Am sichersten fühlt sich Rosalinde Speckner im Seniorenheim. Die 64-Jährige arbeitet als Pflegefachkraft im Haus an der Paar in Aichach. Während der Corona-Krise sind die Hygienevorschriften dort besonders streng. Gerade deshalb hat die Sielenbacherin aber auch keine Angst, sich mit dem Virus zu infizieren. Regelmäßig stellen die Aichacher Nachrichten Menschen vor, die für uns in dieser schwierigen Zeit da sind.
So wie Pflegerin Rosalinde Speckner. Temperatur messen, Hände desinfizieren, Mundschutz aufsetzen und Handschuhe anziehen – so beginnt der Arbeitstag der 64-Jährigen. „Wir haben auch schon vorher viel auf Hygiene geachtet, aber jetzt ist es doppelt so streng“, so die Sielenbacherin, die betont: „Natürlich haben wir Körperkontakt mit den Bewohnern, wenn wir sie etwa waschen. Das geht ja nicht anders. Angst habe ich deshalb aber keine.“ Ein mulmiges Gefühl hat die erfahrene Pflegekraft, die seit 1974 den Beruf ausübt, vielmehr außerhalb des Seniorenheims: „Ich überlege mir dreimal, ob ich zum Einkaufen gehe oder nicht. Die Gefahr, sich dort anzustecken, ist deutlich höher.“
Corona-Helden: So geht eine Pflegerin mit der Krise um
Dabei geht es Speckner nicht in erster Linie um ihre eigene Gesundheit: „Ich sorge mich viel mehr um unsere Bewohner. Es wäre sehr schlimm, wenn ich mich draußen infiziere und unsere Bewohner anstecke. Davor habe ich Angst.“ Deshalb achtet Rosalinde Speckner auch privat sehr auf die Sicherheits- und Hygienebestimmungen und vermeidet unnötige Kontakte außerhalb des Hauses. Gegen die schlechte Stimmung muss sie das Grundstück auch gar nicht verlassen. Dann geht die 64-Jährige in ihren Garten und schaut ihren Goldfischen im Teich beim Schwimmen zu. „Das hilft mir.“ Nur eines vermisst die Sielenbacherin wirklich: „Ich kann meine Enkelin, die in Bobingen wohnt, nicht sehen. Auf sie freue ich mich am meisten, wenn die Krise vorbei ist.“
Auch die Rückendeckung der Heimleitung helfe ihr: „Das tut gut. Anfangs haben wir von allen Seitensehr viel Zuspruch erfahren. Mittlerweile wird weniger Lob ausgesprochen, dennoch haben wir uns über die Wertschätzung gefreut.“ Wertschätzung erfahren Speckner und Co. nach wie vor von den Heimbewohnern. Diese hätten sich mittlerweile an die Situation gewöhnt. Nur das Personal mit Mundschutz sorge nach wie vor für Verwirrung. Speckner: „Man sieht nicht, ob wir lachen oder traurig sind. Das hat viele anfangs schon irritiert, zumal ein Lächeln immer hilft. Mittlerweile gehört das aber zum Alltag dazu.“
Viele Verwandte erkundigen sich per Telefon
Zum Alltag im Seniorenheim in der Franz-Beck-Straße mit 90 Pflegeplätzen gehört auch, dass die Angehörigen nicht zu Besuch kommen dürfen. „Das ist schade, aber die Verwandten erkundigen sich viel per Telefon, wie es ihren Angehörigen geht. Viele skypen auch.“ Außerdem gibt es viele Beschäftigungsmöglichkeiten: Konzerte auf dem Balkon, Gottesdienste, sogar ein Maibaum wurde aufgestellt. „Nur alles ein bisschen anders. Außerdem sind unsere Bewohner immer sehr gut informiert, was die Nachrichten betrifft“, so Speckner.
Noch gleicht das Seniorenheim aufgrund des Besuchsverbots einer Festung, wobei die Staatsregierung in dieser Woche erste Lockerungen angekündigt hat. Heimleiterin Lolita Höpflinger macht aber klar: „Besuche finden auch dann nur unter ganz strengen Auflagen statt. Einfach hier reinspazieren, geht nicht.“ Rosalinde Speckner sieht die Lockerungen insgesamt skeptisch: „ „Ich weiß nicht, ob das nicht zu früh kommt. Ich habe ein mulmiges Gefühl und bleibe vorsichtig.“
Dabei dürften auch die Geschehnisse im Aichacher AWO-Heim eine Rolle spielen. Dort sind mittlerweile 17 Menschen mit oder an dem Coronavirus gestorben. Für Rosalinde Speckner keine einfache Situation: „Das ist schrecklich. Ich fühle mit allen Beteiligten mit. Das wäre der absolute Albtraum für mich.“
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