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Aichach: Corona-Skeptiker und FDP-Stadtrat Patrick Kügle pocht auf Meinungsfreiheit

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Corona-Skeptiker und FDP-Stadtrat Patrick Kügle pocht auf Meinungsfreiheit

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    Eltern und Großeltern protestierten am Mittwochabend in Aichach gegen die Maskenpflicht für Kinder, indem sie Plüschtiere mit Mund-Nasen-Schutz und Schilder vor dem Landratsamt ablegten. Initiiert hatte die Aktion FDP-Stadtrat Patrick Kügle (links vorne).
    Eltern und Großeltern protestierten am Mittwochabend in Aichach gegen die Maskenpflicht für Kinder, indem sie Plüschtiere mit Mund-Nasen-Schutz und Schilder vor dem Landratsamt ablegten. Initiiert hatte die Aktion FDP-Stadtrat Patrick Kügle (links vorne). Foto: Claudia Bammer

    Etwa 25 Eltern und Großeltern protestierten am Mittwochabend im Aichacher Stadtrat gegen die Maskenpflicht für Kinder. Sie hatten die TSV-Turnhalle gerade mit ihren Schildern und Kuscheltieren mit Mund-Nasen-Schutz betreten und sich hinter den Reihen der Stadträte aufgestellt, als Bürgermeister Klaus Habermann sie aufforderte, zu gehen. Mit ihnen verließ FDP-Stadtrat Patrick Kügle die Halle. Er hatte die Protestaktion als Sprecher der Bürgerinitiative "Corona-Skeptiker – Wittelsbacher Land" initiiert.

    Die Bürgerinitiative hatte schon einmal auf sich aufmerksam gemacht: mit einem Fackelmarsch in Aichach, mit dem sich die Teilnehmer gegen eine Verschärfung der Corona-Auflagen und die Maskenpflicht - insbesondere für Kinder - aussprachen. In einer Aichach-Gruppe im sozialen Netzwerk Facebook erntete Kügle für einen Beitrag über die Kundgebung Zuspruch, aber auch massive Kritik.

    Eltern und Großeltern haben am Mittwochabend vor der Sitzung des Aichacher Stadtrates in der TSV-Turnhalle gegen die Maskenpflicht im Schulunterricht protestiert.
    Eltern und Großeltern haben am Mittwochabend vor der Sitzung des Aichacher Stadtrates in der TSV-Turnhalle gegen die Maskenpflicht im Schulunterricht protestiert. Foto: Claudia Bammer

    An der Kundgebung im Stadtrat nahmen neben den Corona-Skeptikern laut Kügle zwei weitere Gruppen namens "Eltern stehen auf" und Freiheitsboten teil. Kügle sprach von einem "Überraschungsbesuch". Weil der Abstand nicht eingehalten werden konnte und nicht alle einen Mund-Nasen-Schutz trugen, kündigte Bürgermeister Habermann an, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen und forderte die Teilnehmer auf, die Turnhalle zu verlassen, ansonsten werde er die Polizei rufen. Der Stadtrat sei nicht das richtige Gremium für den Protest, so der Bürgermeister.

    Stadt Aichach ist bei Maskenpflicht nicht zuständig

    Kügle sah das anders und verwies auf die städtischen Grundschulen. Für die sei man lediglich Sachaufwandsträger, betonte Hauptamtsleiterin Aurelija Igel. Sprich: Die Stadt ist für Gebäude und Ausstattung zuständig, aber nicht für den Unterricht oder eine Maskenpflicht.

    Die Kundgebungsteilnehmer verließen die Turnhalle. Auch Kügle ging. Im Stadtrat gibt es dazu gemischte Reaktionen. Noch in der Sitzung sprach CSU-Fraktionsvorsitzender Helmut Beck Habermann ein "Kompliment zu dieser Reaktion" aus. Dafür gab es Beifall.

    Einer, der nicht geklatscht hat, war Georg Robert Jung, Fraktionsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft (FWG). Gegenüber unserer Redaktion sagt er am Donnerstag, es gebe Demonstrationsfreiheit. Für die Kundgebungsteilnehmer habe er Verständnis. "Ich fand es unglücklich, dass sie mit Androhung der Polizeigewalt vor die Tür gesetzt wurden." Lieber wäre ihm ein Hinweis gewesen, dass, wer Mundschutz trägt und ausreichend Abstand hält, bleiben kann. Er selbst sei für alles, was der Ausbreitung des Pandemiegeschehens entgegenwirkt, sagt er. Über die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen müsse diskutiert werden dürfen. Für Kügle gelte wie für jeden anderen die Meinungsfreiheit. Auch ein Fackelzug müsse erlaubt sein, sagt Jung. Kügle stehe nicht im Verdacht, rechtsradikal zu sein.

    Kritik an Kügle: Verlassen der Sitzung war "nicht in Ordnung"

    Auch Zweiter Bürgermeister Josef Dußmann (CSU) betont in Hinblick auf Kügle, jeder dürfe seine Meinung haben. Er sagt aber auch: "Ich würde nicht so in der Öffentlichkeit auftreten, weil es die Skeptiker noch bestärkt." Als Lehrer sei er froh über die Maskenpflicht, weil er fürchtet, dass die Schulen wegen Ansteckungen ansonsten in kurzer Zeit geschlossen werden müssten. Er plädiert dafür, lieber vorsichtiger zu sein und an einem Strang zu ziehen. Kritisch sieht er, dass Kügle die Sitzung verlassen hat. "Dafür ist er gewählt", so Dußmann.

    Das findet auch Kristina Kolb-Djoka (SPD) "nicht in Ordnung". Sie sagt: "Jeder darf seine Meinung haben." Für die Kundgebung sei der Stadtrat schlicht nicht der richtige Ansprechpartner gewesen.

    Aichachs Bürgermeister Klaus Habermann: "Einen, nicht spalten"

    Das betont auch Bürgermeister Klaus Habermann am Donnerstag. "Als Sachaufwandsträger entscheiden wir nicht über die Maskenpflicht." Dass Kügle als Stadtrat nicht mehr an der Sitzung teilgenommen hat, nennt er "grenzwertig". Jeder dürfe seine Meinung haben, angesichts der steigenden Infektionszahlen plädiert er aber dafür, um Zusammenhalt zu werben. "Stadträte haben Vorbildcharakter. Sie sollten einen und nicht spalten", sagt er.

    Eltern und Großeltern protestierten am Mittwochabend in Aichach gegen die Maskenpflicht für Kinder, indem sie Plüschtiere mit Mund-Nasen-Schutz und Schilder vor dem Landratsamt ablegten. Initiiert hat die Aktion FDP-Stadtrat Patrick Kügle.
    Eltern und Großeltern protestierten am Mittwochabend in Aichach gegen die Maskenpflicht für Kinder, indem sie Plüschtiere mit Mund-Nasen-Schutz und Schilder vor dem Landratsamt ablegten. Initiiert hat die Aktion FDP-Stadtrat Patrick Kügle. Foto: Claudia Bammer

    Kügle selbst sagt, in diesem Fall sei er eher ein Elternteil, der betroffen ist, als Stadtrat. Mit der Kritik, die ihm im Internet entgegenschlägt, könne er leben. Zu dem Vorwurf mancher Internetnutzer, er poste Beiträge auf undemokratischen Seiten, sagt er, er folge vielen Gruppen. Das heiße nicht, dass er deren Ziele teile. Sämtliche Einwände würden dem "Primat der Pandemiebekämpfung untergeordnet", sagt er. Er wolle niemanden gefährden, aber seine Meinung kundtun.

    Wie berichtet, legte die Gruppe anschließend Plüschtiere und Schilder am Eingang des Landratsamtes nieder. Am Donnerstagmorgen waren sie entfernt.

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