Im Gegensatz zu mehreren Nachbar-Landkreisen verzichtete der Landkreis Aichach-Friedberg zuletzt auf Sonder-Impfaktionen mit AstraZeneca. Begründet wurde die Entscheidung unter anderem mit Vorgaben des Gesundheitsministeriums, möglichen nachträglichen Problemen bei der Abrechnung und fehlender Flexibilität im Impf-Modell des Landkreises. Dies rief unter Landkreis-Bürgern und niedergelassenen Ärzten massive Kritik hervor. Nun hat Landrat Klaus Metzger reagiert - und Vorwürfe, der Landkreis würde zu langsam impfen, zurückgewiesen.
Klaus Metzger, Landrat von Aichach-Friedberg: "Impffortschritt im Soll"
"Bei allem Verständnis dafür, dass die Menschen möglichst schnell geimpft werden, bitte ich die Kritiker schon sehr darum, die Fakten zur Kenntnis nehmen", wird Metzger in einer Pressemitteilung des Landratsamtes von Dienstagnachmittag zitiert. "Wir haben letzte Woche 1250 Erstimpfungen mit AstraZeneca durchgeführt – nicht in einer Sonderaktion, sondern in der regulären Impfreihenfolge." Das Gesundheitsministerium hatte gegenüber unserer Redaktion bestätigt, alle bayerischen Impfzentren und Regierungskoordinatoren hätten für den Zeitraum vom 5. bis zum 18. April Impfstoff von AstraZeneca "freihändig" bestellen können - also "unabhängig von der Zuteilung nach Bevölkerungsschlüssel nach ihrem Bedarf". So seien "Sonder-Impfaktionen" für über 60-Jährige möglich gewesen.
Auch der Landkreis hätte so zusätzliche Dosen bestellen können. Trotz des Verzichts darauf, betont Metzger, liege man beim Impffortschritt" im Soll. Wären wir in den letzten Monaten regelmäßig und zuverlässig mit ausreichend Impfstoff versorgt worden, wären wir erst gar nicht in eine solche Lage gekommen.“
Wittelsbacher Land liegt bei Corona-Impfungen "im Durchschnitt"
Wie es in der Mitteilung weiter heißt, schneide der Landkreis Aichach-Friedberg im Vergleich der schwäbischen Landkreise keineswegs schlecht, sondern durchschnittlich ab. "In dieser Woche erhält der Landkreis Aichach-Friedberg eine Sonderzuweisung von 1.120 Impfdosen Biontech. Damit liegt der Impffortschritt im Landkreis Aichach-Friedberg im Durchschnitt, was die Impfungen in Impfzentren angeht." Es gebe auch einige Landkreise, die für die vergangene Woche "keine einzige Dosis" AstraZeneca angefordert hätten. Am 12. März sei die Vorgabe des Gesundheitsministeriums gewesen, die Kapazitäten in den Impfzentren nicht weiter auszubauen. Die "freihändige" Bestellung sei nicht dazu gedacht gewesen, zusätzliche Dosen an Hausarzt-Praxen zu verteilen. Deren Impfstoff-Bestellungen liefen nicht über die Impfzentren.
Zum Vergleich zieht der Landkreis den Nachbar-Landkreis Augsburg heran. Dort lebten ziemlich genau doppelt so viele Einwohner wie im Wittelsbacher Land. In der vergangenen Woche seien für den Landkreis Augsburg - inklusive Sonder-Impfaktion - 9000 Impfungen angekündigt worden. Im Vergleich dazu habe man im Landkreis Aichach-Friedberg allein über die Impfzentren gut 4900 Impfungen durchgeführt, also etwas mehr als doppelt so viel als die Hälfte. Dabei habe sich der Betreiber der Impfzentren, die externe Firma Vitolus, "sehr flexibel" gezeigt und statt der vorgesehenen 600 Impfungen pro Tag kurzfristig bis zu 700 Impfungen pro Tag durchgeführt.
"Voller Erfolg": Landkreis Dachau feiert Impfturbo durch Sonderaktionen
Anders als der Landkreis Aichach-Friedberg griff der Landkreis Dachau, wie viele weitere in Bayern, auf zusätzliche AstraZeneca-Dosen für Sonderaktionen zu. Der dadurch ermöglichte "Impfturbo" sei ein "voller Erfolg" geworden, meldete das dortige Landratsamt am Montag. In den zehn Tagen bis zum vergangenen Sonntag hätten 14.230 Landkreisbürger ihre erste Corona-Impfung erhalten: 10.610 durch die Impfzentren sowie durch einen Sonderimpftag am Sonntag in der Realschule Dachau, 3620 weitere in Hausarzt-Praxen. Dem Vernehmen nach kamen alleine 8000 zusätzliche Impfdosen aus der Sonderzuweisung des Gesundheitsministeriums. Um diese Dosen verimpfen zu können, hatte der Landkreis Dachau zusätzlich auf niedergelassene Ärzte und ehrenamtliches medizinisches Personal zurückgegriffen. Durch den "Impfturbo" stieg die Quote der Erstimpfungen im Landkreis Dachau bis Sonntag auf 24,3 Prozent.
Im Landkreis Aichach-Friedberg hatten bis Sonntag, 18. April, über Impfzentren und Hausarzt-Praxen rund 25.760 Menschen im Landkreis ihre erste Impfung bekommen, rund 8070 ihre zweite. Übertragen auf die Gesamtbevölkerungszahl bedeutet das: 19,1 Prozent der Menschen im Landkreis sind einfach geimpft, 6 Prozent zweifach. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) lagen die Quoten der Erst- und Zweitgeimpften in Bayern zu diesem Zeitpunkt bei 20,3 und 6,7 Prozent, in ganz Deutschland bei 19,8 und 6,6 Prozent.
Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis Aichach-Friedberg sinkt leicht
Unterdessen ist der Aufwärtstrend der Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis gestoppt. Sie lag am Dienstag nach Auskunft des Robert-Koch-Instituts (RKI) bei 163,4 - und damit etwas niedriger als am Vortag (171,5). Neue Fälle von positiv Getesteten meldete das Landratsamt am Dienstag an mehreren Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen: an der Realschule Aichach wurde eine Person positiv getestet, 16 enge Kontaktpersonen sind in Quarantäne. An der FOS/BOS Friedberg wurde ebenfalls eine Person positiv getestet, zehn enge Kontaktpersonen sind in Quarantäne. Am Kindergarten St. Elisabeth in Kissing gibt es zwei positiv Getestete (29 enge Kontaktpersonen sind in Quarantäne), und an der Kita Maria Heimsuchung in Eurasburg sind es drei positiv Getestete und 32 enge Kontaktpersonen.
In der Asylunterkunft Friedberg, wo in der vergangenen Woche zwei Personen positiv getestet worden waren, wurde am Montag eine Reihentestung unter den 66 Bewohnern durchgeführt. Noch liegen laut Landratsamt nicht alle Befunde vor.
Zahl der Corona-Patienten am Aichacher Krankenhaus steigt deutlich
Die Zahl der Corona-Patienten am Aichacher Krankenhaus ist deutlich gestiegen. Wurden dort am Montag zehn positiv Getestete stationär behandelt, waren es am Dienstagmorgen 16. Fünf Personen liegen auf der Intensivstation und müssen beatmet werden.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Landkreis verzichtet auf Dosen: Es braucht Corona-Impfungen um jeden Preis
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