Die erste vorgeschaltete Fragerunde im Bauausschuss des Kreistags zur geplanten Erweiterung des Landratsamtes in Aichach dauerte über drei Stunden. Dann war deutlich mehr als die Hälfte des Katalogs mit noch über 70 Fragen Anträgen aus den Fraktionen von der Kreisverwaltung beantwortet beziehungsweise abgearbeitet. Meist, aber nicht immer zur Zufriedenheit der Fragesteller. Vor allem ging es um Alternativen zur Erweiterung am Standort an der Münchner Straße, Homeoffice und Personalentwicklung am Landratsamt, Parkplatzprobleme durch die Vergrößerung und natürlich die Kostenentwicklung zum aktuell auf 21,5 Millionen Euro geschätzten Projekt.
Die Entscheidung über den inzwischen wieder umstrittenen Holzhybridanbau an das Blaue Palais soll in einer Kreistagssitzung Mitte Mai fallen. Zuvor ist aber der Bauausschuss gefragt: Laut Kreisverwaltung lagen ursprünglich 101 Fragen plus dreizehn Aufträge und Anträge vor. Der Ältestenrat des Kreistags hatte einige "unbeantwortbare" Fragen aussortiert. Zum Beispiel, wie viele Büroflächen in der Aichacher Innenstadt durch Insolvenzen nach der Corona-Pandemie frei werden könnten. In einer weiteren Sitzung behandelt der Bauausschuss drei Tage vor der geplanten Kreistagssitzung am 20. Mai die restlichen Fragen.
Experten zu anderen Baumodellen werden eingeladen
Zu dieser Ausschusssitzung sollen auch externe Experten zu anderen Baumodellen für die öffentliche Hand eingeladen werden: Konkret zur Vergabe an ein Generalunternehmen mit Funktionalausschreibung und Projekten in sogenannter Öffentlich-Privater-Partnerschaft (ÖPP). Insbesondere die Freien Wähler (FW) und die Unabhängigen drängen darauf, diese Alternativen zu prüfen und dadurch die Baukosten zu senken. Die Bauverwaltung hat zur aktuellen Sitzung in einer Vorlage aber schon mal klargestellt, dass sie bei Vergaben an Generalunternehmen keine Vorteile und Kostenersparnis sieht, sie warnt vor rechtlichen Problemen (Nachprüfungen) und empfiehlt, weiter an der üblichen Ausschreibung und Vergabe von einzelnen Gewerken festzuhalten.
Im Nachbarlandkreis Dachau wird derzeit eine Katstrophenschutzhalle im ÖPP-Modelle errichtet. Der Buchloer Hallenspezialist Hörmann baut die Halle bis zum Herbst schlüsselfertig, betreibt sie und übergibt sie dann nach der Vertragslaufzeit intakt an den Landkreis. Auch das fünfte Kreisgymnasium in Röhrmoos soll von einem Privatunternehmen zum Festpreis gebaut und dann noch 20 oder 25 Jahren vom Landkreis instand übernommen werden beziehungsweise bei Einigung weitergeführt werden.
Im Mittelpunkt der in diesem Jahr neu aufgeflammten Debatte steht die Kostenentwicklung: Insgesamt liegt die Schätzung jetzt bei 21,5 Millionen Euro für den Anbau in Richtung Münchner Straße (14,9 Millionen) und die anschließende Sanierung des Altgebäudes (6,6 Millionen). Dazu kommen in späteren Jahren nach aktueller Schätzung weitere rund sieben Millionen Euro für die energetische Sanierung der Außenhülle des über 40 Jahre alten Gebäudes. In Summe macht das dann voraussichtlich die größte Netto-Bauinvestitionen in der Geschichte des Landkreises. Im Gegensatz zu anderen Großprojekten des Landkreises wie Krankenhausbau in Aichach, neues Gymnasium in Mering oder aktuell den Neubau der Vinzenz-Pallotti-Förderschule in Friedberg fließen hier nämlich keine hohen Staatszuschüsse für Bildung oder Gesundheit
Bauamt: Baukosten werden nicht korrekt verglichen
In der Februarsitzung beschloss der Kreistag nach Kritik aus mehreren Fraktionen und nach Vorschlag des Landrats, dass noch mal eine weitere Fragerunde gedreht wird, die Entscheidung aber in diesem Jahr fallen muss. Rainer Hurler, Abteilungsleiter des Bauamts, betonte zu Beginn der Bauausschuss-Sitzung, dass die insbesondere von den Freien Wählern genannten Kostenvergleiche für den Neubau (4000 Euro pro Quadratmeter Bürofläche) nicht zutreffen würden, weil die Bezugsgrößen nicht stimmten. Die Quadratmeterkosten für die Außenanlagen seien so hoch, weil die hier sehr aufwendig, aber notwendig seien. Rechne man das und andere Details heraus, beziehungsweise gleiche man das an, liege man beim Anbau bei 2860 Euro pro Quadratmeter und damit noch unter den Baupreisen für vergleichbare Büroprojekte in der Region, so Hurler.
Weitere Erläuterungen von verschiedenen Mitarbeitern der Kreisverwaltung zu unterschiedlichen Fragen aus dem Katalog: Baunebenkosten von 25 Prozent (2,9 Millionen Euro) seien realistisch. Jeder Tag Bauverzug koste rund 2000 Euro, weil die Preise kontinuierlich stiegen, aktuell speziell für Holz und Stahl. Die zusätzlich notwendigen Stellplätze könnten auf dem Gelände mit Reserve nachgewiesen werden. Die Personalabteilung geht davon aus, dass die Belegschaft mittelfristig in den nächsten zehn bis 20 Jahren um 50 bis 100 Mitarbeiter steige. Ein Personalentwicklungskonzept, wie vom vorherigen Kreistag beschlossen, sei nicht erstellt worden.
Rund 40 Mitarbeiter aus aufgelösten Außenstellen sollen nach Fertigstellung wieder im Haupthaus arbeiten. Neben der Außenstelle am Kreisgut bleibt auch das Gesundheitsamt am Krankenhaus und die Außenstelle am Aichacher Schlossplatz. Durch verstärktes Homeoffice könnten insgesamt fünf Büroarbeitsplätze im Amt eingespart werden. Mit weiterer Digitalisierung erwartet die Kreisverwaltung keinen geringeren Personalbedarf. Durch zusätzliche Aufgaben sei das Arbeitsvolumen der Behörde in der Vergangenheit im Gegenteil immer mehr gewachsen.
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