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Aichach: Corona: Post für Ältere soll gegen Einsamkeit helfen

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Corona: Post für Ältere soll gegen Einsamkeit helfen

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    Mit der Seniorenpost wollen Freiwillige einsamen Menschen in Altenheimen eine Freude bereiten.
    Mit der Seniorenpost wollen Freiwillige einsamen Menschen in Altenheimen eine Freude bereiten. Foto: Christina Schneider

    Es fing ganz klein an. Christina Schneider wollte älteren Menschen, die wegen der Corona-Pandemie keinen Besuch mehr empfangen dürfen, eine Freude bereiten. Mit ein paar Freundinnen schrieb sie Briefe für das Aichacher Seniorenheim Haus an der Paar. Mittlerweile machen mehr als 30 Leute bei der Aktion mit. Und statt Briefen kommen auch Bilder und Bastelwerke in Schneiders Briefkasten. „Gerade vor Ostern waren viele Kinderbasteleien dabei. Auch selbst genähte Stoffhasen und ähnliche Geschenke“, erzählt Schneider.

    Denn mitmachen kann, wer will. Schneider sammelt die Briefe und Kunstwerke in ihrem Briefkasten und gibt sie in Paketen an verschiedene Seniorenheime weiter. Abgesehen von dem Haus an der Paar hat sie bereits das Heilig-Geist-Spital und die Senioren-WG Regenbogen beliefert. Geplant war prinzipiell, ein solches Paket jede Woche weiterzugeben. Die anfängliche Euphorie hat allerdings nachgelassen. Nach Ostern seien immer weniger Briefe gekommen, sagt Schneider. „Mal schauen, ob wir diese Woche genug zusammenbringen.“

    Briefe zu schreiben, ohne zu wissen, wer sie lesen wird, ist laut Schneider gar nicht so einfach. „Man muss schon sehr kreativ werden“, sagt sie. Als es noch weniger waren, tauschte sie sich mit ihren Freunden über eine Gruppe im Kurznachrichtendienst WhatsApp aus. „Man kann ein Gedicht in einer Karte schreiben, eine Kurzgeschichte oder sogar einen Liedtext“, zählt Schneider auf. Allerdings sollten die Texte auf Deutsch sein, damit jeder Bewohner ihren Inhalt verstehen kann.

    Corona-Aktion in Aichach: Auch Schmunzelsteine und Urlaubsbilder werden geschickt

    Es müssen nicht nur Texte sein. Eine Freundin von ihr habe kleine Steine gesammelt und Gesichter darauf gemalt. Diese Schmunzelsteine können Senioren, die nicht mehr eigenständig lesen können, in der Hand halten. „Ich habe ein paar Urlaubsbilder ausgedruckt, auf denen man viel Landschaft sieht und Gebäude mit Mosaiken“, erzählt Schneider. Dann habe sie dazu geschrieben, wie es an dem Ort für sie war.

    Die vielen Ideen kommen bei den Bewohnern des Hauses an der Paar sehr gut an. Kathrin Ludewig, Teamleiterin im Betreuungsteam, erzählt, die Bewohner hätten sehr emotional auf die Briefe reagiert. „Sie können ja im Moment keine Besucher haben“, erklärt Ludewig. Die ersten Briefe wurden direkt an die Bewohner verteilt. Die späteren Briefe wurden den Bewohnern in Gruppen vorgelesen. Außerdem legt Ludewig einige der Briefe aus. „Wer es gerade braucht, kann sich dann einfach einen Brief nehmen“, sagt Ludewig. Es seien auch Gebete und kleine Geschenke dabei gewesen, über die sich die Senioren sehr gefreut hätten. „Das ist schon ein Trost für viele Bewohner gewesen.“

    Die Aichacher Heimbewohner freuen sich über die Briefe

    Gerade Briefe sind laut Ludewig eine schöne Form, mit den Rentnern zu kommunizieren. „Die älteren Leute freuen sich über einen handgeschriebenen Text viel mehr als über eine E-Mail.“ Einige Bewohner wollten auf die Briefe antworten, allerdings wäre es für Christina Schneider ein zu großer Organisationsaufwand, die Antworten zurückzuverteilen. Deswegen sagt sie ihren Briefeschreibern, dass sie ihre Adressen auf dem Brief vermerken können. Dann können die Senioren direkt per Post antworten.

    Auch mit Telefonaten versuchen Menschen im Wittelsbacher Land Rentner zu erfreuen. Viele der Nachbarschaftshilfen, die sich gegründet haben, bieten sogenannte Telefonpatenschaften an. Wer sich einsam fühlt, kann anrufen und bekommt jemanden fest zugeteilt, mit dem er regelmäßig telefonieren kann. Allerdings werden diese Angebote kaum wahrgenommen.

    Die Nachbarschaftshilfe im Aichacher Stadtteil Klingen hat einen anderen Weg ausprobiert: Die Mitglieder rufen selbst bei älteren Mitbürgern an. Die Idee dafür haben sie von dem Affinger Pfarrer Max Bauer. Denn auch Geistliche versuchen, mit ihren Gemeindemitgliedern in Kontakt zu bleiben. Und wenn die Senioren nicht selbst aktiv werden müssen, sondern angerufen werden, kommt meist ein Gespräch zustande. Helga Schröck von der Nachbarschaftshilfe Klingen erzählt, sie hätten die Helfer deswegen gebeten, selbst anzurufen. Aber nur Personen, die sie zumindest flüchtig kennen. „Sonst könnten die Leute denken, es sind Betrüger“, so Schröck.

    Nachbarschaftshilfe bietet "Ratsch" am Telefon an

    Es gehe bei dem Projekt nicht darum, Menschen zu finden, die komplett alleine sind. „Unser Dorf ist zum Glück so strukturiert, dass wir nicht viele haben, die ganz einsam sind.“ Die Versorgung durch Verwandte und Freunde sei fast immer gewährleistet. Die Anrufe der Nachbarschaftshilfe sollen den Menschen die Chance geben, mit Menschen außerhalb des engsten Familienkreises zu sprechen. Die Gespräche dauern meist nicht lang, etwa 15 Minuten. Schröck vergleicht diese Telefonate mit Gesprächen im Wartezimmer. „Ich glaube, so etwas wird durchaus vermisst.“ Schröck sagt, es tue den Leuten gut, mal zu ratschen. „Und das tut ja beiden gut. Dem Anrufer und dem Angerufenen.“

    Wer auch bei der Seniorenpost mitmachen will, kann die Briefe entweder direkt in Christina Schneiders Briefkasten werfen (Ludwigstraße 9c, Aichach) oder ihr eine E-Mail an seniorenpostaic@gmx.de schreiben.

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