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Aichach-Friedberg: Corona: Erlebt Aichach-Friedberg eine "Pandemie der Ungeimpften"?

Aichach-Friedberg

Corona: Erlebt Aichach-Friedberg eine "Pandemie der Ungeimpften"?

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    Die vom Coronavirus befallene Lunge eines Patienten am Krankenhaus Aichach.
    Die vom Coronavirus befallene Lunge eines Patienten am Krankenhaus Aichach. Foto: Ulrich Wagner

    Sie haben wieder umgebaut im Aichacher Krankenhaus. Monatelang brauchte es dort keine Corona-Isolationsstation - einfach, weil es fast keine schwereren Fälle mehr gab. Doch das ist nun anders. Seit vergangener Woche werden die Covid-Erkrankten, teils übernommen aus der Uniklinik Augsburg, wieder in einem eigens dafür eingerichteten Bereich stationär behandelt. Ihre Zahl hat sich in den vergangenen Tagen im niedrigen bis mittleren einstelligen Bereich eingependelt. Doch es werden mehr, daran hat Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar, kaum Zweifel. Mehr noch: "Es werden wieder Menschen an Corona sterben. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche."

    Corona-Impfungen beeinflussen Inzidenz im Landkreis Aichach-Friedberg

    Bislang sind im Landkreis 101 Personen ums Leben gekommen, der letzte Todesfall war im Juni zu beklagen. Die Wahrscheinlichkeit akuter Krankheitsverläufe wird umso größer, je mehr Menschen sich infizieren. Doch wer sind diejenigen, die momentan im Krankenhaus behandelt werden müssen? Erlebt auch der Landkreis zunehmend eine "Pandemie der Ungeimpften"? Er halte den Begriff für sehr plakativ, sagt Dr. Mayer. Doch im Kern treffe er zu. "Die Personen, die bei uns behandelt werden müssen, sind im Wesentlichen ungeimpft." Zwar habe man auch mit Geimpften zu tun, proportional sei deren Anteil aber deutlich geringer. "Das Risiko, in Kontakt mit dem Virus zu kommen, ist bei Geimpften und Ungeimpften gleich. Das Risiko, zu erkranken, ist bei Ungeimpften aber etwa zehnmal so hoch. Damit steigt dann auch die Wahrscheinlichkeit, schwer zu erkranken."

    Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar mit Standorten in Aichach und Friedberg.
    Dr. Hubert Mayer, Geschäftsführer der Kliniken an der Paar mit Standorten in Aichach und Friedberg. Foto: Ulrich Wagner

    Was momentan dazu beiträgt, die Corona-Lage trotz gestiegener Zahlen unter Kontrolle zu behalten, ist das Alter der Infizierten. In den meisten Fällen gilt: Je jünger Betroffene sind, desto milder ist der Krankheitsverlauf. Tatsächlich ist gerade die Inzidenz unter jüngeren Landkreisbewohnerinnen und -bewohnern deutlich höher. Während das Robert-Koch-Institut (RKI) am Sonntag für das gesamte Wittelsbacher Land die Inzidenz 73,3(Samstag: 79,2) meldete, lag sie unter den Null- bis Vierjährigen bei 168,35, unter den Fünf- bis 14-Jährigen bei 185,3 und bei den 15- bis 34-Jährigen bei 87,4. Ganz anders dagegen die Älteren: In der Altersgruppe über 80 gab es in der vergangenen Woche nur einen Fall. Woran liegt dieser Unterschied zwischen Jung und Alt?

    Covid: Jüngere häufiger infiziert, aber seltener im Krankenhaus

    Dr. Viktoria Schaefer, kommissarische Leiterin des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg, sieht die Impfungen als einen entscheidenden Faktor an: "Je älter eine Person ist, desto höher ist derzeit ihre Wahrscheinlichkeit, bereits vollständig geimpft zu sein - entweder, weil die Person aufgrund des reinen Alters im Frühjahr bereits in einer hohen Prioritätenstufe war und daher bevorzugt geimpft wurde. Oder weil sie aufgrund des Vorerkrankungsprofils Vorrecht auf Impfen hatte." Zwar stehe seit rund zwei Monaten grundsätzlich allen Personen ein Impfangebot frei - im Verhältnis zur Gesamtdauer der Impfkampagne sei dieser Zeitraum aber so kurz, "dass er sich offensichtlich statistisch auswirkt. Vereinfacht gesagt: Ältere Personen haben seit achteinhalb Monaten die Chance, sich impfen zu lassen, jüngere erst seit etwa zweieinhalb Monaten. Dies äußert sich in der altersbezogenen Impfquote." Die Impfung wiederum bestimme als wesentlicher Faktor die Empfänglichkeit für eine Virusübertragung.

    Als weiteren Grund für die höheren Infektionszahlen unter Jüngeren sieht Dr. Schaefer auch deren Alltagsgestaltung: "Im Schnitt dürfte die Exposition gegenüber infektiologisch relevanten Kontakten bei jüngeren Personen höher sein, da Faktoren wie der Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen - Kita, Kindergarten, Schule - und die Erwerbstätigkeit am Arbeitsplatz in signifikantem Umfang Gelegenheiten für eine Übertragung von Infektionen schaffen." Dies sei bei nicht erwerbstätigen, außerhalb einer Gemeinschaftseinrichtung betreuten Personen in geringerem Maß der Fall.

    Ferien, Schule und Wetter beeinflussen Infektionslage

    Nach Dr. Schaefers Angaben sind derzeit rund drei von vier Corona-Fällen auf Nichtgeimpfte zurückzuführen. Der Impffortschritt - rein rechnerisch ist etwas mehr als jede zweite Person im Landkreis vollständig immunisiert - beeinflusst das Infektionsgeschehen im Wittelsbacher Land also unmittelbar. Wie der Landkreis durch den Herbst kommt, wird sich nach Einschätzung von Krankenhausgeschäftsführer Dr. Mayer in "ein bis zwei Wochen" abzeichnen: "Dann sind die Ferien lange genug vorbei und die Kinder lange genug zurück in der Schule, dass eine echte Trendbetrachtung zulässig ist. Aber auch danach werden wieder Variablen hinzukommen - etwa, wenn das Wetter schlechter wird und die Menschen sich wieder mehr in Innenräumen aufhalten." Grundsätzlich gehe er davon aus, dass bis zum kommenden Frühjahr "jeder und jede Kontakt zu diesem Virus haben wird".

    Sollte sich die Lage am Krankenhaus tatsächlich wieder zuspitzen, müssen "Regeltätigkeiten" laut Mayer wieder zurückgefahren werden - so, wie es vor allem rund um den Jahreswechsel der Fall gewesen war. Damals mussten nicht unbedingt notwendige, sogenannte elektive Eingriffe verschoben werden. "Das benachteiligt natürlich alle Nicht-Covid-Erkrankten", sagt der Geschäftsführer. Derzeit gehe er aber nicht davon aus, dass sich die Lage noch einmal zuspitze wie bei bei früheren Wellen.

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