Es ist still geworden um Friedrich Pürner. Hier ein kleineres Interview, dort ein paar Zeilen im sozialen Netzwerk Twitter – viel mehr war in den vergangenen Wochen vom ehemaligen Leiter des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg in größerer Öffentlichkeit nicht zu vernehmen. Doch jetzt ist die Personalie Pürner wieder Thema – und zwar für die Justiz: Der Ex-Gesundheitsamtsleiter klagt gegen seine Abordnung an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Entsprechende Informationen unserer Redaktion bestätigten gestern auf Nachfrage sowohl das zuständige Verwaltungsgericht Augsburg als auch Pürner selbst.
Friedrich Pürner klagt vor Verwaltungsgericht Augsburg
Richard Wiedemann, Sprecher am Verwaltungsgericht Augsburg, erklärte: „Wir können bestätigen, dass eine Klage von Herrn Dr. Friedrich Pürner anhängig ist. Streitgegenstand ist eine Abordnung.“ Nach Auskunft des Gerichtssprechers ging die Klage am Montag, 1. März, ein. Ob es zu einer mündlichen Verhandlung kommt, ist derzeit noch offen. Die „beklagte Seite“ – also der Freistaat Bayern, der in der Angelegenheit von der Regierung von Schwaben vertreten wird – bekomme die eingegangene Klage zugestellt und Gelegenheit zur Stellungnahme, so Gerichtssprecher Wiedemann. „Danach zeigt sich, wie es weitergeht.“
Warum dieser Schritt – weil Pürner zurück nach Aichach will? Der Ex-Gesundheitsamtsleiter lacht kurz. „Es geht mir nicht unbedingt darum, meinen ursprünglichen Arbeitsplatz zurückzubekommen, sondern um den Vorgang an sich – und der bleibt aus meiner Sicht unerhört. Wenn jemand strafversetzt wird, nur weil er Kritik äußert, dann läuft etwas gehörig verkehrt.“ Seine zeitlich befristete Abordnung sei Anfang Februar von der Regierung von Schwaben verlängert worden und nun – gerichtlich bestätigt – bis August gültig. „Dagegen will ich mich wehren. Sonst geht dieses Spiel bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag weiter.“
Abordnung des Ex-Gesundheitsamtsleiters Aichach-Friedberg war umstritten
Die Pürner-Abordnung Anfang November 2020 war äußerst umstritten und führte auch zu einer Corona-Demo in Aichach mit rund 800 Teilnehmern. Der Maßnahme vorausgegangen waren Äußerungen des damaligen Gesundheitsamtsleiters, der über Monate hinweg mehrere Corona-Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung - darunter etwa die Maskenpflicht im Unterricht oder die Teststrategie - deutlich kritisiert hatte. Kurz darauf gab die Regierung von Schwaben bekannt, dass Pürner an das LGL abgeordnet werden sollte, um dort ein neues Sachgebiet zur Verbesserung der "Prozessqualität und der Digitalisierung an den Gesundheitsämtern" aufzubauen. Und heute? Zu seiner aktuellen Tätigkeit dürfe er auf schriftliche Anweisung nichts sagen, erklärt Pürner. An seiner Kritik und seinen Einschätzungen von damals halte er jedoch fest, in vielem sehe er sich bestätigt. "Ich würde das immer wieder so machen."
Pürner unterstreicht, die Entscheidung, ihn im Herbst abzuordnen, als die Corona-Fälle wieder anstiegen, sei aus seiner Sicht falsch gewesen. Damit hätten auch alle, die daran beteiligt gewesen seien, einen Fehler gemacht. „Ich sehe die Problematik nicht nur im Vorgang, sondern auch in der Wirkung“, sagt Pürner. „Als ich gehen musste, hat sich die Lage gerade zugespitzt, vor allem in den Altenheimen. Wenn man in dieser Situation jemanden mit seiner Fachexpertise vom Gesundheitsamt abwandern lässt, muss man sich nicht wundern, wenn es dann an der ein oder anderen Stelle brennt.“ Ohne konkreter zu werden, verwies er auf „verschiedene Fälle und Entwicklungen“ im Wittelsbacher Land. Seit Herbst kam es im Landkreis in verschiedenen Senioren- und Pflegeheimen zu Corona-Ausbrüchen. Auch das Krankenhaus Friedberg war betroffen.
Rückkehr ans Gesundheitsamt in Aichach? Pürner: "Kann mir das vorstellen"
Ob er eine Rückkehr nach Aichach für realistisch hält? „Es war schon immer mein Wunsch, in Aichach Amtsleiter zu sein. Also klar, für mich ist das schon vorstellbar. Es könnte ein Ziel sein zurückzukehren“, sagt Pürner, jedoch nicht ohne einzuschränken: „Es ist natürlich viel passiert und ich weiß nicht, wie die Situation am Gesundheitsamt gerade ist.“
Auch der bayerische Landtag beschäftigte sich am Dienstag mit Pürners Abordnung. Im „Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes“ sollte eine Petition behandelt werden, in der rund 50 Unterstützer forderten, die Maßnahme zurückzunehmen. Der Ausschuss unter Vorsitz des Abgeordneten Wolfgang Fackler (CSU) entschied jedoch mit Blick auf das laufende Klageverfahren, die Angelegenheit zu vertagen. Ausschuss-Mitglied und Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch (FDP) sprach von einer „intensiven Auseinandersetzung, die schwer zu beurteilen ist.“ Es sei deshalb ratsam, die Entwicklungen abzuwarten.
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