Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Gelbe Tonne: So sieht der Alltag der Müllmänner aus

Aichach-Friedberg

Gelbe Tonne: So sieht der Alltag der Müllmänner aus

    • |
    Lader Benjamin Dietmair (rechts) und Alfons Lemberg beim Entladen einer Gelben Tonne in Obergriesbach.
    Lader Benjamin Dietmair (rechts) und Alfons Lemberg beim Entladen einer Gelben Tonne in Obergriesbach.

    Das Müllfahrzeug weicht mit den linken Reifen auf den Bürgersteig aus. Der Porsche, der in der Straße Hochblick in Obergriesbach parkt, soll nämlich besser unversehrt bleiben. Der Sportwagen nimmt die Hälfte der Fahrbahn ein und hat die Spiegel eingeklappt – vermutlich um solchen Situationen vorzubeugen. Der 18-Tonner schiebt sich den Bordstein hoch, das Monstrum fährt im Schritttempo an dem schwarzen

    Immer wieder begegnen den Müllwerkern Hindernisse. Enge, zugeparkte Straßen, Autofahrer, die das Müllfahrzeug von der Straße hupen wollen, weil sie hinter ihm warten müssen. Oder die Autos brettern mit 60 Stundenkilometern vorbei. Das erzählen der Fahrer des Müllwagens, Alfons Lemberg, und Lader Benjamin Dietmair. An diesem Morgen steuert Lemberg sein Gefährt mit der Nummer 20455 und dem A durch Obergriesbach. Der erste Buchstabe des Alphabets steht für Abfallsammler. Lembergs Sitz befindet sich in drei Metern Höhe. Das Lenkrad umklammert er mit beiden Händen. Rechts von ihm steht ein kleiner Bildschirm, auf dem Kamera-Aufnahmen flimmern: Sie zeigen, wie zwei Mülltonnen in das Innere kippen: Bomm Bomm! Bomm Bomm Bomm! Das Fahrzeug ruckelt. Für Menschen, denen schnell schwindelig wird, ist das nichts. Etwa acht Tonnen Verpackungs-Müll kann der Wagen aufnehmen.

    Mülltrennung: Das kommt alles in die Gelbe Tonne

    Lemberg muss bei seinen Touren durch den Landkreis viel rangieren und schmale Straßen rückwärts hochfahren. Dabei piept der Wagen penetrant. „Wir müssen auf Fußgänger und Radfahrer aufpassen“, sagt er. Manchmal ist es fast ein ganzer Kilometer, den Lemberg rückwärts hochfahren muss. „Da muss man den Arsch anlupfen“, sagt er und meint, dass er den hinteren Teil des Wagens anheben muss.

    Die beiden Müllwerker holen nicht irgendeine Tonne ab, sondern die Gelbe. Die, die es im Landkreis seit Anfang des Jahres gibt und mit der es schon das ein oder andere Problem gab. Dabei ist die Mehrzahl der Bürger im Wittelsbacher Land froh, dass es sie endlich gibt und die Entsorgung von Joghurtbecher, Käsefolie und Co. auf den Wertstoffhöfen jetzt Geschichte ist. Seit Jahrzehnten verursachte das nahezu einen Glaubenskrieg im traditionell müllbewegten Landkreis Aichach-Friedberg zwischen Unterstützern des früheren Bring-Systems für Verpackungsmüll und dem jetzigen Hol-System.

    Die Firma Kühl holt die 240-Liter-Tonnen alle vier Wochen, Container alle zwei Wochen ab. Doch nicht alle sind mit der Arbeit des Unternehmens zufrieden. Beim Landratsamt Aichach-Friedberg gingen rund um Ostern viele Beschwerden ein. Michael Haas, beim Landratsamt zuständig für Abfallwirtschaft, sagt: „Wir hatten nach

    Lader Benjamin Dietmair beim Entladen einer Gelben Tonne in Obergriesbach.
    Lader Benjamin Dietmair beim Entladen einer Gelben Tonne in Obergriesbach.

    Reicht eine Gelbe Tonne aus?

    Nach dem Start zu Jahresbeginn hatten sich Bürger beschwert, dass ihnen eine Tonne zu wenig sei. Eine weitere oder größere Tonne können die Bürger bei der Firma Kühl bestellen.

    Die Firma Kühl gibt zu, dass sie manche Orte rund um Ostern nicht angefahren hat. „Wir hatten in den Ferien eine angespannte Personalsituation“, sagt Rainer Pinno, Niederlassungsleiter der Firma mit Sitz in Augsburg-Lechhausen. Außerdem seien geplante Touren an Karfreitag und Ostermontag verschoben worden. „Die Fahrten“, sagt Pinno, „wurden an Samstagen nachgeholt. Wir sind wieder planmäßig.“

    Er hofft, dass bald auch weitere Tonnen eintreffen und seine Kollegen sie ausliefern können. Es seien hunderte Bürger gewesen, die Tonnen nachgeordert hätten. Einmal hätte die Firma bereits neue Tonnen verteilt. „Eine 240-Liter-Tonne sollte aber statistisch gesehen für einen Vier-Personen-Haushalt ausreichen.“ Werfen die Deutschen also zu viel Plastikmüll weg? Pinno sieht das Problem nicht bei den Verbrauchern, sondern bei den Erzeugern der Produkte, die zu viel in Plastik verpackten.

    Das Müllfahrzeug biegt in Obergriesbach in die Bergstraße ein. Ein 66-Jähriger steht am Straßenrand und wartet, bis seine Tonne geleert ist. Er zieht sie sichtlich zufrieden auf sein Grundstück. Der Mann kann sich noch erinnern, wie in den 1960er-Jahren Plastiktüten eingeführt wurden. „Da waren alle ganz stolz“, sagt er. Heute sei es wichtig, Plastik zu vermeiden. „Wenn es Tiere fressen, landet es bei uns auf dem Teller.“ Als Jugendlicher habe er noch aus Strohhalmen statt Plastik-Strohhalmen getrunken.

    Gelbe Tonne: So arbeiten die Müllmänner

    Lader Dietmair läuft neben dem Müllwagen her, hat sich eine Zigarette angezündet. Seine Wollmütze hat er mittlerweile abgenommen, die Sonne wärmt mehr und mehr. Das Fahrzeug fährt durch die Annastraße. Wie viele Tonnen Dietmair heute schon vom Straßenrand auf die Greifarme des Müllfahrzeugs gesetzt hat? „Das weiß ich nicht“, sagt er. Hunderte werden es bestimmt sein. Hinzu kommen Müllsäcke, die die Bewohner zusätzlich hinstellen. Immer wieder kontrolliert Dietmair, ob sich nur Verpackungen in den Tonnen befinden. „Ich merke am Gewicht, ob etwas anderes drin ist“, sagt er. Ist die Tonne nicht richtig befüllt, lässt er sie stehen und macht einen Aufkleber darauf. Er habe schon einiges darin gefunden, was nicht reingehört: Wäscheständer, Autoreifen, Betonsteine. „Ein Kollege hat sogar mal einen Auspuff gefunden.“

    Auf so eine Idee würde das Rentner-Ehepaar aus Obergriesbach, das mit seinen Fahrrädern an der Stefanstraße steht und gerade Flaschen entsorgt hat, wohl nicht kommen. Die Frau mit der pinken Jacke und der Deutschland-Fahne am Fahrrad achtet darauf, möglichst Produkte ohne Plastik zu kaufen, sagt sie. Auch wenn die Discounter zu viel davon benutzten. Probleme mit der Müllabfuhr hatte das Paar nie. „Und wenn hätten wir das angesprochen“, sagt die Frau. Sie selber könne das nicht mit dem Müll trennen, sie sei auf einem Bauernhof aufgewachsen und habe es nie gelernt. Ihr Mann bringe immer den Müll raus. „Ich will es auch nicht können. Dafür habe ich meinen Müll-Mann.“

    Lesen Sie dazu den Artikel: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Gelben Tonne

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden