Im Umgang mit dem Corona-Infektionsgeschehen am Friedberger Krankenhaus haben Landratsamt und Gesundheitsamt am Montag Fehler eingeräumt. Zum einen, was die Information der Öffentlichkeit anbelangt. Zum anderen in Bezug auf die Einordnung des Infektionsgeschehens als Ausbruch. Bis Ende der vergangenen Woche hatten sich Klinik-Leitung und Landratsamt gegen die Einstufung als Ausbruch gewehrt. Das Gesundheitsamt revidierte diese Sichtweise nun. Außerdem teilte es mit, dass es am Friedberger Krankenhaus auch aktuell einen Corona-Ausbruch gibt.
Erst nach Recherchen von Medien, darunter auch unsere Redaktion, war in der vergangenen Woche bekannt geworden, dass es im Verlauf von November bis Mitte Januar rund 40 positive Testergebnisse unter Mitarbeitern des Krankenhauses gegeben hatte. Hinzu kamen rund vier Dutzend positiv getestete Patienten. Wobei bislang unklar ist, wie viele der Infektionen bereits ins Krankenhaus "mitgebracht" wurden und ob oder wie viele davon möglicherweise dort stattfanden. Der Werkausschuss des Kreistags, der für die Belange der Kliniken zuständig ist, erfuhr von all dem erst aus der Zeitung.
Landrat Metzger: Werden Öffentlichkeitsarbeit zu Kliniken intensivieren
Bei einem Pressegespräch am Montag räumte Landrat Klaus Metzger ein, die transparente Darstellung nach außen habe "eingestandenermaßen [...] zwischen den Weihnachtsferien und dem Jahreswechsel nicht so funktioniert, wie ich mir das vorstelle". Er kündigte an: "Wir werden intensiv daran arbeiten, dass das nicht mehr passiert." Dass das Thema die Menschen umtreibe und auch er dabei in die Pflicht genommen werde, sei verständlich. "Wir müssen die Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Kliniken intensivieren." Metzger unterstrich jedoch in aller Deutlichkeit, es habe nichts vertuscht werden sollen.
Das Gesundheitsamt sei eine staatliche und damit vom Landratsamt unabhängige Behörde. Die Kliniken seien ein Eigenbetrieb des Landkreises. Das Landratsamt könne nur Informationen transportieren, die es bekomme. Wer diese Bringschuld in seinen Augen nicht erfüllt hatte, ließ er offen. Metzger äußerte lediglich das "Eingeständnis, dass das nicht optimal gelaufen ist zwischen den drei beteiligten Stellen".
Taskforce des Landesamts für Gesundheit arbeitet Geschehen auf
Ob es abseits der Kommunikation auch fachliche Versäumnisse gab, ist noch offen. Damit befasst sich die Taskforce Infektiologie des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), die das Gesundheitsamt vor einer Woche hinzugezogen hatte. Auch die LGL-Spezialeinheit Krankenhaushygiene ist beteiligt. Ergebnisse sind wohl erst in einigen Wochen zu erwarten. Sie sollen laut Gesundheitsamt "transparent öffentlich gemacht werden".
Schon die Hinzuziehung der Taskforce hatte Fragen aufgeworfen. Sie kommt laut LGL-Internetseite vor allem bei schwerwiegenden Infektionsausbrüchen zum Einsatz. Landratsamt und Kliniken hingegen hatten noch am Donnerstag gemeinsam erklärt, "nach übereinstimmender Einschätzung von Staatlichem Gesundheitsamt und Klinikleitung" habe es Ende vergangenen Jahres im Krankenhaus Friedberg "kein aktuelles Corona-Ausbruchsgeschehen" gegeben. Lediglich von einem "wahrnehmbaren Anstieg an Krankheitsfällen, auch an Coronafällen" war die Rede.
Gesundheitsamt: Corona-Ausbruch im Krankenhaus Friedberg im Dezember
Diese Position räumte die Gesundheitsamtsleiterin Dr. Kirsten Höper am Montag, die sich auf Nachfrage nicht zu der Presseerklärung vom Donnerstag äußern wollte. Infolge von Tests am 9. Dezember seien vier positive Ergebnisse von Patienten bekannt geworden. Wenn vier positive Ergebnisse gleichzeitig kämen, sei das "natürlich ein Ausbruch", so Höper. Sie gestand ein: "Mein Versäumnis ist darin zu sehen, dass ich formal keinen Ausbruch definiert habe." Für Patienten und Mitarbeiter habe das jedoch keine Folgen gehabt. Die Erklärung eines Ausbruchs ist Höper zufolge wichtig, damit das Gesundheitsamt gewisse Maßnahmen anordnen kann. Alle Maßnahmen, die sie hätte anordnen können, hätten Klinik und Pflegedienstleitung aber vollständig und freiwillig abgearbeitet.
Am Freitag fand eine unangemeldete Begehung des Krankenhauses durch Gesundheitsamt, Taskforce und Spezialeinheit statt. Dabei wurde laut Höper unter anderem das Hygienekonzept besprochen. Zudem sei es um Aspekte wie Pausensituation und Umkleiden gegangen, die sich im Umgang mit Infektionen in Krankenhäusern als schwierig erwiesen hätten. Laut LGL stehen bei einer Begehung neben hygienischen Umständen die räumlich-funktionelle, betrieblich-organisatorische und personelle Aufstellung im Fokus. Zwei Taskforce-Mitarbeiter seien mit dem Geschehen in Friedberg befasst. Zur Taskforce gehören beispielsweise Ärzte sowie Hygienekontrolleure. LGL und Gesundheitsamt wollen nun das Infektionsgeschehen umfassend aufarbeiten - auch, um herauszufinden, wer wann Teil eines Ausbruchsgeschehens war und ob es möglicherweise Ansteckungen im Krankenhaus gab.
Auch aktuell gibt es einen Corona-Ausbruch am Krankenhaus Friedberg
Höper teilte mit, dass es auch aktuell einen Corona-Ausbruch am Friedberger Krankenhaus gibt. Zwei Stationen stehen seit dem Wochenende unter Quarantäne. Dort werden aktuell keine weiteren Patienten aufgenommen. Knapp 50 Patienten sind auf den betroffenen Stationen wegen anderer Erkrankungen in Behandlung.
Die Klinik-Leitung stellte bereits am Samstag eine Station unter Quarantäne, später sicherheitshalber eine zweite. Am Sonntag hatte das Gesundheitsamt laut Höper die Meldung erhalten, dass auf einer Station neun Mitarbeiter positiv getestet wurden und es drei weitere Verdachtsfälle gibt. Insgesamt wurden Klinik-Geschäftsführer Dr. Hubert Mayer zufolge aktuell circa 15 bis 20 Mitarbeiter entweder positiv getestet oder stehen unter Verdacht, möglicherweise infiziert zu sein. Er sprach von einer "hochdramatischen, hochinstabilen Lage". Verantwortliche von Klinik und Gesundheitsamt klärten nach eigenen Angaben am Sonntag bis 23.30 Uhr in der Klinik weitere Schritte.
Es werde Mayer zufolge alles getan, um die Situation in den Griff zu bekommen. Im schlimmsten Fall könnte es aber auch zum kompletten Aufnahmestopp kommen. Das Krankenhaus Friedberg müsste dann von der Notfallversorgung abgemeldet werden.
Corona am Krankenhaus Friedberg: Schutzmaßnahmen erneut verschärft
Die Kliniken an der Paar haben Mayer zufolge ihre Schutzmaßnahmen noch einmal verschärft. Die Hygienefachkräfte seien am Montag personell verstärkt worden. Sämtliche Mitarbeiter würden vor Schichtbeginn mit einem Antigenschnelltest abgestrichen. Aufenthalts- und Pausenräume dürften nur noch von jeweils einer Person benutzt werden. Auch die Regeln, wer das Krankenhaus betreten darf, seien noch einmal verschärft worden, so Mayer. Die Pandemiekonferenz mit Gesundheitsamt, Klinikleitung, Pflegedirektion, Klinik-Hygieniker, Hygienefachkräften und weiteren Beteiligten finde nun täglich statt.
Der personelle Austausch zwischen Aichach und Friedberg sei unterbunden worden. Mayer schloss nicht aus, dass das Krankenhaus möglicherweise bei der Rettungsleitstelle vorübergehend abgemeldet werden muss. "Wir wollen sicher stellen, dass die Patienten, die da sind, sicher versorgt werden." Auf Nachfrage sagte er, gegenwärtig sei nichts bekannt, wonach das Infektionsgeschehen auf das Aichacher Haus übergeschwappt sei.
In Leserbriefen auch von ehemaligen Kreisräten und in Sozialen Medien hagelt es derweil seit vergangener Woche harsche Kritik: Die Rede ist von Vertuschung und Verschleierung und einem großen Schaden für das Krankenhaus durch fehlende Transparenz. Die Verantwortlichen geloben Besserung. Aichach-Friedbergs Landrat Klaus Metzger sagte dazu: „Wir haben aus dieser misslichen Situation gelernt.“ (mit cli)
Lesen Sie dazu den Kommentar Corona im Friedberger Krankenhaus: Viele Fragen bleiben zu klären
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