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Aichach-Friedberg: Deutlicher Einbruch: Warum lässt die Impfbereitschaft im Kreis nach?

Aichach-Friedberg

Deutlicher Einbruch: Warum lässt die Impfbereitschaft im Kreis nach?

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    In den Impfzentren Dasing und Kissing (im Bild) bleiben die Stühle immer häufiger leer. Die Nachfrage nach Corona-Impfungen hat im Landkreis Aichach-Friedberg deutlich nachgelassen.
    In den Impfzentren Dasing und Kissing (im Bild) bleiben die Stühle immer häufiger leer. Die Nachfrage nach Corona-Impfungen hat im Landkreis Aichach-Friedberg deutlich nachgelassen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Drei Wochen ist es her, da fand die Impfstoff-Ebbe im Landkreis Aichach-Friedberg ein Ende. Auch wegen Sonderzuweisungen bekamen wieder deutlich mehr Menschen den ersehnten ersten Piks, die Warteliste mit priorisierten Landkreis-Bewohnern leerte sich rasant. Der viel beschworene Impfturbo zündete endlich auch im Wittelsbacher Land – so schien es zumindest. Inzwischen steht der

    Impfquoten in Aichach-Friedberg von Herdenimmunität weit entfernt

    67.600Personen haben im Landkreis über Hausarzt-Praxen und Impfzentren bislang mindestens eine Corona-Impfung erhalten, 48.000sind bereits vollständig geimpft. Rein rechnerisch, die Impfungen durch Betriebsärzte sind nur teilweise berücksichtigt, entspricht das Impfquoten von 50,2und 35,7Prozent. Die sogenannte Herdenimmunität ist damit noch weit entfernt. Für die Delta-Variante, die inzwischen auch das Wittelsbacher Land erreicht hat, schätzt das Robert Koch-Institut (RKI), dass mindestens 85 Prozent der 12- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Senioren ab 60 Jahren vollständig geimpft oder genesen sein müssen, um deutliche Effekte auf den Gemeinschaftsschutz zu erreichen. Als genesen gelten derzeit 3,8 Prozent der Landkreis-Bewohner.

    Ist das Ziel Herdenimmunität im Wittelsbacher Land realistisch? „Im Moment sieht es nicht danach aus“, erklärt Sebastian Koch, organisatorischer Leiter der Impfzentren im Landkreis, gegenüber unserer Redaktion. Er betont jedoch, dass eine Einschätzung zum jetzigen Zeitpunkt schwierig sei. Herdenimmunität hänge schließlich von verschiedenen Faktoren ab. Als solche nennt Koch die Zulassung von Impfstoffen für Kinder, das Auftreten von Virusmutationen – und auch die Anzahl der Impfwilligen.

    Sebastian Koch, organisatorischer Leiter der Impfzentren im Landkreis Aichach-Friedberg.
    Sebastian Koch, organisatorischer Leiter der Impfzentren im Landkreis Aichach-Friedberg. Foto: Sebastian Richly

    Corona: Impfbereitschaft im Landkreis hat abgenommen

    Gerade an Letzterem hapert es aktuell im Wittelsbacher Land. In der vergangenen Woche wurden erstmals mehr Impfdosen geliefert als sich Personen für einen Termin registriert hatten. Der Landkreis startete Impf-Appelle und stellte einen bunten Strauß an Angeboten zusammen. Zuletzt fand etwa in Dasing eine Impfaktion mit Impfstoff von Johnson & Johnson statt. Bereits eine Dosis dieses Herstellers reicht für vollen Impfschutz – dennoch war die Nachfrage gering, knapp die Hälfte der 500 möglichen Termine wurde nicht in Anspruch genommen.

    Wegen der offenkundig gesunkenen Bereitschaft ruft der Landkreis inzwischen weniger Impfstoff ab als theoretisch möglich wäre. Dies betrifft vor allem Bestellungen von AstraZeneca und Johnson & Johnson, hier sind jeweils noch ausreichend Dosen auf Vorrat. Dass ab einem bestimmten Zeitpunkt der vorhandene Impfstoff die Anzahl der Impfwilligen übersteigt, sei angekündigt und absehbar gewesen, heißt es aus dem Landratsamt. Im Landkreis habe bislang kein Impfstoff entsorgt werden müssen, er sei immer rechtzeitig verimpft worden.

    „Impftourismus“ aus München: Weniger Nachfrage in Hausarzt-Praxen

    Auch in vielen Arztpraxen im Landkreis wird der so lange so knappe Impfstoff deutlich weniger nachgefragt. Thomas Moser vom Ärztehaus Aichach sagt, inzwischen blieben etliche Termine frei. „Was auffällt: Immer mehr Menschen, die sich bei uns für eine Impfung anmelden, kommen nicht aus dem Landkreis

    Doch woher kommt diese Delle? Wolfgang Müller, Sprecher am Landratsamt Aichach-Friedberg, sagt, bestimmte „Muster“ seien nicht erkennbar. „Die Gründe dürften individuell sehr unterschiedlich sein und in unserem Landkreis insgesamt nicht anders liegen als außerhalb.“ Tatsächlich ist die Nachfrage in ganz Bayern zuletzt gesunken. Gesundheitsminister Klaus Holetschek bestätigt gegenüber unserer Redaktion: „Leider zeigen uns die Impfzahlen, dass die Impfbereitschaft aktuell rückläufig ist. Das ist in den Impfzentren und den Arztpraxen deutlich zu spüren.“ Hoffnung setzt Holetschek auf die Kombi-Impfung mit AstraZeneca und Biontech. Der nur vierwöchige Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung sei „auch mit Blick auf die nahen Sommerferien als attraktiv anzusehen“.

    Urlaub und niedrige Inzidenzwerte als Gründe für Impfmüdigkeit?

    Dass gerade die Urlaubssaison eine wichtige Rolle für die Impfkampagne spielt, glaubt auch Allgemeinmediziner Moser. „Viele haben vor ein paar Wochen darauf gedrängt, vollständig geimpft zu werden, um ohne große Hürden wegfahren zu können. Dieses Zeitfenster ist inzwischen geschlossen“, sagt Moser. „Manchmal dürften sich mögliche Impftermine auch mit Urlaubsplänen überschneiden, weshalb die Leute lieber warten.“ Ein weiterer Grund könnten nach Mosers Einschätzung auch die aktuell niedrigen Inzidenzwerte sein. „Sie vermitteln eine Sicherheit, die aber trügerisch ist, weil die Zahlen früher oder später wieder steigen werden. Wenn die Impfbereitschaft so überschaubar bleibt, werden wir uns schwer damit tun, Infektionen zu kontrollieren und die Zahlen dauerhaft niedrig zu halten.“

    Dr. Arian Derakhchan wurde vor sechs Wochen schier überrannt, als er in Wulfertshausen eine Sonderimpfung mit Vakzin aus dem Kontingent der Praxisclinic Mering anbot. Am 20. Juli verimpft die Gemeinschaftspraxis in

    Impf-Anreize oder Sanktionen bei Fernbleiben? Landrat Metzger dagegen

    Um die Impfquote wieder schneller nach oben zu treiben, werden derzeit verschiedene Mechanismen diskutiert – etwa, ob Anreize für Impfwillige geschaffen oder „Impfschwänzer“ bestraft werden sollen. Auch im Landkreis Aichach-Friedberg vorstellbar? Landrat Klaus Metzger hat dazu eine klare Meinung: „Ich halte weder von Anreizsystemen noch von Sanktionen etwas.“ Stattdessen setzt der Landkreis weiterhin auf niedrigschwellige Impfangebote. In der kommenden Woche sind mehrere Sonderaktionen geplant, darunter auch für 12- bis 17-Jährige.

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