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Aichach: Familiendrama kommt vor Gericht: Hat eine Mutter ihre Kinder geschlagen?

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Familiendrama kommt vor Gericht: Hat eine Mutter ihre Kinder geschlagen?

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    Wegen Körperverletzung musste sich eine 40-Jährige vor Gericht verantworten: Sie soll ihre eigenen Kinder geschlagen haben.
    Wegen Körperverletzung musste sich eine 40-Jährige vor Gericht verantworten: Sie soll ihre eigenen Kinder geschlagen haben. Foto: M. Gambarini, dpa (Symbolbild)

    Je mehr Details ihre Kinder erzählten, desto mehr musste die Angeklagte weinen. Die 40-Jährige soll ihre Kinder mehrmals geschlagen haben. Wegen Körperverletzung musste sich die Frau aus dem Westen des Landkreises am Dienstag vor dem Jugendschutzgericht Aichach verantworten – ebenso wie ihr Lebensgefährte.

    Auch dem 13-jährigen Sohn und der 15-jährigen Tochter fiel die Verhandlung sichtlich schwer. Beide brachen mehrfach während ihrer Schilderungen in Tränen aus. Die Angeklagten wollten sich vor Gericht nicht zu den Vorfällen äußern. Der jüngste Fall soll sich im Herbst 2018 ereignet haben. In einer Ferienwohnung war es zwischen dem 13-Jährigen und seinem kleinen Bruder zu einem Streit gekommen. Infolge dessen soll ihn seine Mutter ins Bett gezerrt und mehrfach mit der flachen Hand sowie mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. „Mir wurde das Handy weggenommen, das wollte ich nicht hinnehmen, weil ich noch meinem Papa ‘Gute Nacht’ sagen wollte“, so der Schüler, der hinzufügte: „Dann ist es eskaliert. Ich habe geweint und geschrien. Mein Stiefvater hat mir das Handy weggenommen und mit der flachen Hand auf den Hinterkopf geschlagen – damit ging es los.“

    Als die Kinder von den Schlägen erzählen, fließen Tränen

    Insgesamt drei Mal sollen die Mutter und ihr 41-jähriger Lebensgefährte das Zimmer des Schülers aufgesucht und zugeschlagen haben. Schließlich habe ihn die Angeklagte unter die Dusche gezerrt und mit kaltem Wasser abgespritzt. Der Abend blieb nicht ohne Folgen, wie der 13-Jährige erzählte: „Ich hatte blaue Flecken im Gesicht und an den Beinen.

    Am nächsten Tag haben wir Creme gekauft, um das zu überdecken.“ Dennoch blieb der Vorfall nicht unbemerkt – die Schulleitung wurde darauf aufmerksam und verständigte das Jugendamt. Das bestätigte die 15-jährige Tochter der Angeklagten vor Gericht: „Klar habe ich die blauen Flecken gesehen. Mir wurde damals gedroht, dass ich niemandem etwas sagen darf. Ich wollte aber nicht lügen und habe es erzählt, als man mich gefragt hat.“ Seit diesem Vorfall im Herbst 2018 leben die Kinder wieder beim Vater, der ebenfalls im Wittelsbacher Land wohnt.

    Vor Gericht berichteten die Kinder noch von weiteren Übergriffen. Der erste soll sich bereits 2012 ereignet haben, wie die Tochter vor Gericht erzählte. Mit einem Kochlöffel habe die Angeklagte der damals Siebenjährigen auf das Gesäß geschlagen haben, bis der Kochlöffel brach. „Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Das begleitet mich“, so die heute 15-Jährige.

    Familiendrama: Angeklagte müssen Geldstrafe zahlen

    Nicht nur körperlich seien die Kinder angegangen worden, wie die 15-Jährige weiter ausführte: „Bei mir waren es vielmehr Drohungen. Ich hatte Angst und habe deshalb oft geweint.“ Sie sei froh, mittlerweile wieder beim Vater zu leben: „Das wollten wir auch schon zuvor. Unsere Mutter hat ihre Wut an uns ausgelassen.“ Zu ihr haben die Jugendlichen seitdem keinen Kontakt mehr. Das wird wohl auch in Zukunft so bleiben, obwohl der 13-jährige Sohn unter Tränen sagte: „Ich habe sie trotz allem noch lieb.“

    Hier finden Opfer häuslicher Gewalt Hilfe

    Für Opfer häuslicher Gewalt gibt es ein engmaschiges Netz von Hilfsangeboten – vom Notruftelefon über Zufluchtsorte bis zur Unterstützung speziell für Kinder. Hier die wichtigsten Angebote im Überblick.

    Polizei: Im Notfall sollten Opfer oder Beobachter von häuslicher Gewalt die 110 wählen, rät die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes. Die Polizei kann Täter zum Beispiel aus der Wohnung verweisen oder in Gewahrsam nehmen und Schutzmaßnahmen für das Opfer anordnen. An jeder Polizeidienststelle gibt es einen Schwerpunktsachbearbeiter für häusliche Gewalt. Allerdings sind die Beamten dem Legalitätsprinzip verpflichtet, sie müssen Gewalttaten zur Anzeige bringen. Für den Fall, dass die Frau keine Anzeige erstatten möchte, verweisen die Beamten auf Beratungsstellen mit Schweigepflicht.

    Hilfetelefon: Telefonische Hilfe für Betroffene gibt es rund um die Uhr, kostenlos und vertraulich beim bundesweiten Hilfetelefon unter der Rufnummer 08000 116 016. Verantwortlich dafür ist das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben, die Beraterinnen beherrschen insgesamt 17 Sprachen. Die Experten beraten auch unter www.hilfetelefon.de. Speziell für Kinder gibt es die Nummer gegen Kummer: 0800/1110333.

    Frauenhäuser: Hilfe und Zuflucht finden Opfer von häuslicher Gewalt auch bei Ehe- und Familienberatungsstellen, bei Rechtsberatungsstellen, Opferhilfeorganisationen oder in den 40 Frauenhäusern. In Schwaben gibt es sechs davon, in Augsburg (Tel. 0821/650874010), Kaufbeuren (08341/ 16616), Kempten (0831/18018), Memmingen (08331/4644), Neu-Ulm (0731/40988690) und Donauwörth (0906/242300). Allerdings sind viele Frauenhäuser überbelegt.

    Weitere Informationen: Auf der Webseite www.frauen-gegen-gewalt.de gibt es eine Suchmaschine für lokale Hilfsangebote. Weitere Informationen erteilt das bayerische Familienministerium auf seiner Website. dpa/sok

    Nach einem Rechtsgespräch einigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf Geldstrafen. Die 40-Jährige muss 2500 Euro an eine gemeinnützige Stiftung zahlen, ihr Lebensgefährte 1300 Euro.

    Richterin Eva-Maria Grosse betonte aber: „Ich habe dennoch Bauchschmerzen. Im Moment ist die Situation befriedet. Ein Abschluss ist jetzt wichtig für alle Beteiligten, aber es darf absolut nichts mehr vorkommen.“

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