Die Spargelsaison 2020 ist in vollem Gange. Durch die Wärme wächst der Spargel im Moment besonders schnell. So schnell, dass Claudia Westner die Folien auf den Feldern bereits auf die weiße Seite gedreht hat, damit er langsamer wächst. Denn ihr fehlen im Vergleich zu einer normalen, coronafreien Saison fast die Hälfte ihrer Erntehelfer aus Polen. Regulär hätte die Vorsitzende des Spargelerzeugerverbandes Südbayern 16 Helfer auf ihrem Hof im Kühbacher Ortsteil Haslangkreit, dieses Jahr muss sie sich mit neun Erntehelfern aus Polen begnügen. Allerdings wird auch der Absatz dieses Jahr aufgrund der geschlossenen Gastronomie deutlich geringer sein als sonst.
Claudia Westner hat daher entschieden, rund 40 Prozent ihrer Flächen nicht abzuernten. Anfragen von freiwilligen Helfern aus der Region gab es dank der vielen Aufrufe zu Beginn der Saison genügend. Allerdings war es für Westner auf ihrem Hof nicht möglich, die ungeübten und unerfahrenen Helfer entsprechend einzulernen. Des Weiteren wäre es logistisch ein Problem geworden, die Freiwilligen von den polnischen Helfern zu trennen, um das Infektionsrisiko möglichst gering zu halten.
Spargel: Landwirte von der Hilfsbereitschaft positiv überrascht
Bei den polnischen Erntehelfern kann gewährleistet werden, dass diese unter sich und auf dem Hof bleiben. Die freiwilligen Helfer wären nach getaner Arbeit jeden Tag zurück nach Hause zu ihren Familien gefahren. Aus diesen Gründen hat Westner auf Helfer aus der Region verzichtet, war aber von der Hilfsbereitschaft positiv überrascht. „Dafür, dass es im März so aussah, als könnten wir die Arbeit gar nicht aufnehmen, bin ich glücklich, wie es jetzt läuft“, sagt Claudia Westner.
Das Angebot von 15 freiwilligen Helfern hat Klaus Mahl auf seinem Obsthof in Haunsried bei Adelzhausen schon früh angenommen. Diese wurden hauptsächlich zum Vorbereiten und zur Kulturpflege eingesetzt. Allerdings haben die meisten von ihnen mittlerweile aus unterschiedlichen Gründen wieder aufgehört. Somit hat er aktuell, jetzt wo der Spargel zu stechen ist und die Erdbeerernte beginnt, nur noch vier einheimische Helfer. „Die restliche Arbeit ist zum Glück wieder ganz gut abgedeckt“, beteuert Mahl.
Spargel: Nachfrage aus der Gastronomie fehlt
Anni Reichhold hat ihren Hof in Kühbach-Stockensau und setzt schon immer auf die Hilfe von vielen, meist Hausfrauen, aus der Region. „Wir stechen nur vormittags den weißen Spargel“, erklärt sie. Nachmittags werde der grüne Spargel gestochen. So können vormittags die helfenden Damen zwei bis drei Stunden mit anpacken und dann wieder nach Hause gehen.
Auch viele Hilfsangebote aus dem Bekanntenkreis erhielten die Reichholds. Auch hier hat man sich darauf geeinigt, einige Flächen wegen der fehlenden Abnahme durch die Gastronomie nicht zu stechen. Nicht erwartet hatte Anni Reichhold die hohe Nachfrage von Privatkunden. Es scheint, als würden sich die Menschen bei geschlossenen Restaurants öfter zu Hause ans Spargelkochen wagen. Seit 18 Jahre hat die Familie Reichhold dieselben vier polnischen Helfer während der Saison auf ihrem Hof. Von ihnen sind dieses Jahr nur die beiden jüngeren gekommen, zwei ältere Helfer trauten sich wegen Corona nicht nach Deutschland.
Peter Strobl, Geschäftsführer vom Spargelerzeugerverband Südbayern sieht die Lage mittlerweile entspannt. „Es sind weniger Saisonarbeiter da, ungefähr zwei Drittel im Vergleich zu einer normalen Saison“, sagt Strobl. Aber es sei auch ein Teil des Absatzes weggebrochen durch die fehlende Nachfrage aus der Gastronomie. Viele Betriebe stechen daher bestimmte Felder nicht. Die Quarantäneauflagen für die Erntehelfer bekommen die Betriebe vom Spargelerzeugerverband regelmäßig in Rundmails mitgeteilt.
In Bayern sind in den vergangenen Wochen ungefähr 1.200 Rumänen per Flugzeug eingetroffen. Es sei möglich, auch noch mehr Helfer zu holen, allerdings gibt es mittlerweile auch in Rumänien Einschränkungen und einige Regionen dort sind Corona-Sperrgebiete.
Spargel: Ernteleistung der unerfahrenen Kräfte oft gering.
Die Bilanz der vielen Hilfsangebote von freiwilligen Helfern sieht Strobel gemischt. Teilweise seien die Helfer vom „Knochenjob“ überfordert gewesen. Auch die Ernteleistung der unerfahrenen Kräfte sei oft relativ gering. Hinzu kam, dass die Helfer nicht immer verfügbar waren oder jetzt, durch wieder öffnende Geschäfte, ein beginnendes Studium und das Ende der Kurzarbeit in vielen Bereichen, wieder aufhören müssen. Das stellt für viele Betriebe ein großes Problem dar. Allerdings habe es natürlich auch „einige, die es ganz gut geschafft haben“ gegeben, stellt Strobl fest. Aus Polen könnten theoretisch mehr Helfer einreisen, allerdings hätten diese oft große Angst vor einer Ansteckung.
Josef Lohner, Geschäftsführer bei Lohner Spargel, einem der größten Spargelbetriebe Deutschlands, hat im Gegensatz zu den Erfahrungen von Kollegen mit den deutschen freiwilligen Helfern, besonders zu Beginn der Saison, absolut positive Erfahrungen gemach: „Das hat super funktioniert, absolut unglaublich, die Bereitschaft und die positive Stimmung. Ich habe so etwas noch nie gesehen“, schwärmt der Inchenhofener Unternehmer. Wichtig findet es Lohner, für die jeweiligen Helfer die richtige Aufgabe zu finden. Nicht jeder sei zum Spargelstechen geeignet, aber zum Beispiel die Folie vor den Stechern anzuheben sei auch eine enorme Hilfe, so Lohner. Vor allem in der frühen Phase der Saison seien diese Freiwilligen eine „große Hilfe“ gewesen.
Inchenhofen: Arbeiter können unter sich bleiben
Jetzt haben auch Lohners genügend Erntehelfer aus Rumänien. 500 sind gekommen. In anderen Jahren sind es 700, „es reicht aber aus“, sagt Lohner. Das Quarantänekonzept umzusetzen, sei mit erheblichen Mehrkosten verbunden gewesen. Und das, obwohl dank der Größe des Betriebes in Inchenhofen und der Tatsache, dass den Arbeitern eine hofeigene Kantine und ein eigener Supermarkt zur Verfügung stehen, die Isolierung verhältnismäßig leicht fällt. Die Arbeiter können problemlos unter sich bleiben und daher auch vom ersten Tag nach Ankunft auf die Felder.
Mit Maßnahmen wie blockweisen Unterkünften und zeitlichen Trennungen sowie Unmengen zusätzlicher Seifenspender seien alle Auflagen erfüllt worden. Josef Lohner gibt aber zu, dass „es vor drei Wochen sehr düster aussah“. In Inchenhofen werde nicht weniger gestochen als sonst, da die Gastronomen hier nicht der Hauptabnehmer sind.
Corona soll keine Auswirkungen auf den Spargelpreis haben
Auf den Kilopreis des weißen Goldes hat die aktuelle Situation laut Lohner keine Auswirkungen. „Wir haben mit etwas geringeren Preisen als 2019 gestartet. Dies haben wir von unseren Kunden mit einer sehr guten Nachfrage honoriert bekommen“, sagt Lohner. „Für uns ist die Stammkundschaft extrem wichtig. Deshalb wäre ein höherer Preis das ganz falsche Zeichen, gerade auch jetzt, wo wir Landwirte von der Gesellschaft so viel Zuspruch und Unterstützung bekommen.“
Somit revidiert Lohner auch seine Befürchtungen von vor drei Wochen und kommentiert die aktuelle Lage deutlich positiver: „Bis jetzt schaut es gut aus.“
- Corona: Weiterer infizierter Bewohner des Aichacher AWO-Heims stirbt
- Corona: Keine Maibäume, keine Feiern, strenge Regeln für Freinacht
- Diese Vereinsfeste im Aichacher Land fallen wegen Corona ins Wasser
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.