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Aichach: Corona-Todesfälle in Aichach: Trauer und Angst im AWO-Seniorenheim

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Corona-Todesfälle in Aichach: Trauer und Angst im AWO-Seniorenheim

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    Dramatisches Osterfest im AWO-Seniorenheim in Aichach: Zwischen Gründonnerstag und Ostermontag starben weitere sieben Bewohner, die mit Covid-19 infiziert waren.
    Dramatisches Osterfest im AWO-Seniorenheim in Aichach: Zwischen Gründonnerstag und Ostermontag starben weitere sieben Bewohner, die mit Covid-19 infiziert waren. Foto: Erich Echter

    Große Trauer, Erschütterung und Angst im und um das Aichacher AWO-Seniorenheim: Stand Mittwoch sind zwölf Bewohner mit oder an der Krankheit Covid-19 gestorben. Die Verantwortlichen der Arbeiterwohlfahrt Schwaben äußerten ihre tiefe Betroffenheit über die dramatische Entwicklung insbesondere über Ostern mit allein sieben Opfern. Insgesamt werden im Landkreis Aichach-Friedberg laut Mitteilung des Landratsamtes bislang 15 Tote gezählt, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Warum grassiert das Virus gerade in dieser Einrichtung so schrecklich?

    Vier Fünftel der bislang im Wittelsbacher Land bei der Pandemie gestorbenen durchwegs älteren Menschen lebten im AWO-Heim in der Kreisstadt. Für Landratsamtssprecher Wolfgang Müller ist diese hohe Zahl an Todesfällen „tragisch“. Zur Situation im Heim bleibt das Landratsamt zurückhaltend und verweist auf die Notwendigkeit, alle Auflagen konsequent umzusetzen.

    Ende vergangener Woche (Stand Gründonnerstag) waren es noch fünf Tote in der Einrichtung. Die ersten beiden Todesfälle – zwei Frauen im Alter von 86 und 91 Jahren – wurden Anfang April gemeldet. Im Heim ist laut Mitteilung des Gesundheitsamtes bislang bei insgesamt 27 Senioren eine Covid-19-Erkrankung festgestellt worden. In der Einrichtung gibt es rund 110 Betreuungsplätze, es sind aber deutlich weniger belegt. Wie berichtet, wurden in der Karwoche acht Angestellte positiv getestet, unter ihnen Heimleiter Dieter Geßler, der sich in Quarantäne befindet.

    Wittelsbacher Land: In anderen Heimen sind keine Infektionen bekannt

    In anderen Heimen im Wittelsbacher Land sind dagegen bislang keine Infektionen bekannt, wie Wolfgang Müller auf Anfrage mitteilt. Wie das Virus den Weg ins AWO-Heim fand, ist immer noch unklar. Es könnte über Bewohner, Besucher oder Personal in die Einrichtung gekommen sein. Die Bewohner sind inzwischen räumlich in Infizierte und nicht Infizierte getrennt. Um Bewohner und Mitarbeiter der Heime zu schützen, hatten Gesundheitsamt und Ministerium kurz nacheinander zwei Allgemeinverfügungen erlassen, die Altenheimen Maßnahmen vorschreibt.

    Bis dahin konnte sich das Coronavirus aber vermutlich dort verbreiten. Am Gründonnerstag fand zu den Verfügungen ein Treffen mit den Pandemiebeauftragten der Einrichtungen im Landkreis statt, die jedes Heim benennen muss. An den Heimen wurden auch Heimärzte installiert. Das bedeutet, dass nicht mehr die Hausärzte der Patienten dorthin kommen, sondern jedem Heim eine begrenzte Zahl von Ärzten zugeordnet wird. Das soll den Publikumsverkehr in den Häusern weiter reduzieren.

    Laut Pressesprecher Müller müssten alle Heime in eigener Verantwortung grundsätzlich auf einen Infektionsausbruch vorbereitet sein und einen Hygieneplan mit Schutzmaßnahmen für den Fall haben, dass beispielsweise das Norovirus dort auftrete. Auf den Coronavirus-Ausbruch am AWO-Heim sei das Gesundheitsamt am Dienstag, 31. März, aufmerksam geworden – über vier positive Laborbefunde und nach schneller Ermittlung, sagt Müller.

    Noch am selben Tag sei das Gesundheitsamt vor Ort gewesen, habe detailliert Maßnahmen festgelegt und mit den Verantwortlichen besprochen, die von der Heimleitung zum Schutz der Heimbewohner und der Bediensteten umzusetzen waren, teilt Müller weiter mit. Das Amt sei seitdem täglich in Kontakt mit dem Heim und zeige auf, wo nachzubessern ist. Müller: „Werden alle Maßnahmen bestmöglich umgesetzt, kann auch ein solcher Ausbruch eingefangen werden.“

    Corona-Studie: Jedes zweite der bisherigen Covid-19-Opfer in Europa lebte in einem Pflege- oder Altenheim

    Laut einer Untersuchung in fünf europäischen Ländern lebte jeder zweite der bisherigen Covid-19-Opfer in einem Pflege- oder Altenheim. Auch in der Region wie in einem Pflegeheim in Harburg (Landkreis Donau-Ries) gibt es sehr viele Tote. In einer Pflegeeinrichtung in Waal (Ostallgäu) sind 14 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben – fast jeder Fünfte der Bewohner. Die Verstorbenen waren zwischen 80 und 98 Jahre alt und litten unter Vorerkrankungen mit teilweise schwersten Verläufen. Die hohe Sterblichkeit in Seniorenheimen hängt mit diesen Faktoren (Alter und erhebliche Vorerkrankungen) zusammen. Bei diesen Patienten kann eine weitere Erkrankung tödlich verlaufen – das muss nicht Covid-19 sein, sondern kann laut Experten im Einzelfall auch bei einer Grippe passieren.

    In einer Erklärung zeigen sich Heinz Münzenrieder (Vorsitzender AWO-Präsidium Bezirksverband Schwaben) und Vorstandsvorsitzender Dieter Egger „zutiefst betroffen von diesem furchtbaren Geschehen“ im Aichacher Heim. Empathie und Mitgefühl gehörten zuallererst den Angehörigen, die jetzt um ein Familienmitglied trauern würden, so Münzenrieder und Egger: „Wir trauern mit.“ Die AWO wisse trotz aller Nachforschungen nicht, „warum diese teuflischen Viren gerade in unserer Einrichtung in Aichach so besonders wüten. So wie in keinem der insgesamt 25 AWO-Häuser in Schwaben.“ Sie versichern, „dass wir alles getan haben und alles tun werden, was nötig und was möglich ist, um unseren Bewohnern beizustehen, zu helfen und sie zu trösten“. Die Pflegekräfte würden Großartiges leisten, betonen die AWO-Verantwortlichen. Obwohl auch sie von Ängsten um die eigene Gesundheit nicht verschont blieben.

    AWO-Heim: Bauprojekt rückt in den Hintergrund

    Kristina Kolb-Djoka, Vorsitzende des Aichacher AWO-Ortsvereins, ringt am Telefon um Fassung: „Es ist eine einzige Katastrophe. Besonders bedrückend ist unsere Hilflosigkeit als Außenstehende. Man kann nichts tun.“ Die SPD-Stadträtin steht dem Heim nahe und leidet mit. Die Bewohner, die Angehörigen und Mitarbeiter seien in großer Angst und Sorge.

    Ende Mai soll auf dem Areal des Maria-Simon-Heims an der Oskar-von-Miller-Straße eigentlich das lange geplante Bauprojekt beginnen. Der moderne Neubau soll laut Planung schon in einem Jahr bezogen werden. Der Altbau wird abgerissen und dort entsteht ein Komplex für betreutes Wohnen mit Mehrgenerationen-Charakter für bis zu 25 Wohnungen. Das 19-Millionen-Euro-Projekt ist aber in der aktuellen Lage völlig in den Hintergrund gerückt.

    Aichach-Friedberg: Aktuell 101 Personen an Covid-19 erkrankt

    • Infektionen Im Landkreis sind aktuell 101 an Covid-19 erkrankte Personen bekannt. Seit Beginn der Pandemie wurden 252 Personen mit positivem Testergebnis registriert, davon sind 136 bereits wieder gesund und aus der Quarantäne entlassen.
    • Krankenhaus In den Kliniken an der Paar werden aktuell 19 positiv auf Covid-19 getestete Patienten behandelt. Fünf dieser Erkrankten werden beatmet.

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Corona-Pandemie im AWO-Heim muss gestoppt werden

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