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Aichach: Bauunternehmer wegen schweren Betrugsversuchs vor Aichacher Amtsgericht

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Bauunternehmer wegen schweren Betrugsversuchs vor Aichacher Amtsgericht

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    Ein Bauunternehmer soll Bauschutt-Proben aus dem Abbruchmaterial eines historischen Gebäudes in Freising gezielt verunreinigt haben, um der Stadt erhöhte Rechnungen stellen zu können.
    Ein Bauunternehmer soll Bauschutt-Proben aus dem Abbruchmaterial eines historischen Gebäudes in Freising gezielt verunreinigt haben, um der Stadt erhöhte Rechnungen stellen zu können. Foto: Johann Stoll (Symbolbild)

    Ein historisches Gebäude in Freising sollte saniert werden. Da es sich um ein öffentliches Gebäude handelt, musste der Bauauftrag ausgeschrieben werden – so wollen es die Vorschriften. Den Zuschlag für die Erd- und Abbrucharbeiten an dem über 300 Jahre alten Haus erhielt ein Bauunternehmer aus dem Raum Aichach. Jetzt muss er sich wegen dieses Auftrags vor dem Aichacher Amtsgericht verantworten. Was ihm vorgeworfen wird.

    Die Staatsanwältin legt ihm Betrug in besonders schwerem Fall zur Last. Er soll Proben, die dem Bauschutt entnommen werden müssen, um die Entsorgungsklasse zu bestimmen, gezielt verunreinigt haben, um eine starke Schadstoffbelastung vorzutäuschen. Durch die erhöhten Werte hätte er eine teurere Entsorgung rechtfertigen können. Die vorgetäuschten Mehrkosten von über 100.000 Euro habe er der Stadt Freising in Rechnung stellen wollen, so der Vorwurf. 

    Gutachter findet Vorgehen des Angeklagten sehr unüblich

    Die beengte Innenstadtlage des Bauwerks machte es unmöglich, den Abbruch vor Ort zu lagern. Deshalb hatte der Angeklagte mit der Stadt vereinbart, dass der Bauschutt auf seinem Firmengelände zwischengelagert werden durfte. Die Proben vom Schutthaufen entnahm der Angeklagte mit seinem Bauleiter selbst. Dieses Vorgehen ist nach Aussage des vom Gericht bestellten Sachverständigen zumindest sehr unüblich, da meist eine externe Firma damit beauftragt wird. Der Bauunternehmer war aber aus rechtlicher Sicht zertifiziert und befähigt, die Proben zu entnehmen.

    Stutzig machte den Gutachter auch, dass der Angeklagte zwei Proben beim Labor in Auftrag gegeben hatte. Einmal im Grobbereich bis vier Zentimeter, auch Grobfraktion genannt, und einmal im Feinbereich, mit Partikeln kleiner als zwei Millimeter. Die Beprobung im Feinbereich sei zumindest bei Bauschutt vollkommen unüblich, zumal die Werte der Grobfraktion keine Auffälligkeiten ergeben hätten. In der Probe der Feinfraktion seien aber erheblich erhöhte Werte an aromatischen Kohlenwasserstoffen, speziell Naphthalin und Trimethylbenzol, nachgewiesen worden.

    Amtsgericht Aichach: Verunreinigung von Bauschutt mit Lösungsmitteln?

    Letzteres wird laut dem Sachverständigen in Treibstoffen oder Lösungsmitteln verwendet. „Um eine so hohe Konzentration zu erreichen, müssten aber ganze Flaschen auf dem Bauschutt ausgekippt worden sein“, sagte der Sachverständige. Auch beim Stoff Naphthalin sei nicht nachvollziehbar, wie eine so große Menge in das Abbruchmaterial gelangt sein könnte. Da Naphthalin sehr flüchtig sei, fragte der Gutachter, warum nach Ansicht des Angeklagten der Stoff noch in diesem Maße nachweisbar sei. 

    André Schneeweiß, der Anwalt des Angeklagten, argumentierte damit, dass diese Werte durch ein Kohlestück in der Probe verursacht worden sein könnten. Das wies der Sachverständige als vollkommen unplausibel zurück. Dass eine so hohe Konzentration, wie sie in der Probe nachgewiesen wurde, durch ein Stück Kohle entstanden sei, schließe er aus.

    Angeklagtem Bauunternehmer droht bei Verurteilung Freiheitsstrafe

    Richter Axel Hellriegel wandte sich an den Gutachter: „Könnte man diese Werte durch gezielte Verunreinigung erreichen?“ Der Gutachter bejahte. Hellriegel weiter: „Wäre es denkbar, dass das Labor geschlampt hat?“ Der Gutachter schloss diese Möglichkeit zumindest nicht gänzlich aus. Er halte es aber für sehr unwahrscheinlich. Plausibler erschien ihm die Theorie der Staatsanwaltschaft, wonach die hohen Werte durch Mottenkugeln herbeigeführt worden sein könnten, die Naphthalin enthielten.

    Entscheidende Zeugenaussagen standen nach dem ersten Verhandlungstag noch aus. Unter anderem die des ehemaligen Mitarbeiters des Angeklagten, der die Stadt Freising auf den möglichen Betrug aufmerksam gemacht haben soll. Im Falle einer Verurteilung ist laut Staatsanwältin klar: „Wir wären da schon im Bereich einer Freiheitsstrafe.“

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