Noch bevor das Virus da ist, sind die Desinfektionsmittel weg. Auch Schutzmasken sind ausverkauft. Am 4. März wird die erste Covid-19-Erkrankung im Landkreis labormedizinisch bestätigt. In den Supermärkten kommt es zu Hamsterkäufen. Das Virus legt schnell das öffentliche Leben lahm.
Ab 16. März sind alle Schulen und Kitas dicht. In Bayern wird der Katastrophenfall ausgerufen. Er dauert bis Mitte Juni. Ab 17. März schließen Freizeiteinrichtungen, Gastronomie und große Teile des Einzelhandels. Die Bayerische Staatsregierung verhängt Ausgangsbeschränkungen.
Im Juni wird Aichach-Friedberg bundesweit einziger Corona-Hotspot
Ende März sterben die ersten drei Landkreisbürger. Zwei sind Bewohner des Heims der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Aichach. In den nächsten Wochen sterben weitere 15 Bewohner des Heims. Gesundheitsamtsleiter Dr. Friedrich Pürner und die AWO machen sich gegenseitig schwere Vorwürfe. Von Ende März bis 22. April werden im Heim über die Hälfte der rund 60 Bewohner und knapp ein Viertel der rund 90 Mitarbeiter positiv getestet. Nach der Anzeige einer Angehörigen eines verstorbenen Bewohners durchsucht die Kripo im Juli das Heim.
Ab Ende April nimmt das öffentliche Leben wieder Fahrt auf. Der Einzelhandel freut sich über erste Lockerungen. Die ersten Schüler kehren in den Unterricht zurück. Die Friseure bändigen ab Mai die „Corona-Frisuren“ ihrer Kunden. Mitte Mai nehmen Sportvereine wieder den Betrieb auf. Die Außengastronomie darf unter Auflagen öffnen.
Im Juni wird der Landkreis kurzzeitig bundesweit einziger „Corona-Hotspot“. Von über 500 Tests bei der Lohner Agrar GmbH in Inchenhofen fallen 96 positiv aus. Sie beendet vorzeitig die Spargelerntesaison. Keiner der Mitarbeiter hat laut Gesundheitsamt Symptome.
Nach den Sommerferien gilt im Unterricht Maskenpflicht
In den ersten zwei Wochen des neuen Schuljahres gilt im Unterricht und auf dem Schulgelände für fast alle Schüler und Lehrer Maskenpflicht. Im Oktober werden erneut Erntehelfer positiv getestet – vier auf einem Obsthof bei Adelzhausen, einer in einem landwirtschaftlichen Unternehmen in Inchenhofen.
Am 18. Oktober steigt die Sieben-Tage-Inzidenz über den Wert von 50. Nun gelten wieder strengere Regeln. Zwei Tage zuvor protestieren die „Corona-Skeptiker Wittelsbacher Land“ mit einem Fackelmarsch in Aichach gegen die Auflagen. Ende Oktober steigt die Sieben-Tage-Inzidenz auf über 100. Rund 25 Menschen demonstrieren vor der Sitzung des Aichacher Stadtrats gegen die Maskenpflicht im Unterricht.
Nachdem Gesundheitsamtsleiter Pürner mehrfach Teile der bayerischen Corona-Strategie kritisiert hat, wird ihm eine neue Stelle zugeteilt. Er spricht von „Strafversetzung“, was die Bayerische Staatsregierung zurückweist. Seine Versetzung, aber auch seine Aussagen zuvor lösen mehrfach kontroverse Reaktionen aus. Vor dem Landratsamt demonstrieren rund 100 Leute unter anderem gegen seine Versetzung.
800 Menschen demonstrieren in Aichach gegen die Corona-Auflagen
Pürners Nachfolgerin, Dr. Kirsten Höper, bekommt es gleich mit einem Corona-Ausbruch im Spital in Aichach zu tun. Mitte November werden 36 Bewohner und 24 Mitarbeiter positiv getestet. Höper beklagt Versäumnisse des Heims. Bis Monatsende sterben elf Bewohner. Unterdessen demonstrieren im November laut Polizei 800 Menschen am Aichacher Volksfestplatz gegen die Corona-Auflagen. Pürner wird als Held gefeiert. Die Großdemo mit teils umstrittenen Rednern bleibt friedlich. Organisiert wird sie von Querdenken Augsburg. Noch vor der Demo tritt Patrick Kügle, Sprecher der „Corona-Skeptiker“, als Stadtrat zurück und aus der FDP aus.
Ab Mitte November mehrt sich die Zahl positiv Getesteter in den Seniorenheimen, etwa im Haus an der Paar in Aichach (18 Bewohner) oder Pro Seniore in Friedberg (elf Mitarbeiter, 19 Bewohner). Auch aus Kindergärten, Schulen und Asylunterkünften werden zunehmend Fälle gemeldet. Von März bis Ende November erhalten über 2000 Landkreisbewohner ein positives Testergebnis, 35 Menschen sterben.
Das öffentliche Leben kommt mit dem später verschärften Teil-Lockdown ab November erneut zum Erliegen. Weil alle Weihnachtsmärkte ausfallen, gibt es zahlreiche Alternativ-Aktionen. Weihnachten wird, wenn auch anders, trotzdem gefeiert.
Lesen Sie auch:
- Corona-Fall bei Erntehelfer: Über 100 Menschen müssen jetzt in Quarantäne
- Reaktionen zur Pürner-Versetzung: "Die richtige Entscheidung"