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Aichach-Friedberg: Spaziergang statt Kinobesuch: Wie die Menschen Wald und Flur schaden

Aichach-Friedberg

Spaziergang statt Kinobesuch: Wie die Menschen Wald und Flur schaden

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    Im Schiltberger Forst sind heuer viele Spaziergänger unterwegs.
    Im Schiltberger Forst sind heuer viele Spaziergänger unterwegs. Foto: Michael Schmidberger (Archivfoto)

    In der Corona-Pandemie hat sich einiges verändert. Viele Menschen müssen momentan nicht nur von Zu Hause aus arbeiten, auch in der Freizeit hat manch einer ein neues Hobby für sich entdeckt: Spazierengehen. Im Wittelsbacher Land sind seit Beginn der Krise und der Kontaktbeschränkungen immer mehr Menschen in der Natur unterwegs. Das sorgt in einigen Gebieten für enorme Probleme.

    Mountainbiker sorgen für Unmut am Silberbrünnl

    Erich Hoffmann, Vorsitzender der Grubetfreunde Aichach, fasst die Situation im Landschaftsschutzgebiet am Silberbrünnl am Telefon so zusammen: "Man sieht den Wald vor lauter Menschen nicht mehr." Es seien momentan oft zwischen 300 und 500 Menschen in dem Waldgebiet zwischen

    Das Silberbrünnl im Wald zwischen Aichach und Hollenbach ist für viele ein ganz besonderer Ort.
    Das Silberbrünnl im Wald zwischen Aichach und Hollenbach ist für viele ein ganz besonderer Ort. Foto: Claudia Bammer

    Dort wachsen seltene Arten wie geflecktes Knabenkraut und Türkenbund. Unachtsame Spaziergänger, die nicht auf den Fußwegen unterwegs seien, würden diese zertreten. Ein weiteres Problem: Pflanzenräuber. "Manche Leute graben die Pflanzen aus und nehmen sie mit nach Hause", berichtet Hoffmann. Allerdings würde kaum eine von ihnen den Umzug in den heimischen Garten überleben. "Normalerweise wachsen sie im Moor. Da ist der Boden ganz anders", erklärt Hoffmann. Auch Pedelec-Fahrer und Mountainbiker sorgen bei ihm für Unmut. Viele würden nicht auf den Wegen bleiben, sondern durch den Wald fahren.

    Schiltberger Forst: Fast zu jeder Tageszeit viele Spaziergänger

    Das kann durchaus schwerwiegende Folgen für die Natur haben, weiß Beratungsförster Ralf Lojewski. "Wenn Radler nicht auf den Wegen unterwegs sind, beschädigen sie den Boden", sagt er am Telefon. Auf lange Sicht werde so ein wichtiger Lebensraum für Pflanzen zerstört. Lojewski wünsche sich, dass die Menschen mehr Rücksicht nähmen. Grundsätzlich findet er es aber nicht schlecht, dass sich momentan mehr Menschen in der Natur aufhalten. "Ich bin auch ein Stück weit stolz, dass die Leute ihre Heimat wiederentdecken und in der Natur unterwegs sind", sagt er. Besonders der Wald um das Silberbrünnl sei landschaftlich sehr schön. Daher überrasche es ihn nicht, dass dort besonders viele Menschen unterwegs seien. "Dieser Bereich und der Schiltberger Forst gehören auf jeden Fall zu den Hot-Spots", sagt er.

    Auch Franz Rieber, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, beobachtet, dass immer mehr Menschen in den Wäldern unterwegs sind. "Einer der Hauptgründe ist sicherlich, dass derzeit Alternativen bei der Freizeit- und Urlaubsgestaltung fehlen", so Rieber. Halten sich Spaziergänger oder Radler nicht an die Regeln im Wald, kann das auch für sie Folgen haben. "Verstöße gegen geltende Vorschriften stellen normalerweise Ordnungswidrigkeiten dar und werden als solche in der Regel mit Geldbußen geahndet", erklärt Rieber. Es können also Bußgelder verhängt oder Fahrräder eingezogen werden. "Im Landkreis wurde von dieser Möglichkeit bislang kein Gebrauch gemacht", sagt er.

    Brütende Vögel im Wald werden gestört

    Nicht nur Pflanzen, sondern auch die Tiere spüren den erhöhten Freizeitdruck. Rieber erklärt, dass vor allem brütende und nistende Vögel von Spaziergängern gestört werden. "In vielen Fällen so stark, dass die Tiere ihre Brutplätze verlassen oder die Brut unterbrechen." Im schlimmsten Fall überlebe der Nachwuchs nicht und die Population gehe zurück, so Rieber.

    Angela Rieblinger, Geschäftsführerin vom Landschaftspflegeverband Aichach-Friedberg, verdeutlicht dies am Beispiel der Kiebitze, die unter anderem bei Kissing und in der Nähe des Meringer Ortsteils St. Afra brüten: "Kiebitze werden zum Beispiel von Hunden oder Radfahrern, die sich ihrem Nest nähern, aufgeschreckt." Dieser Stress gehe nicht spurlos an den Vögeln und an deren Gelegen vorbei. "Es besteht dann durchaus die Gefahr, dass die Eier auskühlen oder das Tier das Nest komplett verlässt", sagt Rieblinger.

    Taglilienfeld in St. Stephan nicht in Gefahr

    In Rehlinger Ortsteil St. Stephan ist die Lage etwas anders. Dort befindet sich das Taglilienfeld, das seit 1982 unter besonderem Schutz steht. Der Verein "Freunde der Natur Rehling

    Für die Gemeinde Rehling ist es eine Aufgabe, das Taglilienfeld zu erhalten und zu schützen. Deshalb wird hier an der Süd- und Ostseite ein breiter Schutzgürtel angelegt, der auch als Ausgleichsfläche für das neue Baugebiet in Rehling dient. Im Hintergrund ist die Jakob-Siedlung von St. Stephan zu sehen.
    Für die Gemeinde Rehling ist es eine Aufgabe, das Taglilienfeld zu erhalten und zu schützen. Deshalb wird hier an der Süd- und Ostseite ein breiter Schutzgürtel angelegt, der auch als Ausgleichsfläche für das neue Baugebiet in Rehling dient. Im Hintergrund ist die Jakob-Siedlung von St. Stephan zu sehen. Foto: Josef Abt

    Damit meint er: Es sind vor allem Menschen, die ein grundsätzliches Interesse an Natur und Umweltschutz haben, die sich das Taglilienfeld anschauen würden. Ein Treffpunkt für Jugendliche oder Familien sei es eher nicht. Auch bei der jährlichen Flurreinigung ist ihm keine stärkere Verschmutzung aufgefallen. „Ich habe eher den Eindruck, dass an den Straßenrändern mehr Müll liegt“, berichtet Frei.

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