Einen Riesenandrang gab es am Dienstag in vielen Apotheken im Wittelsbacher Land. Der Grund: Der Start einer unvergleichbaren Aktion zum Schutz vor Corona. Risikogruppen wie Senioren über 60 Jahren und Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen konnten sich erstmals drei kostenlose FFP2-Masken in der Apotheke abholen. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte dieses Geschenk erst vor wenigen Tagen versprochen. Diese Kurzfristigkeit stellte die Apotheken vor große Herausforderungen und führt - trotz des guten Willens - auch zu Kritik aus Aichach.
Gabriele Fläxl findet es "absolut unmöglich" von der Politik, den Apotheken in der Vorweihnachtszeit diese Mammutaufgabe aufzuerlegen. Sie arbeitet in der Wittelsbacher Apotheke in Aichach, die ihr Mann Georg betreibt. Dort wurden am Dienstag noch keine kostenlosen FFP2-Masken ausgegeben. Die Masken sind bestellt, die Apotheke wartet aber noch auf die Lieferungen. "Wir können die Masken nicht herzaubern", sagt Gabriele Fläxl. Immerhin hätten über 18.000 Apotheken in Deutschland derartige kurzfristige Bestellungen aufgegeben.
Kunden in Aichach reagieren ungehalten
Laut Fläxl haben viele Kunden mit Unverständnis oder gar ungehalten reagiert, als sie in der Apotheke keine Masken bekommen haben. Die Pharmazeutisch-Technische Assistentin (PTA) befürchtet zudem, dass bei dieser Aktion viel Missbrauch betrieben wird. Da außer einem Personalausweis keine weitere Bestätigung nötig ist, rechnet Fläxl damit, dass sich Menschen in mehreren Apotheken je drei kostenlose Masken abholen.
Um dies zumindest in den eigenen Apotheken ein wenig kontrollieren zu können, werden in den vier Apotheken von Dr. Hannes Proeller der Name und das Geburtsdatum der Masken-Empfänger aufgeschrieben. Proeller betreibt unter anderem die Rosenapotheke in Friedberg und die Schloss-Apotheke in Affing. Am Dienstag wurden die ersten Masken ausgegeben, teilweise wateten die Kunden schon vor der Öffnung vor dem Haus. "Wir haben einen guten Vorrat", berichtet die Friedberger Filialleiterin Patrizia Reich. Aufgrund des Ansturms schätzt sie aber, dass die Masken, die ihre Apotheke verteilen kann, schon zum Ende der Woche aufgebraucht sind.
FFP-Masken sind sicherer
FFP-Masken schützen nicht nur andere Menschen vor einer Infektion, sondern auch den Träger selbst. Sie sind sicherer als ein Mund-Nasen-Schutz aus Stoff, da sie einen Filter besitzen, der feinste Partikel aus der Luft auffangen kann. Neben den drei kostenlosen Masken im Dezember stehen jedem Risikopatienten ab Januar nochmals zwölf vergünstigte FFP2-Masken zu. Betroffene bekommen dafür von ihrer Krankenkasse zwei Coupons für jeweils sechs Masken zugeschickt. Diese können sie in der Apotheke einlösen, wobei pro eingelöstem Coupon ein Eigenanteil von zwei Euro fällig wird. Insgesamt sollen damit 27 Millionen Bundesbürger versorgt werden. Nach Auskunft der befragten Apotheker kostet eine reguläre FFP2-Maske derzeit, je nach Tagespreis, zwischen zwei und neun Euro.
In der Bärenapotheke in der Aichacher Sudetenstraße verlief die Maskenausgabe am Dienstag reibungsloser als befürchtet. Wie Inhaber Axel Politynski berichtet, kam es lediglich mal zu kleineren Schlangen. Jedoch arbeitete eine Apothekerin zusätzlich mit. Und allein zwei Kräfte waren mit Telefonieren beschäftigt. Schon bis zum Mittag seien rund 100 Anrufe eingegangen. Die Anrufer wollten unter anderem wissen, ob Masken reserviert werden können und ob sie auch ausgeliefert werden. Beides ist aber nicht möglich, so Politynski. Der Ansturm in der Bärenapotheke war letztlich so groß, dass die Masken am Dienstag schon vor Ladenschluss aus waren. Jetzt wird auf neue Ware gewartet. Der Apotheker findet diese Idee der Corona-Bekämpfung dennoch gut: "Ich freue mich, dass wir da mithelfen können."
Dennoch hält Apotheker Harald Tschernek den Vorlauf für viel zu kurz: "Das ist ein Riesenchaos. Wir mussten innerhalb von drei Tagen schauen, wie wir Ware in diesen Massen bekommen." Tschernek betreibt mit seiner Frau die Easy-Apotheke auf dem Aichacher Milchwerk-Gelände, eine weitere Easy-Apotheke in Neuburg und zwei Apotheken in Pöttmes. Während in Aichach und Neuburg bereits Masken ausgegeben wurden, wurde in Pöttmes noch auf größere Lieferungen gewartet. Auch Tschernek fürchtet Betrug und dass die zur Verfügung stehenden Masken nicht für die gesamte Bevölkerung reichen könnten. Er setzt auf eine geordnetere Ausgabe im Januar, wenn die Kunden Berechtigungsscheine von ihren Krankenkassen bekommen. (mit sge)
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