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Aichach-Friedberg: Corona im Krankenhaus Friedberg: Klinik-Chef wehrt sich gegen Kritik

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Corona im Krankenhaus Friedberg: Klinik-Chef wehrt sich gegen Kritik

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    Die Vielzahl positiv auf Corona getesteter Mitarbeiter und Patienten am Friedberger Krankenhaus seit November war am Mittwoch Thema im Werkausschuss des Landkreises.
    Die Vielzahl positiv auf Corona getesteter Mitarbeiter und Patienten am Friedberger Krankenhaus seit November war am Mittwoch Thema im Werkausschuss des Landkreises. Foto: Ute Krogull (Archivfoto)

    Was hat es mit der Vielzahl positiv auf Corona getesteter Mitarbeiter und Patienten am Friedberger Krankenhaus in den vergangenen Wochen auf sich? Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar, nahm am Mittwoch im Werkausschuss des Kreistags ausführlich Stellung dazu. "Wesentliche Punkte" der Berichterstattung unter anderem unserer Redaktion entsprächen nicht der Realität, kritisierte er. Außerdem wies er Kritik zurück, die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert zu haben.

    Zwar gehe die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis derzeit nach unten. Dennoch sei die Belastung der Kliniken hoch: "Der Anteil der schwer und schwerst kranken Patienten hat deutlich zugenommen." Die Zahl bestätigter Covid-19-Patienten stelle deren Anzahl im Frühjahr in den Schatten.

    160 Corona-Patienten allein in Aichach von Oktober bis Dezember

    Von März bis Mai wurden im Aichacher Krankenhaus, das Schwerpunktkrankenhaus für Covid-19-Patienten ist, über 60 positiv Getestete behandelt; neun davon starben. Im selben Zeitraum wurden in Friedberg 18 aufgenommen und, wie vorgesehen, nach Aichach verlegt. Über den Sommer lag die Zahl der Covid-Patienten im Aichacher Krankenhaus insgesamt nur im einstelligen Bereich. "Die zweite Welle hat mit aller Nachhaltigkeit im Oktober zugeschlagen", so Mayer. Über 160 bestätigte Covid-Patienten wurden von Oktober bis Dezember in Aichach behandelt, davon starben 35. In Friedberg wurden im selben Zeitraum 50 Covid-Patienten notfallmäßig aufgenommen und nach Aichach verlegt. Als einziger Rettungsdienstbereich im Raum Augsburg habe man die Einteilung von Aichach als Covid-Schwerpunktkrankenhaus durchgehalten. Anderswo sei das aus Kapazitätsgründen nicht möglich gewesen.

    Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar mit den Häusern in Aichach und Friedberg, wirbt bei Patienten um Vertrauen in die Krankenhäuser.
    Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar mit den Häusern in Aichach und Friedberg, wirbt bei Patienten um Vertrauen in die Krankenhäuser. Foto: Christian Lichtenstern (Archivfoto)

    Mayer bemängelte, dass in der Berichterstattung nicht unterschieden worden sei, welche positiv getesteten Patienten bereits mit Covid-19 ins Krankenhaus gekommen seien und welche sich möglicherweise dort erst angesteckt hätten. Allerdings tat auch Mayer das nicht. Ebensowenig das Landratsamt, das am Dienstag auf Anfrage unserer Redaktion von elf positiv getesteten Klinik-Mitarbeitern aus dem Landkreis und 15 Patienten im Verlauf des Novembers berichtet hatte; des Weiteren von positiven Tests bei 16 Mitarbeitern aus dem Landkreis und 21 Patienten im Dezember sowie bei elf Mitarbeitern aus dem Landkreis und zehn Patienten im Januar bis zum Montag.

    Klinikchef: Möglicherweise sogar noch mehr positive Tests bei Mitarbeitern

    Gleichzeitig räumte Mayer auf Nachfrage von Thomas Kleist (CSU) ein, dass es möglicherweise weitere positive Tests bei Mitarbeitern gab, die außerhalb des Landkreises wohnen, deren Ergebnisse hier aber noch nicht vorlägen. Er nannte den Zeitverzug, bis manche Betroffene von Gesundheitsämtern außerhalb des Landkreises von einem positiven Ergebnis erführen, "drastisch". Erfolge der Test nicht im Krankenhaus, sondern etwa auf einer öffentlichen Teststrecke, könne das bis zu zehn Tage dauern. Im vierten Quartal seien es "bis zu 14 Tage" gewesen, bis Betroffene von ihren Heimatgesundheitsämtern erfahren hätten, dass sie in Quarantäne hätten gehen müssen. Bis dahin sei die Quarantänezeit vorbei gewesen. Manche Kreisräte reagierten mit entsetztem Kopfschütteln.

    Mayer sagte, man könne angesichts der Inkubationszeit von drei bis 14 Tagen oft "nicht beweisend sagen, auf welchem Weg eine Infektion stattgefunden hat". Er erinnerte daran, dass der Landkreis im vierten Quartal 2020 fast durchgehend über einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 gelegen hatte. "Ab über 100 ist eine Klärung der Kontaktketten nicht mehr möglich."

    Geschäftsführer: "Differenziertes Hygienekonzept" an Kliniken an der Paar

    An den Kliniken an der Paar gebe es ein "differenziertes Hygienekonzept", das fortwährend überarbeitet werde. Noch ehe das Vorschrift war, seien Patienten, die zur stationären Aufnahme kamen, getestet worden oder mussten ein negatives Ergebnis vorweisen. Coronatypische Symptome würden erfasst. Man habe das Hygienefachpersonal verstärkt. Die Mitarbeiter seien 14-tägig auf freiwilliger Basis getestet worden. Zunächst mit Abstrichtests. Diese seien sehr unangenehm, seit der Abstrich durch die Nase bis in den Rachen vorgenommen werde. Darunter habe die Akzeptanz gelitten. Jetzt würden Schnelltests angewandt. Im Dezember sei der Testturnus auf eine Woche verkürzt worden. Damals seien über 300 Mitarbeiter per Abstrichtest getestet worden - mit sieben positiven Befunden, so Mayer. Er selbst habe die Befunde abgefragt und positiv getestete Mitarbeiter in Quarantäne geschickt. Mit Stand vom Dienstag wurden drei Mitarbeiter positiv getestet. Bei Patienten würden bei der Aufnahme inzwischen jeweils sowohl Abstrich- als auch Schnelltests gemacht.

    Mayer verwies auf ein bekanntes Problem: Die Tests sind nicht hundertprozentig zuverlässig. "Es kommt immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen bei parallelen Tests." Gefährlich werde es, wenn jemand erst negativ, dann positiv getestet werde. So wie es bei vier Patienten der Fall war. Mayer nannte es "hochdramatisch", dass "leider zwei Patienten zu Tode gekommen seien". In einem Fall verwies er jedoch auf schwerste Vorerkrankungen.

    Kreisrätin fordert: "Das muss ganz klar sauber aufgeklärt werden"

    Im öffentlichen Teil der Sitzung gab es nur wenige Nachfragen. Claudia Eser-Schuberth (Grüne) forderte hörbar angefressen: "Das muss ganz klar sauber aufgeklärt werden." Sie ergänzte: "Für mich stellt sich die Vertrauens- und Transparenzfrage." Klaus Habermann (SPD) sah "keine Versäumnisse" im Krankenhaus, monierte aber die Kommunikation. Würden Seniorenheim-Mitarbeiter positiv getestet, werde das durch das Landratsamt gemeldet. Zum Krankenhaus "ist komischerweise nie was zu lesen gewesen".

    Gesundheitsamtsleiterin Dr. Kirsten Höper stellte klar: Bei einem Ausbruch etwa in einem Heim werde über positive Tests berichtet, außerhalb eines Ausbruchs nicht. Ende Dezember habe es "immer noch keinen dringenden Hinweis auf ein Ausbruchsgeschehen [in der Klinik, Anm. d. Red.] gegeben". Daher habe sie auch keinen Reihentest anordnen können, wie von den Kliniken gewünscht. Der Test fast aller Mitarbeiter sei auf freiwilliger Basis erfolgt und habe sich wegen der Feiertage bis 7. Januar gezogen. Mayer verwies darauf, dass täglich berichtet werde, wie viele Covid-Patienten an den Kliniken behandelt würden. Bei den Mitarbeitern habe es "ein normales Niveau an Erkrankten" gegeben. Er habe daher "keine unnötige Verunsicherung" schaffen wollen.

    Rund 60 Prozent der Klinik-Mitarbeiter sind bislang einmalig geimpft

    Allerdings: 38 positiv getestete Mitarbeiter aus dem Landkreis in zweieinhalb Monaten - das entspricht bei 360 Mitarbeitern einer Infektionsquote von über zehn Prozent. Mögliche weitere positiv getestete Mitarbeiter von außerhalb noch nicht eingerechnet. Zum Vergleich: Im gesamten Landkreis haben sich seit Beginn der Pandemie 2,4 Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert.

    Inzwischen sind Mayer zufolge 64 Prozent der Mitarbeiter in Aichach und 60 Prozent in Friedberg einmalig gegen Corona geimpft. Am Mittwoch habe die "zweite Runde" begonnen.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Corona im Krankenhaus Friedberg: Warum die Heimlichtuerei?

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