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Kliniken an der Paar reißen zweistelliges Millionen-Loch
![Der Landkreis muss für das vergangene und das aktuelle Jahr mit rund 17 Millionen Euro an Verlust und Tilgung für die Kliniken in Aichach (Bild) und Friedberg rechnen. Der Landkreis muss für das vergangene und das aktuelle Jahr mit rund 17 Millionen Euro an Verlust und Tilgung für die Kliniken in Aichach (Bild) und Friedberg rechnen.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/16x9.png)
Landkreis muss rund 17 Millionen zahlen, um Betriebsverluste auszugleichen und Darlehen für den Neubau in Aichach zu tilgen. Die Verschuldung steigt deutlich an.
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In der idealen Finanzwelt des Wittelsbacher Landes – also in einer Welt ohne Krankenhausdefizit – wäre der Landkreis Aichach-Friedberg selbst schon Ende des Jahres völlig schuldenfrei. Und der Eigenbetrieb Kliniken an der Paar würde in den nächsten Jahren seine Darlehen aus dem Neubau des Aichacher Krankenhauses aus den erzielten Betriebsgewinnen regelmäßig und kontinuierlich abzahlen. Nun, in der Wirklichkeit muss der Kreis für das vergangene Jahr 8,5 Millionen Euro Verlustausgleich für die Häuser in Aichach und Friedberg drauflegen und in diesem Jahr voraussichtlich 6,2 Millionen und dazu noch jeweils rund eine Million für die Rückzahlung der Bauschulden. Von der Erwirtschaftung der Tilgung kann bei solchen roten Zahlen natürlich nicht mehr die Rede sein und von diesem Wunschgedanken haben sich die Kreispolitiker auch schon längst wieder verabschiedet.
Kreisräte stöhnen über Minus, wollen aber beide Krankenhäuser halten
„Insgesamt 17 Millionen Euro in zwei Jahren“, rechnete Landrat Klaus Metzger das Loch hoch, dass die Kliniken im Kreishaushalt reißen. Die Folge: Trotz Einnahmen in nie gekannter Höhe und einer Rücklage von 14,6 Millionen aus dem Vorjahr durch geplante, aber nicht ausbezahlte oder erledigte Aufgaben steigt die Gesamtschuldenlast (Landkreis und Krankenhäuser) nach vielen Jahren des Abbaus wieder an (siehe unten). Um den Schuldenberg zu begrenzen, soll die Kreisumlage um 1,5 Punkte auf 49,5 steigen. Das heißt, die 24 Kommunen müssen deutlich mehr überweisen als im vergangenen Jahr. Denn neben der höheren Umlage schlägt auch zu Buche, dass die zugrunde gelegte Steuerkraft der beiden Städte, fünf Märkte und 17 Gemeinden gewachsen ist. Statt 71,5 Millionen (2019) liefern sie heuer 79,5 Millionen ab, also acht Millionen Euro mehr. Zum Vergleich: 2008, also vor zwölf Jahren, kassierte der Kreiskämmerer noch rund 42 Millionen ein – etwas mehr als die Hälfte. Normalerweise sorgt so eine Konstellation in einem Wahljahr für erregte Diskussionen und gern wird dann von „Raubrittertum“ gesprochen. In den vom Landrat wieder vorab durch Einbindung aller Fraktionen geschickt moderierten Etatberatungen ist das nicht der Fall. Einige Kreisräte stöhnten, aber alle Mitglieder des Kreisausschusses stimmten dem Entwurf für den Haushalt 2020 in der letzten Vorberatung in dieser Woche zu. Tenor durch die Fraktionen: Für den Erhalt beider Kliniken sind wir bereit, zumindest mittelfristig finanzielle Kröten zu schlucken. Die endgültige Entscheidung trifft der Kreistag in zwei Wochen, doch alles andere als eine Verabschiedung anhand der vorliegenden Zahlen wäre jetzt eine faustdicke Überraschung.
![Nach dem Umzug vom alten ins neue Aichacher Krankenhaus sind die Defizite, die der Landkreis ausgleichen muss, nicht gesunken, sondern gestiegen. Nach dem Umzug vom alten ins neue Aichacher Krankenhaus sind die Defizite, die der Landkreis ausgleichen muss, nicht gesunken, sondern gestiegen.](https://www.augsburger-allgemeine.de/resources/1715673836705-1/ver1-0/img/placeholder/1x1.png)
Krankenhäuser: Bislang weit über 100 Millionen Verluste seit 1972
Zur Entwicklung des Klinikdefizits hilft ein Blick in frühere Zahlenwerke: Seit der Landkreis-Fusion 1972 wurden zwischen Lech und Weilach in fast fünf Jahrzehnten insgesamt deutlich über 100 Millionen Euro zunächst in fünf Kliniken gepumpt. Die extrem kleinteilige Struktur verschlang hohe Summen: Die Krankenhäuser Pöttmes und Aindling wurden deshalb als erste geschlossen, Anfang des Jahrtausends folgte Mering. Aber auch danach zahlte der Kreis drauf: Negativ-Rekordjahr war bis dato 2002 mit einem Fehlbetrag von 5,5 Millionen Euro. In den Folgejahren sank das Defizit fast bis auf die sogenannte schwarze Null mit einem Minus von nur noch 100.000 Euro (2010), um seither wieder kontinuierlich anzusteigen. Für 2017 wurden rund vier Millionen Miese vorausgesagt. Durch Optimierungen waren es am Ende nur noch zwei Millionen. Ähnlich lief es 2018: 4,6 Millionen standen im Etat, rund zwei Millionen wurden fällig. Regelrecht explodiert ist das Defizit dann 2019. Beim Beschluss für einen Nachtragshaushalt ging der Kreistag im Herbst noch von einem Defizit von mehr als elf Millionen Euro aus.
Klinikdefizit: November und Dezember sind schlechter gelaufen als Oktober
Mit 8,5 Millionen liege man zwar darunter, aber man habe sich erhofft, dass es noch weniger sei, bekannte Georg Großhauser in der Sitzung bei der Vorstellung der Zahlen: „Das ist eine Menge Geld.“ Seit der Abberufung von Klinik-Geschäftsführer Krzysztof Kazmierczak Ende August leitet Großhauser, Abteilungsleiter im Landratsamt, den Eigenbetrieb übergangsweise und gemeinsam mit Peter Schiele. Die Monate November und Dezember seien nicht so gut gelaufen wie der Oktober, berichtete Großhauser. Die Prognose für den Verlustausgleich in der Zukunft: 6,2 Millionen (2020), 7,3 Millionen (2021), 6 Millionen (2022), 5 Millionen (2023). Das ist keine ideale Finanzwelt für das Wittelsbacher Land, kommt ihr aber zumindest wieder etwas näher.
Zahlen aus dem Kreishaushalt 2020
Verwaltungsetat 136,2 Millionen Euro (Ansatz 2019: 126,1 Millionen, Ergebnis 2018: 121,1 Millionen, Ergebnis 2017: 116,2 Millionen, 2016: 113,3 Millionen, 2015: 104,7 Millionen, 2014: 96,1 Millionen, 2013: 88,7 Millionen) für die laufenden Ausgaben des Landkreises.
Vermögensetat 16,2 Millionen Euro (Ansatz 2019: 18,9 Millionen, Ergebnis 2018: 20,9 Millionen, Ergebnis 2017: 22 Millionen, 2016: 22,3 Millionen, 2015; 26,5 Millionen, 2014: 27,5 Millionen) vor allem für die Bauinvestitionen des Landkreises.
Kreisumlage Prozentualer Anteil des Landkreises an den Steuereinnahmen der 24 Kommunen. Seit der Gründung des Landkreises (1972) lag die Umlage immer über 40 Prozent. Höchststand war im Jahr 2005: 52 Prozent. Seit 2012 lag die Umlage fünf Jahre lang konstant bei 49,95 Prozent. 2017 wurde die Umlage auf 49,5 Prozent gesenkt, 2018 auf 49 Prozent und 2019 auf 48 Prozent. Für 2020 wird mit 49,5 Prozent kalkuliert. Der Kreisausschuss hat dem jetzt einhellig zugestimmt. Die endgültige Entscheidung trifft der Kreistag, wenn der Kreisetat in zwei Wochen verabschiedet wird.
Wichtigste Einnahmen Kreisumlage (79,5 Millionen bei 49,5 Prozent Hebesatz), Schlüsselzuweisung vom Staat (22,6 Millionen).
Wichtigste Ausgaben Bezirksumlage (36 Millionen), Betriebsaufwand für laufende Ausgaben der Kreisverwaltung (28 Millionen), Personal (20,8 Millionen), Jugendhilfe (10,4 Millionen), Defizit Kliniken (9,5 Millionen), Defizit-Anteil am Augsburger Verkehrsverbund (7,2 Millionen), Grundsicherung und Sozialhilfe (6,5 Millionen).
Investitionen Hochbau (insgesamt 5,7 Millionen) Unter anderem Neubau Vinzenz-Pallotti-Schule in Friedberg, Planung Erweiterung Landratsamt in Aichach, Sanierung Gymnasium in Friedberg.
Investitionen Straßenbau (insgesamt 3,6 Millionen) Unter anderem Ausbau AIC 12 (Mering bis Unterbergen) mit Kreisverkehr, Radwegebau, Ortsdurchfahrt Schmiechen.
Schulden Kliniken Durch den Klinikneubau in Aichach (Gesamtkosten: rund 50 Millionen Euro) steigt der Schuldenstand von 26,7 Millionen (Jahresende 2018) auf voraussichtlich rund 40 Millionen zum Jahresende 2020. Das ist auch nahezu der aktuelle Stand Ende 2019. Laut mittelfristiger Finanzplanung sinken die Schulden der Kliniken bis 2023 aber wieder auf 33,3 Millionen.
Schulden Kreis Der Landkreis selbst hat seine Schulden seit Jahren verringert: von 40,5 Millionen Euro (Ende 2008) und 17,7 Millionen (Ende 2017) auf 15 Millionen (Ende 2018) und aktuell 12,7 Millionen (Ende 2019). Vorläufiger Tiefststand ist laut Finanzplanung voraussichtlich 8,5 Millionen (Ende 2021). Dann geht es wieder nach oben.
Gesamtschulden Die sind vom Tiefstand Ende 2017 (insgesamt 31,2 Millionen) auf über 52,6 Millionen zum Jahresende 2019 gestiegen. Laut Plan gehen sie wieder zurück auf 50,5 Millionen (Ende 2020) und 45,4 (Ende 2021).
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