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Aichach-Friedberg: Die Zahl der jugendlichen Komasäufer steigt im Landkreis

Aichach-Friedberg

Die Zahl der jugendlichen Komasäufer steigt im Landkreis

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    Manchmal haben Jugendliche nicht nur Alkohol im Übermaß konsumiert, wenn sie nach einem Zusammenbruch im Krankenhaus landen.
    Manchmal haben Jugendliche nicht nur Alkohol im Übermaß konsumiert, wenn sie nach einem Zusammenbruch im Krankenhaus landen. Foto: Jens Büttner, dpa (Symbol)

    36 Jugendliche aus Aichach-Friedberg waren im Jahr 2018 wegen einer schweren Alkoholvergiftung im Krankenhaus. Nach Zahlen der Krankenkasse DAK sind das zwar vier mehr als 2017, aber dafür 28 weniger als 2009. In den vergangenen zehn Jahren hat die Anzahl an sogenannten jugendlichen Komasäufern abgenommen.

    Matthias Matuschka, Jugendpfleger im Landkreis, bestätigt das: „Ich bin überzeugt, dass es zurückgegangen ist.“ Er sieht darin zum einen einen Erfolg der präventiven Arbeit im Landkreis. „Dann ist es auch so, dass bei jungen Menschen generell der Konsum rückläufig ist“, sagt Matuschka. Das würden auch Umfragen bestätigen. Allerdings sei bei diesem Thema natürlich die Dunkelziffer hoch. „Wenn jemand, der eine Alkoholvergiftung hat, nicht ins Krankenhaus kommt, dann erfährt niemand was von dem“, so Matuschka. Für ihn bleibt es daher entscheidend, früh anzusetzen, um präventive Arbeit zu leisten. Damit es gar nicht erst zu einer Alkoholvergiftung kommt.

    Jugendliche mit Alkoholvergiftung: Das passiert im Aichacher Krankenhaus

    Was passiert, wenn ein Jugendlicher wegen einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kommt, weiß Dr. Markus Nickmann. Er ist kardiologischer Oberarzt im Krankenhaus Aichach, hat Jahre lang in der Notaufnahme gearbeitet. „Wenn irgendwer reinkommt, der bewusstlos ist, wird routinemäßig ein Alkoholspiegel gemacht“, sagt Nickmann. Es wird auch auf Opiate, THC und weitere Drogen getestet. Oft sei aber schnell klar, was dem Jugendlichen fehlt. „Man riecht es schon“, sagt Nickmann. In der Regel gebe es eine erste Diagnose aus dem Rettungswagen.

    Nickmann ist selbst oft im Rettungswagen mitgefahren. Es habe eine Phase gegeben, in der sie regelmäßig zu Diskotheken gerufen wurden. „Da gibt es dann vielleicht Freunde, die sagen, der hat die ganze Zeit Cocktails reingekippt.“ Allerdings betont Nickmann, man müsse offenbleiben, vielleicht liege das Problem doch an einer anderen Stelle. Deswegen werde auch bei Verdacht auf eine Alkoholvergiftung ein Routinelabor mit Blutbild, Nierenwerten und Ähnlichem gemacht.

    Dann kommt der Patient laut Nickmann auf die Intensivstation, wo er kontinuierlich überwacht wird. Bei einer sehr schweren Alkoholvergiftung kann der Schutzreflex ausgeschaltet sein. Dann besteht die Gefahr, dass der Jugendliche an seinem Erbrochenen erstickt. In diesem Fall müsse der Patient beatmet werden, sagt Nickmann. Das komme aber zum Glück nur sehr selten vor.

    „Meistens sind die Leute wach, wenn man sie ein bisschen zwickt“, so Nickmann. Dann lasse man sie in der Regel ausschlafen. Bei Minderjährigen müsse dann noch die Familie kontaktiert werden. Allerdings kommen nicht viele Minderjährige mit Alkoholvergiftung in die Kliniken an der Paar. Denn Jugendliche unter 16 werden in die Kinderklinik in Augsburg gebracht.

    Warum junge Leute zu viel trinken

    Gründe zu viel zu trinken gibt es laut Matthias Matuschka für Jugendliche viele. Es gebe generell eine erhöhte Risikobereitschaft, Drogen zu probieren. Der soziale Gruppendruck könne Jugendliche dazu verleiten, mehr zu trinken, als sie können. „Manche verwenden Alkohol, um Druck abzubauen“, so Matuschka. Diese Strategie sei gefährlich, könne zu regelmäßigem Alkoholkonsum führen. Gerade bei Alkohol sei es ein Problem, dass viele Erwachsene den Konsum vorlebten. „Wie soll ich dem 16-Jährigen sagen, er darf es nicht, wenn es alle Mitte 20 tun?“, so Matuschka. Das mache es herausfordernd, präventive Arbeit zu leisten.

    Diese präventive Arbeit besteht aus unterschiedlichen Projekten: Bis Ende 2019 gab es im Landkreis das Projekt „Halt“, kurz für „Hart am Limit“, bei der Caritas Aichach-Friedberg. Es entstand durch den Anstieg der jungen Menschen, die mit Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kamen. Ärzte konnten in Absprache mit den Jugendlichen und ihren Eltern der Caritas Bescheid geben, und die organisierte Beratungsgespräche zum Thema Alkoholkonsum. Nach 2019 wurde „Halt“ beendet, weil nur wenige das Angebot in Anspruch nahmen. Matthias Matuschka liegen die Zahlen vor. In dem ganzen Jahr 2019 gab es nur ein Beratungsgespräch. In den Jahren zuvor hatten immer sieben oder acht Jugendliche das Angebot wahrgenommen.

    Projekt Klik soll vorbeugen

    Im Landkreis gibt es nach wie vor das Projekt „Klik“, kurz für „Klar im Kopf“. Darin sind verschiedene Angebote und Präventionsmaßnahmen zu Themen wie Drogen, Medienkonsum und Gewalt gebündelt. Spezifisch für Alkohol bietet zum Beispiel die Drogenhilfe Schwaben bei Bedarf Workshops in Schulen oder Jugendzentren an.

    Dabei können die Schulen selbst Schwerpunkte setzen. Zum Beispiel war in den vergangenen Jahren der Umgang mit Medien ein beliebtes Thema. „Dieses Jahr wollen viele Schulen sich mit legalen und illegalen Drogen auseinandersetzen“, erzählt Matuschka. Drogen sind also aktuell wieder ein Diskussionsthema. Matuschka vermutet, dass ein Grund dafür die Tragödie in Nordendorf (Landkreis Augsburg) ist. Mitte Juni waren dort zwei Jungen im Alter von 15 und 16 Jahren tot aufgefunden worden. Todesursache waren synthetische Drogen, die die Jugendlichen genommen hatten.

    Matthias Matuschka berät auch Veranstalter selbst. „Zum Beispiel vor dem Brauereifest Kühbach gibt es jedes Jahr eine Vorbesprechung, bei der wir besprechen, wie man den Jugendschutz umsetzen kann“, erzählt Matuschka. Als Beispiel für Jugendschutz nennt er Einlasskontrollen und die Trennung zwischen Bar und Bierausschank. Er erlebe, dass die Veranstalter sehr verantwortungsbewusst mit dem Thema umgehen.

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