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Aichach-Friedberg: So laufen Corona-Impfungen durch Betriebsärzte

Aichach-Friedberg

So laufen Corona-Impfungen durch Betriebsärzte

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    Lisa Mitterhuber aus Handzell wird bei Julius Zorn (Juzo) in Aichach von Dr. Serban Stojakowits geimpft.
    Lisa Mitterhuber aus Handzell wird bei Julius Zorn (Juzo) in Aichach von Dr. Serban Stojakowits geimpft. Foto: Max Kramer

    Die Spritze ist aufgezogen, der Ärmel hochgekrempelt, Impfarzt Dr. Serban Stojakowits macht sich bereit. Doch kurz vor dem Einstich fällt der Frau, die auf dem grünen Stuhl Platz genommen hat, Entscheidendes auf: Sie ist, anders als zunächst behauptet, doch Rechtshänderin. "Mein Gott, so viel Aufregung", sagt die Frau Ende 50 und blickt fast beschämt in Richtung Fenster, von wo bunte Strümpfe weiche Schatten werfen. Dr. Stojakowits moderiert die Aufregung mit Ruhe und Erfahrung weg, sagt: "Wir impfen auch Rechtshänder, keine Angst. Wir wollen ja nicht, dass Ihnen morgen der falsche Arm wehtut. Dann einmal den linken Ärmel hoch, bitte." Eine halbe Minute später tritt die Frau wieder auf den Gang, wo ihre Kollegen von Julius Zorn schon warten. Weiter geht's.

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    Impfung durch Betriebsärzte: Julius Zorn in Aichach ist eine Ausnahme

    Für einige Angestellte im Landkreis Aichach-Friedberg sind es in der Tat aufregende Tage. Seit 7. Juni können Betriebsärzte gegen Corona impfen - und zwar ganz unabhängig von der Priorisierung. Für die erste Woche haben bundesweit 6300 Betriebsärzte Impfstoff bestellt, bekommen haben sie rund 700.000 Dosen von Biontech/Pfizer.

    Offizielle Zahlen zu teilnehmenden Unternehmen und Liefermengen im Landkreis Aichach-Friedberg haben weder das Landratsamt noch das Bayerische Gesundheitsministerium, da die Impfstoff-Bestellungen - ähnlich wie bei Hausarztpraxen - über Apotheken und Großhandel laufen. Wer sich dort umhört, erfährt jedoch schnell: Im großen Stil wird in den Betrieben im Wittelsbacher Land noch nicht geimpft, Bestellungen gibt es nur wenige.

    Karin Breitenbach aus Kühbach arbeitet seit gut zwei Jahren bei Julius Zorn. Am Freitag hat sie ihre Corona-Impfung durch einen Betriebsarzt bekommen.
    Karin Breitenbach aus Kühbach arbeitet seit gut zwei Jahren bei Julius Zorn. Am Freitag hat sie ihre Corona-Impfung durch einen Betriebsarzt bekommen. Foto: Max Kramer

    Unternehmen wie Julius Zorn (Juzo), am Standort Aichach 750 Mitarbeiter stark, sind bislang die Ausnahme. An diesem sonnigen Freitagvormittag werden dort, in direkter Nachbarschaft zur B300, 230 Angestellte geimpft. Über einen Seiteneingang geht es ins Foyer, das gleichzeitig Anmeldungsstelle und Wartebereich für die soeben Geimpften ist.

    Karin Breitenbach aus Kühbach hat ihren Termin gerade hinter sich, auf ihrem linken Oberarm klebt ein kleines Pflaster. Es ist ihr letzter Urlaubstag. Für die Impfung opfert sie ihn gerne. "Als abgefragt wurde, wer sich impfen lassen möchte, habe ich sofort gesagt: Ich bin dabei. Da musste ich nicht lange überlegen," sagt die 54-Jährige. Sie sei glücklich und erleichtert, jetzt an der Reihe gewesen zu sein.

    Corona-Impfungen im Drei-Minuten-Takt bei Juzo in Aichach

    Alle Juzo-Angestellten, die eine Impfung wollten, bekommen eine. Der Terminplan ist eng, geimpft wird im Drei-Minuten-Takt, von 9.30 Uhr bis in den Nachmittag. Eine logistische Herausforderung, die seit fünf Wochen vorbereitet werde, wie Marion Huber, stellvertretende Personalleiterin, im Foyer stehend erzählt: "Viele Informationen bekommen wir nur sehr kurzfristig. Bis heute wissen wir zum Beispiel nicht, wann der zweite Impftermin fix stattfinden kann. Geplant war in drei Wochen, Zusagen kann uns aber niemand geben. Das macht es nicht unbedingt einfacher." Die Organisation der Impfung im Gebäude sei allein sehr anspruchsvoll gewesen. Im Vergleich dazu sei der finanzielle Aspekt - die Aktion kostet das Unternehmen rund 15.000 Euro - das "kleinere Problem".

    Dass Juzo als eines der ersten Unternehmen im Landkreis impft, sei kein Zufall, sagt Geschäftsführer Jürgen Gold. "Wir wollten von Anfang an jede Möglichkeit nutzen." Nur etwa ein Viertel der Angestellten könne problemlos im Homeoffice arbeiten, der Rest sei auf persönlichen Kontakt mehr oder weniger angewiesen. "Unsere Bereiche sind eng miteinander verwoben, wir müssen viel direkt am Produkt abstimmen. Eine Maßanfertigung lässt sich nicht per Videokonferenz machen."

    Das Hygienekonzept im Betrieb funktioniere zwar. "Die Impfung jetzt gibt unseren Mitarbeitern aber noch mal deutlich mehr Sicherheit im Umgang miteinander." Druck auf die Mitarbeiter, sich impfen zu lassen, habe es jedoch nie gegeben. "Das ist und bleibt eine freiwillige, hochpersönliche Entscheidung."

    Betriebsarzt Florian Lippert impft fast wie am Fließband

    Im Gang warten die Mitarbeiter von Julius Zorn auf ihre Corona-Impfung.
    Im Gang warten die Mitarbeiter von Julius Zorn auf ihre Corona-Impfung. Foto: Max Kramer

    Zwischen Foyer und den Impfzimmern liegt ein Gang. Dort sitzen diejenigen, die gleich dran sind. Die Stimmung ist zweigeteilt: Ein junger Mann blickt angespannt in die Tiefe des Gangs, drei Plätze weiter redet sich eine Frau mit Handtasche auf dem Schoß die Aufregung gegenüber der Sitznachbarin von der Seele.

    Viele kommen gerade von der Arbeit und kehren nach Impfung und 15 Minuten Wartezeit dorthin wieder zurück. Für alle Fälle ist ein ehrenamtliches Team des Bayerischen Roten Kreuzes im Foyer postiert. Als eine junge Frau Kreislaufprobleme bekommt, ist es sofort zur Stelle und kümmert sich darum, dass sie in einem Zimmer versorgt wird.

    Direkt nebenan, in den improvisierten Impfräumen, läuft der Betrieb auf Hochtouren. Ein Mitarbeiter nach dem anderen wird von den beiden Impfärzten Dr. Stojakowits und Dr. Florian Lippert aufgerufen. "Medizinisch ist das für uns keine große Herausforderung, wir können impfen wie am Fließband", sagt Dr. Lippert, der wie Dr. Stojakowits von einer Assistentin des Dienstleisters Vitolus unterstützt wird. Er begrüße, dass über die Betriebe nun in der Breite mehr geimpft werden könne - auch wenn gleichzeitig Priorisierte noch auf der Warteliste stünden. "Wir müssen schauen, dass wir möglichst viele Leute schnell durchimpfen." Zumindest bei Julius Zorn ist dieses Ziel am Freitagabend erreicht: Am Ende des Impftags haben - bereits zuvor Geimpfte eingeschlossen - mehr als zwei von drei Angestellten eine Corona-Impfung erhalten.

    Betriebsarzt Dr. Florian Lippert und Assistentin Tamara Ittner.
    Betriebsarzt Dr. Florian Lippert und Assistentin Tamara Ittner. Foto: Max Kramer

    Auch Haimer in Igenhausen impft 60 Mitarbeiter

    Gut sechs Kilometer nordwestlich von der Aichacher Industriestraße, im Hollenbacher Ortsteil Igenhausen, findet zeitgleich dieselbe Prozedur statt - wenn auch in etwas kleinerer Dimension: Wo Mitarbeiter des Maschinenbauunternehmens Haimer sonst mit Metallzerspanung beschäftigt sind, bereiten sie sich nun auf den begehrten Piks vor. 150 Angestellte haben sich für eine Impfung durch Betriebsarzt Dr. Alexander Hatz angemeldet. An diesem Freitagvormittag kommen 60 dran - vorne an der Reihe sind diejenigen, die eng an Maschinen arbeiten müssen, Kundenkontakt haben oder zu einer der Priorisierungsgruppe gehören. Alle anderen sollen in den kommenden Wochen folgen.

    Auch das Maschinenbauunternehmen Haimer aus Igenhausen hat Mitarbeiter gegen Corona geimpft. Im Bild: Betriebsarzt Dr. Alexander Hatz und seine Tochter und Assistenzärztin Anna Hatz.
    Auch das Maschinenbauunternehmen Haimer aus Igenhausen hat Mitarbeiter gegen Corona geimpft. Im Bild: Betriebsarzt Dr. Alexander Hatz und seine Tochter und Assistenzärztin Anna Hatz. Foto: Tobias Völker

    Kathrin Haimer, Prokuristin und Leiterin Personal bei Haimer, ist erleichtert: "Endlich können wir als Arbeitgeber nun auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein Impfangebot unterbreiten und so einen wichtigen Beitrag zu deren Sicherheit sowie zur Bekämpfung der Pandemie leisten." Insgesamt sind am Standort Igenhausen 500 Mitarbeiter beschäftigt. Nach Unternehmensangaben ist ein "größerer Teil der Belegschaft" jedoch schon auf anderen Wegen geimpft worden, etwa durch ehrenamtliches Engagement in der Freiwilligen Feuerwehr.

    Wann können auch kleinere Unternehmen in Aichach-Friedberg Impfungen anbieten?

    Nun zählen Juzo und Haimer zu den größten Arbeitgebern im Wittelsbacher Land, sie können in den Betrieben auf entsprechende Infrastruktur für Corona-Impfungen zurückgreifen. Dass kurzfristig auch in kleineren Firmen im großen Stil geimpft wird, bezweifelt Betriebsarzt Dr. Florian Lippert. "Für die meisten ist das momentan nicht zu schultern, der organisatorische Aufwand ist irre. So eine Impfung kann man nicht einfach im Brotzeitraum verabreichen."

    Besuch Julius Zorn Aichach Corona Impfung Betriebsarzt Betriebsbärzte
    Besuch Julius Zorn Aichach Corona Impfung Betriebsarzt Betriebsbärzte Foto: Max Kramer

    Als Reaktion auf Kritik, dadurch würden die Angestellten kleinerer und mittlerer Betriebe auf der Strecke bleiben, hat das Bayerische Gesundheitsministerium angekündigt, dass die Impfzentren stärker eingebunden werden sollen. Auch im Landkreis Aichach-Friedberg gäbe es dafür Kapazitäten, wie Landratsamtssprecher Wolfgang Müller bestätigt. "Der derzeitige Umfang der Impfstofflieferungen erschöpft nicht die Kapazitäten der Impfzentren. Je nach Art der gewünschten Unterstützung könnten die Betriebe durch ein mobiles Team des Impfzentrums unterstützt werden oder dem Betriebsarzt die Räumlichkeiten im Impfzentrum zur Verfügung gestellt werden."

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