Kreiskämmerer Josef Grimmeiß ist nicht dafür bekannt, die Finanzlage schönzureden. Im Gegenteil: Wenn etwas aus dem Ruder läuft, dann legt er rechtzeitig den Finger in die Wunde und warnt die Kreispolitiker. Seine Gesamteinschätzung zur Finanzsituation bei der entscheidenden Vorberatung des Haushalts 2021 im Kreisausschuss: "Ein positives Bild." Das ist für seine Verhältnisse schon fast Euphorie und hat vor allem mit einem ungewohnt dicken Sparstrumpf zu tun, den der Kassenwart des Wittelsbacher Landes derzeit in der Hinterhand hat.
Fast 23 Millionen Euro Rekord-Rücklage liegen beim Landkreis aktuell auf der hohen Kante. Das ist auch für Grimmeiß, seit 2002 für die Finanzen im Landkreis Aichach-Friedberg zuständig, eine ungewohnte Situation. Mit diesem Geld lassen sich die geplanten Investitionen (unter anderem Vinzenz-Pallotti-Schule in Friedberg und Erweiterungsbau Landratsamt) mittelfristig schultern und auch die unweigerlichen aber für den Kreis zeitversetzten Steuereinbrüche der Kommunen durch die Corona-Krise in den nächsten Jahren überbrücken, ohne die Verschuldung wieder eklatant nach oben treiben zu müssen. Einfach gerechnet, könnte man die 23 Millionen Euro Rücklage auch vom Schuldenstand des Landkreises zum Jahresende 2020 (10,4 Millionen Euro) abziehen und kommt zu einem für das Wittelsbacher Land völlig außergewöhnlichen Ergebnis: Der Landkreis ist nicht nur schuldenfrei, sondern hat rund 12,5 Millionen Euro Guthaben auf der Seite.
Eigentlich hat der Landkreis sogar Geld auf der Seite
Aber so einfach ist die Rechnung nicht, denn zu den 10,4 Millionen des Landkreises kommen noch mal 21,8 Millionen Euro Schulden für den Krankenhausneubau in Aichach durch den Eigenbetrieb Kliniken an der Paar und aktuell über 17 Millionen Euro Kassenkredite, um die Krankenhäuser immer flüssig zu halten. Aber auch bei den Kliniken zeichnet sich ja ein Lichtstreif am Horizont ab: Das Defizit für 2021 soll laut Wirtschaftsplan bei 4,6 Millionen liegen.
Die Hochrechnung für das Jahresergebnis 2020 liegt bei 5,1 Millionen und 2019 zahlte der Kreis 7,8 Millionen Euro drauf, um die Verluste auszugleichen. Zur Erinnerung: Mitte 2019 kündigte die damalige Geschäftsführung in einem Szenario Verluste von insgesamt 30 Millionen für die drei Jahre von 2019 bis 2021 an. Da liegt man jetzt um einen zweistelligen Millionenbetrag darunter. Diese Entwicklung, aber auch Einsparungen, verschobene Projekte, vor allem aber außergewöhnlich hohe Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren haben den Sparstrumpf gut gefüllt. Allein im vergangenen Jahr ist die Rücklage um 8,2 Millionen Euro gewachsen.
Landrat Metzger: Antizyklisch investieren und regionale Wirtschaft stärken
Mit diesem Geld soll die anstehende Einnahmen-Durststrecke durchschritten werden. Die Kommunen können mit einer Senkung der Kreisumlage um einen Prozentpunkt auf 48,5 entlastet werden. Landrat Klaus Metzger ist besonders wichtig, dass der Landkreis mit seinen Bauinvestitionen in schwierigen Zeiten auch antizyklisch die regionale Wirtschaft unterstützt.
Vier Gegenstimmen für Etatentwurf aus dem Kreisausschuss
Der von Grimmeiß vorgestellte Haushaltsentwurf wurde jetzt vom Kreisausschuss mit vier Gegenstimmen dem Kreistag zur Genehmigung empfohlen. Neben der AfD (Josef Settele) und ÖDP (Berta Arzberger) stimmten auch die beiden Kreisrätinnen der Grünen gegen das Zahlenwerk. Begründung von Katrin Müllegger-Steiger: zu wenig Akzente für Klima- und Umweltschutz. Bei einer Rekordhöhe der Umlagekraft (Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen aller 24 Kommunen im Jahr 2019) von über 167 Millionen Euro, bekommt der Kreis 2021 bei einem Hebesatz der Umlage von 48,5 Prozent 81 Millionen Euro in die Kasse.
Kämmerer Grimmeiß kalkuliert mit einem Verwaltungshaushalt von rund 144 Millionen Euro für die laufenden Ausgaben des Landkreises und von weiteren 27 Millionen Euro im Vermögensetat für die Investitionen. Die Schulden (Kreis und Kliniken, ohne Kassenkredite) würden bis Ende 2021 auf rund 32 Millionen Euro abschmelzen, aber bis Ende 2024 wieder auf 37,5 Millionen steigen.
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