Startseite
Icon Pfeil nach unten
Aichach
Icon Pfeil nach unten

Aichach-Friedberg: Corona-Stau: Lange Wartezeiten auf einen Platz im Schwimmkurs

Aichach-Friedberg

Corona-Stau: Lange Wartezeiten auf einen Platz im Schwimmkurs

    • |
    Wegen Corona sind zuletzt zahlreiche Schwimmkurse im Landkreis Aichach-Friedberg ausgefallen. Der Rückstand lässt sich nur schwer aufholen.
    Wegen Corona sind zuletzt zahlreiche Schwimmkurse im Landkreis Aichach-Friedberg ausgefallen. Der Rückstand lässt sich nur schwer aufholen. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa (Symbolbild)

    Seit Jahren schon warnt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) davor, dass immer weniger Kinder sicher schwimmen können. Vor einigen Jahren ergab eine repräsentative Forsa-Umfrage: Fast 60 Prozent der Zehnjährigen sind keine sicheren Schwimmer. Durch die Corona-Pandemie hat sich diese Problematik nun noch weiter verschärft.

    Zahlreiche Kurse konnten über die vergangenen 1,5 Jahre nicht stattfinden - entweder, weil die Schwimmbäder geschlossen waren oder weil die pandemische Lage eine sichere Durchführung unmöglich machte. Während Familien vor Corona auf einen Platz im Schwimmkurs im Landkreis Aichach-Friedberg in der Regel maximal wenige Monate warten mussten, hat die lange Zwangspause nun zu einem Stau geführt, der sich schwer aufholen lässt. Allein bei der Wasserwacht Aichach stehen 65 Kinder derzeit auf der Warteliste für einen

    Plätze in Schwimmkursen in Aichach-Friedberg sind in kurzer Zeit ausgebucht

    Derzeit laufen vier Anfänger-Schwimmkurse bei Susannes Schwimmschule im Hallenbad in Friedberg mit jeweils sechs Kindern. Im Dezember - sofern es das Infektionsgeschehen erlaubt - starten vier weitere Anfängerkurse. Innerhalb einer Woche waren dafür alle Plätze ausgebucht. "Es sind durch die Pandemie zwei Jahrgänge verloren gegangen - das können wir nicht wieder aufholen", sagt Müller. Merken werde man das vermutlich erst in drei bis vier Jahren. "Nämlich dann, wenn die Kinder und Jugendlichen alleine ins Freibad oder an den Baggersee fahren", befürchtet die Schwimmlehrerin.

    Auch bei der Aichacher Wasserwacht stößt man mit dem Angebot an die Grenzen. Normalerweise gibt es zwei Schwimmgruppen im Frühjahr und zwei im Herbst mit jeweils 20 Kindern. Wegen Corona werden im Moment nur 16 Plätze besetzt. "Damit sind wir bislang ganz gut hingekommen", sagt Seitz. Nun müsse man priorisieren, wer einen Platz bekomme. So konnten sich beispielsweise die Kinder aus dem letzten Kurs im Frühjahr 2020, der nach drei Terminen abgebrochen werden musste, etwas früher für die jetzt im Oktober gestarteten Kurse anmelden.

    Im Aichacher Stadtteil Klingen versucht der örtliche Sportverein, die Lücke zu schließen. Im September hat ein Anfänger-Schwimmkurs für Kinder begonnen - zum ersten Mal. Organisiert wird er von den Wanderfreunden Klingen, die seit 2018 auch Kraulschwimmen und Aquagymnastik in ihrem Verein anbieten. Viele der Vereinsmitglieder, die dort schwimmen, haben selbst Kinder - und kennen die schwierige Suche nach einem Platz in einem Schwimmkurs. "Die sind mit dem Wunsch auf uns zugekommen, ob wir als Verein einen Schwimmkurs anbieten können", sagt Schriftführer Stefan Aidelsburger. Der Verein konnte.

    Um mehr Schwimmkurse anbieten zu können, fehlen der Wasserwacht Leute

    20 Kinder lernen deshalb nun im Hallenbad an der Aichacher Realschule an zehn Samstagen die Grundlagen fürs Schwimmen - am Ende steht die Prüfung fürs Seepferdchen. Ob das ein einmaliges Angebot sein wird oder im Dezember ein neuer Anfängerkurs startet, ist laut Aidelsburger noch nicht ganz klar. "Das werden wir bis Dezember besprechen." Die Nachfrage würde es auf jeden Fall hergeben. Nach nur 24 Stunden war der Premierenkurs ausgebucht.

    Für die bestehenden Anbieter ist es trotz des offensichtlichen Bedarfs schwierig, mehr Schwimmkurse anzubieten. "Wir machen das alles ehrenamtlich", erklärt Linda Seitz von der Wasserwacht. Seit Jahren seien es immer dieselben Mitglieder, die sich bei den Schwimmkursen engagieren. Einige würden gerne etwas kürzertreten, "können aber nicht, weil es nicht genug Leute gibt". Einerseits sei es schwierig, insbesondere aus der Jugend Leute nachzuziehen, andererseits hat auch Corona hier seinen Teil dazu beigetragen. "Die Kurse für den Ausbilderschein für Schwimmen sind ebenfalls ausgefallen", erklärt Seitz.

    Deshalb ist die Wasserwacht auf der Suche nach Unterstützung. "Wer sich das vorstellen kann, in den Schwimmkursen zu helfen, soll sich gerne melden." Pro

    Susanne Müller steht mit ihrer privaten Schwimmschule vor anderen Herausforderungen. "Ich würde gerne auch weitere Kurse in Aichach anbieten", sagt sie. Das sei allerdings schwierig. Denn eine kommerzielle Nutzung des Hallenbads ist nicht vorgesehen. "Dazu gibt es einen Kreistagsbeschluss, der das untersagt", erklärt Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamts. Der Landkreis entscheidet darüber, wer zu welchen Zeiten das Hallenbad an der Realschule nutzen kann. Unter der Woche steht es überwiegend Schulen und Vereinen zur Verfügung - damit ist das kleine Bad gut ausgelastet.

    Öffentlichen Badebetrieb im Hallenbad nicht weiter eingrenzen

    Am Wochenende geht das Hallenbad in die Zuständigkeit der Stadt Aichach über. Von Freitag bis Sonntag gibt es unter anderem einen öffentlichen Badebetrieb, aber auch örtliche Vereine nutzen das Bad am Wochenende. "Es ist durch Corona ohnehin eine begrenzte Personenzahl erlaubt", erklärt der stellvertretende Hauptamtsleiter, Gerhard Wintermayr. Man wolle die Öffnungszeiten für die Aichacher nicht unbedingt noch weiter eingrenzen.

    Am Ende bleibt nur eine Möglichkeit, damit Kinder zeitnah schwimmen lernen: "Die Eltern müssen selbst ran", sagt Susanne Müller. Viele würden sich das nicht zutrauen, so Linda Seitz. "In der Regel können Eltern aber zumindest einen Teil selbst übernehmen." So können sie beispielsweise ihrem Kind helfen, in der Dusche oder Badewanne Berührungsängste gegenüber Wasser abzubauen.

    Tipps für Eltern: Wie lernen Kinder schwimmen?

    Selfmade Schwimmkurs: Eltern können auch selbst einiges tun, um ihren Kindern schwimmen beizubringen, ist sich Linda Seitz von der Wasserwacht Aichach sicher. Sie verweist auf eineLehr-Broschüre für Eltern der Wasserwacht Thannhausen, die frei zugänglich ist. Darin enthalten sind zahlreiche Tipps fürs Schwimmenlernen, von denen wir hier ein paar rausgegriffen haben.

    Sicherheit: Eltern sollten beim Üben mit ihren Kindern auch immer auf ihre eigenen Grenzen achten. Sie müssen sich ebenfalls im Wasser sicher fühlen und erkennen, wenn ihre Kraft nachlässt. Außerdem ist es wichtig, dass man das Gewässer vorab checkt und auf mögliche Gefahrenquellen achtet.

    Keine Angst vor Wasser: Den Kopf unter einen Duschstrahl halten, kann für einige Kinder bereits zur Herausforderung werden. Helfen können hier spielerische Übungen, um das Kind an den Umgang mit Wasser zu gewöhnen - ganz ohne Schwimmen. Möglich ist das, indem man sich das Kind selbst mit der Gießkanne abduschen lässt, im niedrigeren Wasser gemeinsam Fangen spielt oder eine Wasserschlacht macht.

    Tauchen: Im nächsten Schritt können einige Übungen helfen, die Kinder an das Tauchen zu gewöhnen. An der Wasseroberfläche oder knapp darunter mit dem Atem zu blubbern, zeigt, dass es halb so schlimm ist, wenn Wasser an Mund und Nase ist. Stück für Stück können Spiele dabei helfen, dass der ganze Kopf unter Wasser geht. Das Kind kann beispielsweise einen leichten schwimmenden Gegenstand über das Wasser schieben - zuerst mit dem Kinn, dann mit der Nase und später mit der Stirn.

    Schweben: Ein besonders gutes Gefühl im Wasser bekommen Kinder durch Schweben - in Rücken- oder Bauchlage. Dabei können Eltern dem Kind Stabilität geben, in dem sie die Hand reichen, den Kopf stützen oder das Kind auf dem Rücken durch das Wasser ziehen. Etwas mehr Überwindung kostet das Schweben im Bauchlage. Aber auch hier können Eltern zu Beginn so viel Hilfestellung geben, wie es braucht, damit sich das Kind sicher fühlt. Wichtig für den Auftrieb ist, dass das Kind vor dem "Schweben" einatmet.

    Gleiten: Vom Schweben zum Gleiten ist es dann nur ein recht kleiner Schritt, der eine gute Vorbereitung fürs Schwimmen selbst ist. Dabei können Eltern zunächst das Kind an den Füßen nehmen und es in Bauchlage durch das Wasser schieben. Alternativ kann sich das Kind auch selbst aus der Hocke oder vom Beckenrand abstoßen und gleiten. Das geht auch komplett unter Wasser.

    Springen: Vom Beckenrand ins Becken hüpfen können, schafft zusätzliche Sicherheit - und macht viel Spaß. Kinder können ganz klein anfangen und sich zunächst vom Beckenrand sitzend ins Wasser rutschen lassen. Später hilft vielleicht eine Schwimmnudel, mit der das Kind ins Becken hüpft. Beim Springen ist besonders wichtig, auf eine ausreichende Beckentiefe zu achten.

    Beinbewegung: In der Regel beginnt man beim Schwimmenlernen mit der richtigen Beinbewegung. Denn sie macht einen Großteil des Vortriebs aus. Die Technik lässt sich auch ohne Wasser im Sitzen trainieren. Dazu streckt das Kind die Beine vor sich aus, zieht sie dann in Richtung Bauch heran, die Fersen am Po, die Knie sollen dabei vom Bauch weggestreckt sein. Beim Wiederausstrecken grätscht das Kind die Beine in V-Form und schließt am Ende die Beine wieder. Ist der Ablauf trainiert, kann man die Übungen ans Wasser verlagern: Die Beine sind im Wasser, Bauch und Oberkörper liegen auf dem Beckenrand. Später kann man die Bewegung komplett ins Wasser verlagern.

    Armbewegung: Auch die Armbewegung kann man vorab im Trockenen üben. Dabei werden die Arme nach vorne gestreckt, die Handflächen berühren sich. Anschließend werden die Hände nach außen geklappt und nach außen und hinten gezogen, dann die Ellenbogen angezogen und die Arme am Körper entlang wieder nach vorne gestreckt. Ist der Ablauf verinnerlicht, kann die Bewegung im schultertiefen Wasser stehend geübt werden oder mit einem Hilfsmittel wie einer Schwimmnudel.

    Schwimmen: Funktionieren die Bein- und Armbewegungen unabhängig voneinander, können sie zu einer Schwimmbewegung zusammengefügt werden. Wichtig ist, dass die erlernten Fähigkeiten regelmäßig geübt werden.

    Um sie dabei zu unterstützen, hat die Wasserwacht im Sommer im Dasinger Freibad Schwimmkurse nicht für die Kinder alleine, sondern gemeinsam mit einem Elternteil angeboten. "Wir wollten den Eltern eine Hilfestellung geben, wie sie ihre Kinder dabei unterstützen können, schwimmen zu lernen." Rund 50 Familien nutzten das Angebot im Sommer - Anmeldungen gab es sogar noch mehr. Deshalb sei es grundsätzlich vorstellbar, das Angebot im Sommer 2022 zu wiederholen, sofern es die Personalkapazitäten zulassen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden