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Aichach: Der Aichacher Etat ist beschlossen – und schon überholt

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Der Aichacher Etat ist beschlossen – und schon überholt

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    Die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass der Aichacher Stadtrat seine letzte Sitzung in dieser Zusammensetzung in der TSV-Turnhalle abhalten musste.
    Die Corona-Pandemie sorgte dafür, dass der Aichacher Stadtrat seine letzte Sitzung in dieser Zusammensetzung in der TSV-Turnhalle abhalten musste. Foto: Claudia Bammer

    Die haushaltslose Zeit ist vorbei. In seiner letzten Sitzung in dieser Zusammensetzung beschloss der Aichacher Stadtrat den Etat 2020 – in dem Wissen, dass die Eckdaten, die Kämmerer Wilhelm Rottenkolber nannte, bereits überholt sind. Der Grund: Corona. Wegen der Pandemie tagte der Stadtrat in der TSV-Turnhalle unter Einhaltung der Abstandsregelungen. Es fehlten Hermann Langer (CSU), Karl-Heinz und Ursula Schindler sowie Inge Gelfert (alle SPD).

    Die Coronakrise wirft nicht nur die Sitzordnung, sondern auch alle Planungen der Einnahmen über den Haufen. Rottenkolber skizzierte drei Varianten, darauf zu reagieren. Die erste: einen Haushalt zu verabschieden und dann einen Nachtragshaushalt zu erstellen, der die Veränderungen berücksichtigt. Die zweite: den Haushalt mit einigen Änderungen zu beschließen, wobei es bei diesen wohl nicht bleiben würde. Die Corona-Krise wirke sich nicht nur bei Gewerbe- und Einkommenssteuer aus, sondern quer durch den Haushalt, so Rottenkolber. Die dritte Variante: einen neuen Haushalt zu erstellen. Dafür würden mindestens drei Monate benötigt. Dinge wie die neue Kinderkrippe könnten nicht angegangen werden.

    Rottenkolber riet eindringlich zur ersten Variante. Die Prognosen für die Ausfälle bei den größten Einnahmeposten Gewerbe- und Einkommenssteuer bewegen sich zwischen minus vier und minus 20 Prozent. Bei angenommenen 25 Prozent Ausfall nur bei Gewerbe- und Einkommensteuer fehlen rund 5,7 Millionen Euro im Stadtsäckel. Die Folge: Man müsse das Bauprogramm reduzieren, alles, was nicht unbedingt nötig ist, verschieben, den Stellenplan genau ansehen, zum Beispiel den Zeitpunkt von Einstellungen. Den Rücklagen kann die Stadt laut Kämmerer nicht mehr entnehmen. Eine höhere Kreditaufnahme wird deshalb wohl nötig sein.

    Alle neuen Projekte sind in Aichach auf Eis gelegt

    Bürgermeister Klaus Habermann zeigte sich angesichts der breit aufgestellten Wirtschaft etwas optimistischer, dass es nicht ganz so schlimm kommt. Dennoch habe man bereits Mitte März die Bremse gezogen. Begonnenes werde fortgeführt. „Alles andere ist auf Eis gelegt“, sagte er. Er bat darum, den Haushalt zu beschließen. „Wir brauchen eine rechtliche Grundlage“, sagte er. Dann sei der neue Stadtrat gefordert. Habermann schlug zudem vor, für die Kreisumlage beim Landkreis eine Stundung zu beantragen. Er hofft auch auf einen möglichen Rettungsschirm vom Freistaat für die Kommunen.

    Die Eckdaten des Aichacher Haushalts 2020

    Verwaltungshaushalt knapp 50 Millionen Euro (Vorjahr: 48,1 Millionen Euro

    Vermögenshaushalt 15,9 Millionen Euro (18,3 Millionen Euro)

    Zuführung vom Verwaltungs- an den Vermögenshaushalt 5,8 Millionen Euro (5,1 Millionen Euro)

    Wichtigste Einnahmen Einkommenssteuerbeteiligung 13,3 Millionen Euro (Ergebnis 13 Millionen Euro); Gewerbesteuer 9,8 Millionen Euro (Ergebnis 9,8 Millionen Euro); Schlüsselzuweisungen 4,3 Millionen Euro; Wasser- und Kanalgebühren 3,6 Millionen Euro; Zuschüsse des Freistaats 4,2 Millionen Euro

    Wichtigste Ausgaben Kreisumlage 12,4 Millionen Euro (11,9 Millionen Euro); Personalkosten 13,4 Millionen Euro (Ergebnis 12,1 Millionen Euro); Sach- und Betriebsaufwendungen 13,3 Millionen Euro (Ergebnis 13,1 Millionen Euro); Bauprogramm 10,6 Millionen Euro (Ansatz 2019: 12,8 Millionen Euro, 82 Prozent umgesetzt); Investitionen außerhalb des Bauprogramms 1,9 Millionen Euro (1,4 Millionen Euro); Grunderwerb 1,3 Millionen Euro (1,6 Millionen Euro)

    Verpflichtungsermächtigungen rund 14,9 Millionen Euro

    Entnahme aus den Rücklagen 2,3 Millionen Euro (4,2 Millionen Euro); aus Sonderrücklagen 200.000 Euro

    Kreditaufnahme drei Millionen Euro (Ansatz: zwei Millionen Euro, Ergebnis: 950.000 Euro)

    Schulden Bei einer Nettoneuverschuldung von 2,1 Millionen Euro (Tilgung rund 900.000 Euro) zum Jahresende 2020 voraussichtlich rund 9,92 Millionen Euro (Stand Ende 2019: 7,8 Millionen Euro)

    Den Kurs, den Rottenkolber vorschlug, trugen CSU und SPD mit, um Rechtssicherheit zu haben und handlungsfähig zu sein, wie CSU-Fraktionsvorsitzender und Zweiter Bürgermeister Helmut Beck sowie die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Kristina Kolb-Djoka betonten. Beck sagte, der neue Stadtrat werde haushalten müssen, dürfe aber nicht nur sparen. Beispielhaft nannte er die Investitionen für Krippen und die Erweiterung des Verwaltungsgebäudes. Für eine Stundung der Kreisumlage sah Beck, zugleich Kreisrat, derzeit keine Veranlassung. Auch die Grünen signalisierten Zustimmung.

    Beim Aichacher Verwaltungsgebäude sehen manche Einsparpotenzial

    Georg Robert Jung von der Freien Wählergemeinschaft (FWG) sah keine andere Wahl, als zuzustimmen, weil die Verwaltung sonst nicht handlungsfähig sei. Auch er betonte, auf die Kinderkrippen könne man nicht verzichten. Beim Verwaltungsgebäude könne man aber über Zwischenlösungen diskutieren. Jung forderte, die Beschlüsse für den Haushalt und den Finanzplan mit dem Zusatz zu versehen, dass über sämtliche Ausgaben der Stadtrat zu entscheiden hat. Den hielt Bürgermeister Habermann für überflüssig. Für neue Projekte sei ohnehin ein Durchführungsbeschluss des Stadtrats notwendig.

    Lothar Bahn (FWG) sagte im Gegensatz zu Jung, er könne „einem Plan, der vom Kämmerer als unrealistisch bezeichnet wird, nicht zustimmen“. Er schlug vor, Ende Mai einen in großen Zügen revidierten Haushalt zu beschließen. Nicht möglich, signalisierte Rottenkolber. Erst im Juli könne man in hoher Qualität über Zahlen reden. Alles andere sei ein Blick in die Glaskugel.

    Erol Duman (Bündnis Zukunft Aichach) kritisierte, dass noch keine Streichvorschläge vorlagen. Auch er sah Einsparpotenzial beim Verwaltungsgebäude. Habermann entgegnete, generell stehe alles zur Disposition. Für das Verwaltungsgebäude seien heuer 350.000 Euro Planungskosten eingeplant, die „schon verarbeitet“ seien. Über alle neue Ausgaben müsse der Stadtrat entscheiden.

    Mit 19:8 Stimmen wurde der Haushalt beschlossen – ohne den von Jung gewünschten Zusatz. Mit dem Zusatz bekam der Finanzplan 2021 bis 2023 25 Jastimmen bei einer Neinstimme von Lothar Bahn. Eine Stundung der Kreisumlage soll zu gegebener Zeit bei dringendem Bedarf beantragt werden, war sich der Stadtrat einig.

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