    Geteilte Meinungen zu unberechtigten Corona-Impfungen in Pöttmes

    Der Fall hat eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Auf unserer Internetseite kommentierte eine Nutzerin ironisch: "Das ist eine sehr gute Idee, auf die zweite Impfung zu verzichten. Da ergibt sich doch gleich für den Virus eine Möglichkeit zu mutieren und somit den Impfstoff zu überlisten, damit dieser nicht mehr wirkt. Die Caritas-Mutation dann." Auf der Facebook-Seite unserer Redaktion schrieb ein Nutzer: "Wenn es eine Impfreihenfolge gibt, dann haben sich auch gefälligst alle dran zu halten! Und wem ein Vordrängen nachgewiesen wird, muss empfindlich bestraft werden. Entweder es gelten Regeln für alle oder für niemanden."

    Eine weitere Nutzerin sieht das anders: "Was genau ist jetzt das Problem? Menschen, die ohne Bezahlung ihre Kraft in diesem (?) Heim zur Unterstützung der Pflegekräfte und der Bewohner zur Verfügung stellen, sollten doch ohne Frage im Impfstatus an gleicher Stelle stehen, wie die bezahlten Kräfte?! Ein Skandal ist in meinen Augen die Tatsache, dass schwerstkranke/-behinderte junge Menschen/Kinder offensichtlich noch warten müssen …" Dem entgegnet ein Nutzer: "Es geht nicht darum, ob es ein oder drei Menschen sind oder Ehrenamtliche oder sonst was. Es geht insgesamt darum, dass halt einfach Menschen geimpft werden, die noch nicht an der Reihe sind."

    Meringer Pfarrer Thomas Schwartz gibt Corona-Impfung zu

    In der vergangenen Woche war eine ganze Reihe unterschiedlich gelagerter Fälle fragwürdiger Impfungen in der Region bekannt geworden. Dabei waren zumindest teilweise die mobilen Impfteams getäuscht worden, indem Personen etwa als "Pflegekräfte" auf die Impflisten gesetzt wurden, die nachweislich nicht in der Einrichtung arbeiteten. Nach Recherchen unserer Augsburger Redaktion hatte sich außerdem beispielsweise der Vorstandsvorsitzende der schwäbischen AWO im Januar im AWO-Seniorenheim in Friedberg impfen lassen.

    Auf Nachfrage unserer Redaktion gab am Montag auch der 57-jährige Meringer Pfarrer Thomas Schwartz zu, bereits Anfang Januar als einer der Ersten im Landkreis geimpft worden zu sein. Bis zu seinem Wechsel nach St. Michael in Mering im September 2010 hatte Schwartz im Aindlinger Ortsteil Stotzard gewohnt und war auch in Rehling Aushilfspfarrer gewesen. Die Problematik mit sogenannten Impfvordränglern habe sich Anfang Januar nicht gestellt. "Wenn ich mich als Pfarrer geweigert hätte, hätte ich doch die Impfskepsis verstärkt. Ich wollte auch ein Zeichen setzen und Hoffnung machen." Schwartz weiter: "Heute schäme ich mich dafür."

    Merings Pfarrer Schwartz: "Kann jeden verstehen, der sauer auf mich ist"

    Als Seelsorger besucht Schwartz regelmäßig das Caritas-Altenheim St. Agnes in Mering, wo er Anfang Januar die erste und am 23. Januar die zweite Impfung erhielt: "Für mich war das auch kein Vordrängeln. Ich stand auf der Liste, weil ich dort Gottesdienste abhalte und zu den Bewohnern ans Sterbebett komme."

    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde bereits im Januar geimpft.
    Der Meringer Pfarrer Thomas Schwartz wurde bereits im Januar geimpft. Foto: Bernhard Weizenegger

    Das bestätigt Klaus Mayinger, Einrichtungsleiter des Caritas-Seniorenzentrums St. Agnes: "Herr Schwartz ist mehrmals die Woche bei uns im Haus und stand deshalb auf unserer Liste." Aufgrund der aktuellen Geschehnisse kann Schwartz die Empörung über vermeintliche "Impfvordrängler" verstehen. "Es ist eine komplett andere Situation. Ich kann jeden verstehen, der jetzt sauer auf mich ist." Aktuell würde er sich eine Impfung "sehr gut überlegen und wahrscheinlich zunächst ablehnen".

    Im Landkreis sind derzeit zwei mobile Impfteams der Firma Vitolus unterwegs. Sie bestehen aus jeweils einem Arzt, einer Verwaltungskraft und einer Impfassistenz. Am Dienstag vergangener Woche hatte das Landratsamt mitgeteilt, dass die Teams bereits in allen 19 Pflegeeinrichtungen im Landkreis Impfungen verabreicht hätten. Vitolus betreibt außerdem das Impfzentrum an der B300 in Dasing-Laimering. Der Geschäftsführer der Firma war am Montag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

    Landratsamt: Keine Regelung für Sanktionen nach unberechtigter Impfung

    Wie Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamts, auf Anfrage mitteilte, werden Vitolus die zu impfenden Personen einer Einrichtung vorab auf einer Liste benannt. "Den Einrichtungen wird erläutert, woraus die Impfberechtigung begründet werden kann. Vor Ort überprüft Vitolus dies vor jeder Impfung durch den Arzt entsprechend." Bei Mitarbeitern der Einrichtung gehe Vitolus auch ohne zusätzlichen schriftlichen Arbeitgebernachweis von einer wahrheitsgemäßen Informationsweitergabe aus, so Müller weiter. "Aus rechtlicher Sicht und vonseiten des Gesundheitsministeriums ist dies – Stand jetzt – der richtige Weg."

    Auf die Frage, ob es die Möglichkeit gibt, nach unberechtigten Impfungen den Träger oder die Einrichtung mit Sanktionen zu belegen, teilte Müller mit: "Bis jetzt gibt es keine solche Regelung auf bayerischer oder Bundesebene."

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Unberechtigte Corona-Impfungen schaden gesellschaftlichem Zusammenhalt

    Lesen Sie dazu auch:

    Stadt Augsburg widerspricht AWO-Darstellung im Impfskandal

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