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Aichach-Friedberg: Immer mehr Waffen und Waffenscheine: Landkreis Aichach-Friedberg rüstet auf

Aichach-Friedberg

Immer mehr Waffen und Waffenscheine: Landkreis Aichach-Friedberg rüstet auf

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    Im Landkreis Aichach-Friedberg beantragen immer mehr Bürger den sogenannten „Kleinen Waffenschein“.
    Im Landkreis Aichach-Friedberg beantragen immer mehr Bürger den sogenannten „Kleinen Waffenschein“. Foto: Oliver Killig, dpa

    Deutschland rüstet auf. Wie eine jüngste Umfrage der Rheinischen Post ergab, haben landesweit derzeit rund 686.000 Menschen einen Kleinen Waffenschein. 2014 waren es nur 260.000. Auch im Landkreis Aichach-Friedberg ist die Zahl der Personen mit Kleinem Waffenschein "explosionsartig" gestiegen. Gleichzeitig sind immer mehr Waffen im Umlauf. Die Polizei hält den Trend für "äußerst beunruhigend".

    Kleiner Waffenschein, Waffenschein, Waffenbesitzkarte: Was ist womit erlaubt?

    Der Kleine Waffenschein bezieht sich ausschließlich auf Schreck-, Reizschuss- und Signalwaffen („SRS-Waffen“). Sie schießen keine scharfe Munition ab und verursachen, solange sie nicht aus nächster Nähe abgefeuert werden, keine lebensgefährlichen Verletzungen. Jeder Erwachsene kann sich ohne Überprüfung und Beschränkung eine SRS-Waffe zulegen, darf sie aber nur mit nach Hause nehmen und auch nur dort zur Schau stellen. Öffentlich darf eine SRS-Waffe nur tragen, wer einen Kleinen Waffenschein besitzt. Der „normale“ Waffenschein erlaubt dem Besitzer, eine scharfe Waffe öffentlich zu tragen. Mit der sogenannten "Waffenbesitzkarte" dürfen Personen eine scharfe Waffe besitzen, aber nicht öffentlich tragen.

    Wie viele Waffen sind im Landkreis Aichach-Friedberg gemeldet?

    Im Landkreis Aichach-Friedberg sind nach Auskunft des Landratsamts derzeit rund 16.200 erlaubnispflichtige Schusswaffen bei Waffenbesitzern gemeldet - die meisten bei Jägern und Sportschützen. Zuletzt ist die Zahl deutlich gestiegen: 2017 waren gerade einmal rund 11.270 erlaubnispflichtige Waffen gemeldet. Dies entspricht einem Anstieg von rund 44 Prozent in nur drei Jahren. Das Landratsamt geht davon aus, dass auch illegale Waffen im Umlauf sind. Wie viele, lasse sich jedoch nicht abschätzen. Die Erlaubnis, Waffen zu verkaufen, haben im Landkreis derzeit sechs Personen.

    Der Kauf einer Schreckschusspistole ist legal. In der Öffentlichkeit darf man sie aber nur bei sich haben, wenn man einen Kleinen Waffenschein besitzt.
    Der Kauf einer Schreckschusspistole ist legal. In der Öffentlichkeit darf man sie aber nur bei sich haben, wenn man einen Kleinen Waffenschein besitzt. Foto: Uli Deck/dpa

    Wie viele Menschen im Wittelsbacher Land haben eine waffenrechtliche Erlaubnis?

    Aktuell haben sechs Landkreisbewohner einen Waffenschein. Die Zahl der Waffenbesitzkarten im Landkreis liegt bei rund 6100. Sie ist, den erlaubnispflichtigen Waffen entsprechend (siehe oben), gestiegen. Der mit Abstand deutlichste Anstieg ist jedoch bei den Kleinen Waffenscheinen zu erkennen. Gab es Ende 2015 noch 450 davon im Landkreis, waren es 2017 bereits 984 und aktuell 1393. "Gerade seit dem Jahreswechsel 2015/2016 war ein explosionsartiger Anstieg der Beantragungen zu verzeichnen", erklärt Markus Pettinger vom Landratsamt. Die Zahl der Kleinen Waffenscheine steige weiterhin, allerdings nicht mehr so deutlich.

    Wer darf was beantragen?

    Die Voraussetzungen für den Kleinen Waffenschein sind überschaubar: Man muss über 18 Jahre alt sein und seine Eignung nachweisen, darf also zum Beispiel nicht vorbestraft sein. Gründe, warum man den Kleinen Waffenschein möchte, müssen nicht genannt werden - anders als bei der Waffenbesitzkarte: Hier muss ein konkretes Bedürfnis nachgewiesen werden - dies ist etwa bei Sportschützen oder Waffensammlern der Fall. Auch die sichere Lagerung der Waffe in einem Tresor ist Voraussetzung. Der Waffenschein wird dagegen nur in Ausnahmefällen ausgestellt - laut Landratsamt aktuell nur an Bewachungsunternehmer, und das nach strenger Prüfung. Die Genehmigungswahrscheinlichkeit für Privatpersonen, etwa wegen einer persönlichen Gefährdung, geht laut Pettinger "gegen Null".

    Warum greifen immer mehr Menschen zur Waffe?

    Als Ursache für diesen deutschlandweiten Trend nannte Oliver Malchow, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, schon im vergangenen Jahr ein "latentes Unsicherheitsgefühl" in der Bevölkerung. Dass die Zahlen besonders seit 2016 ansteigen, erklärte er gegenüber der Rheinischen Postso: "Spätestens seit den Ereignissen auf der Kölner Domplatte in der Silvesternacht 2015 fühlen sich offenbar immer mehr Menschen verunsichert." Damals kam es zu zahlreichen Übergriffen auf Frauen durch junge Männer, viele davon aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum.

    Oliver Malchow ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei GdP.
    Oliver Malchow ist Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei GdP. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Wie sicher ist der Landkreis Aichach-Friedberg?

    Sehr sicher, das bestätigt Jahr für Jahr die sogenannte Kriminalitätshäufigkeitszahl (Zahl der Straftaten pro 100.000 Einwohner). Sie lag 2019 im Wittelsbacher Land bei 2377 und sinkt seit Jahren kontinuierlich. Zum Vergleich: Die Kriminalhäufigkeitszahl in Bayern, dem sichersten deutschen Bundesland, lag bei etwa 4500. Anlass für ein steigendes Unsicherheitsgefühl im Landkreis gibt es also nicht.

    Immer mehr Waffen sind im Umlauf - mit welcher Konsequenz?

    Private Waffen führen zu mehr Unsicherheit als Sicherheit - dieser Überzeugung ist die Polizeigewerkschaft GdP. Dass zunehmend Waffen im Umlauf sind, sei "äußerst beunruhigend". Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord, das unter anderem für den Raum Aichach zuständig ist, kam es in den vergangenen Jahren in Nordschwaben "wiederholt" zu Einsätzen, in denen Personen SRS-Waffen oder täuschend echt aussehende Anscheinswaffen in der Öffentlichkeit geführt hätten.

    Schreckschusswaffen lassen sich von scharfen Waffen kaum unterscheiden. Dies stellt die Polizei immer wieder vor Probleme.
    Schreckschusswaffen lassen sich von scharfen Waffen kaum unterscheiden. Dies stellt die Polizei immer wieder vor Probleme. Foto: Boris Roessler, dpa

    Bei den Beamten schrillen dann die Alarmglocken, denn: "Für die Polizeikräfte sind diese Waffen von ihrer äußeren Beschaffenheit beim Einschreiten in der Regel nicht von einer scharfen Schusswaffe zu unterscheiden", erklärt das Polizeipräsidium Schwaben-Nord. "Dadurch können sowohl für die Person, welche eine derartige Waffe führt, aber auch für Umstehende oder die Polizeibeamten äußerst kritische Situationen entstehen." Die Polizeiinspektion Aichach teilt auf Nachfrage mit, dass es in ihrem Zuständigkeitsgebiet in der jüngeren Vergangenheit keine bekannten Zwischenfälle dieser Art gegeben habe. Auch Fälle, in denen eine SRS-Waffe unerlaubterweise angewandt wurde, seien nicht bekannt.

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