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Affing: Westumfahrung von Mühlhausen: Die Bürger dürfen entscheiden

Affing

Westumfahrung von Mühlhausen: Die Bürger dürfen entscheiden

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    Vor 13 Jahren hat der Affinger Gemeinderat den Bau der Westumfahrung für den Ortsteil Mühlhausen beschlossen. Jetzt will er die Bürger mit ins Boot holen.
    Vor 13 Jahren hat der Affinger Gemeinderat den Bau der Westumfahrung für den Ortsteil Mühlhausen beschlossen. Jetzt will er die Bürger mit ins Boot holen. Foto: Erich Echter

    Die Gemeinde Affing schlägt bei der geplanten Westumfahrung für Mühlhausen einen neuen Weg ein. In einer Sondersitzung, die in sachlicher Atmosphäre vor über 30 Interessierten stattfand, war sich der Gemeinderat am Dienstag einig: Der Bürger soll entscheiden, ob das auf 16 Millionen Euro geschätzte Vorhaben realisiert wird. Umstritten war aber der Zeitpunkt. Auch zeigte sich, dass das Projekt an Unterstützung verliert: Mit dem denkbar knappsten Votum (11:10) beschloss der Rat, die Westumfahrung in der bisherigen Form weiter zu verfolgen und die Bürger erst nach dem Planfeststellungsbeschluss zu befragen.

    Der Gemeinderat setzte sich ausführlich mit den rund 100 Einwendungen aus dem Planfeststellungsverfahren auseinander. Sie füllen einen dicken Aktenordner mit knapp 1200 Seiten. Rechtsanwalt Roland Schmidt stellte die Bedenken von Bürgern, Verbänden und Behörden vor und führte die Gegenargumente an. Den Schwerpunkt nimmt mit zwei Dritteln aller Einwände der Natur- und Landschaftsschutz ein. Schmidt äußerte sich zuversichtlich, was das vorgelegte Ausgleichskonzept anbelangt.

    Die Regierung von Schwaben entscheidet über das Bauprojekt

    „Die Höhere Naturschutzbehörde stellt das Vorhaben keineswegs grundsätzlich infrage“, berichtete er von einem Abstimmungsgespräch am Montag bei der Regierung von Schwaben. Ergebnis: Das Projekt sei nun reif für die Erörterung. Schmidt rechnet mit einem Termin im ersten Quartal 2021, „mit ein bisschen Glück im Januar.“ Die Regierung entscheidet über das Projekt, das die Gemeinde in Sonderbaulast plant. 95 Prozent der Arbeit sei gemacht, so Schmidt. Eventuell sind nach der Erörterung noch Nacharbeiten nötig. Wann der Planfeststellungsbeschluss vorliegt, dazu macht die Regierung keine Zeitangabe. Laut Schmidt ist die zeitliche Dauer bis zum Baubeginn nicht abzuschätzen, denn bei einem positiven Planfeststellungsbeschluss wird mit Klagen gerechnet.

    Westumfahrung Mühlhausen: Bürgerentscheid gefordert

    Zweite Bürgermeisterin Christine Schmid-Mägele forderte als Erste, den Bürger über die Realisierung entscheiden zu lassen, und zwar zum jetzigen Zeitpunkt. Gegen einen Bürgerentscheid argumentierte kein Ratskollege, Dritter Bürgermeister Markus Jahnel bezeichnete jedoch eine baldige Entscheidung als „zu früh“. Kritisch wird die Westumfahrung inzwischen nicht nur in Anwalting und Gebenhofen gesehen. Auch die neuen Gemeinderäte aus Haunswies stehen nicht mehr hinter dem Vorhaben – und zwar aus finanziellen Gründen. Kaspar Wallner, früher Kämmerer in Affing, erklärte, die Gemeinde könne sich das Projekt nicht leisten. Das führte zu Zurufen aus der ansonsten ruhigen Zuhörerschaft. „Du wohnst ja nicht da draußen“ und „so ein Schmarrn“, hieß es. Wallner erklärte, das Thema spalte die Gemeinde seit Jahrzehnten, nun sollten die Bürger grundsätzlich entscheiden. Bürgermeister Markus Winklhofer bezweifelte zwar, „ob man mit dieser oder jener Entscheidung diese Spaltung maßgeblich reduzieren kann“, bekannte sich aber zu einem Bürgervotum: „Noch bürgernäher kann man’s nicht machen.“

    Stimmen aus der Debatte zur Westumfahrung

    Stimmen aus der Debatte

    Die Idee, die Bürger über die Realisierung der Westumfahrung Mühlhausen entscheiden zu lassen, war am Dienstag Konsens in der Sondersitzung des Affinger Gemeinderates. Der Zeitpunkt für ein Bürgervotum war allerdings umstritten. Die einen wollten einen Bürgerentscheid sofort durchziehen, die anderen lieber warten, bis der Planfeststellungsbeschluss vorliegt, was mit 11:10 auch so beschlossen wurde. Nachfolgend Stimmen aus der Debatte:

    Wir haben sehr viele Pflichtaufgaben. Wir sollten der Bevölkerung die Chance geben, zu entscheiden und für mich ist diese Entscheidung jetzt möglich. Christine Schmid-Mägele (CSU, Gebenhofen)

    Der Zeitpunkt für ein Bürgerbegehren ist jetzt zu früh. Wir haben noch keine verlässlichen Zahlen und Daten. Wenn wir Klarheit haben, dann können wir das gerne noch mal auf den Prüfstand stellen. Markus Jahnel (Wählergemeinschaft Mühlhausen-Bergen)

    Der Planfeststellungsbeschluss ist die wesentliche Entscheidungsgrundlage (...) Auf der Grundlage soll die Bevölkerung entscheiden: Wollen wir’s – ja oder nein? Rudi Fuchs (WG M-B)

    Die Grundlagen sind später deutlich besser und klarer. Stellt euch vor, wir beschließen jetzt, den Stecker zu ziehen: Die Regierung ist voll am Arbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das große Begeisterung auslöst (...) So schlecht ist unsere Finanzsituation nun auch wieder nicht, dass man dieses Projekt nicht über langfristige Zwischenfinanzierung auch stemmen könnte. Bürgermeister Markus Winklhofer (Christliche Bürgervereinigung Affing)

    Wir vernachlässigen unsere Pflichtaufgaben (...) Irgendwann ist die Finanzkraft der Gemeinde erschöpft und das bereitet mir Sorgen.JJosef Schmid(Freie Wählergemeinschaft Anwalting)

    Es ist ein bissl fahrlässig: Wir treiben es weiter und wissen jetzt schon, dass wir es nicht finanzieren können (...) Stand jetzt sollten wir es dem Bürger übergeben. Wir sind alle für Umfahrungen, aber das ist nicht oberste Priorität. Kaspar Wallner (Haunswieser Wählergemeinschaft)

    Es ist wichtig, dass wir alle eine Klarheit haben (...) Ich kann’s momentan nicht sagen, was wir in Zukunft stemmen können (...) Wir können nicht dem Bürger sagen, wir haben fünf Unbekannte und jetzt entscheidet mal. Gerhard Faltermeier (WG M-B)

    Man darf nicht so schwarzsehen. Es kommt auch wieder Geld in die Kasse rein. Manfred Klostermeir (WG M-B)

    Ich muss erst alles wissen, dann kann ich die Finanzierung klären. Anita Klostermeir (WG M-B)

    Man macht der Bevölkerung Hoffnung auf Umgehungsstraßen. Bei 95 Prozent Stopp zu sagen, das finde ich nicht fair. Jutta Hahn (CBV Affing)

    Der richtige Zeitpunkt für ein Ratsbegehren ist, wenn wir Rechtskraft haben. Dass es schwierig wird, ist allen klar, aber was in drei, vier, fünf Jahren ist, kann keiner voraussagen. Josef Tränkl (Freie Bürgergemeinschaft Aulzhausen) (jca)

    Verwaltungsleiter Bernhard Frank, forderte, auch die Umlagekraft der Gemeinde zu sehen. Affing stehe hier mit Platz sieben im oberen Drittel aller Kreisgemeinden. Affing sei nicht die ärmste Gemeinde der Umgebung. Winklhofer ergänzte, dass sich die Finanzen über neue Bau- und Gewerbegebieten verbessern würden und forderte vom Gemeinderat eine Weichenstellung als Signal an die Regierung. Knapp mit 11:10 hielt der Rat an der bisherigen Planung fest. Neben den Räten aus Anwalting, Gebenhofen und Haunswies, stimmten aus Affing Carlos Waldmann und Marine Sarcone (SPD/Aktive Bürger) und Paul Moll (CBV) sowie Markus Heidenreich (Aulzhausen) dagegen.

    Die Beschlüsse des Affinger Gemeinderates zur Westumfahrung Mühlhausen:

    • Beschluss 1 Mit 11:10 Stimmen nahm der Gemeinderat die Einwendungen zur Westumfahrung zur Kenntnis und beschloss, das Projekt auf Basis der 2010 beschlossenen, ortsfernen Trasse weiterzuverfolgen.
    • Beschluss 2 Ebenfalls mit 11:10 Stimmen beschloss der Gemeinderat, dass die Bürger die endgültige Entscheidung bei einem Bürgerentscheid nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens treffen sollen.
    • Dafür Bei beiden Beschlüssen stimmten diese elf Gemeinderäte zu: Markus Jahnel, Matthias Brandmeir, Gerhard Faltermeier, Rudi Fuchs, Jutta Hahn, Anita Klostermeir, Manfred Klostermeir, Fabian Lechner, Josef Tränkl, Andreas Widmann und Bürgermeister Markus Winklhofer.
    • Dagegen In beiden Fällen stimmten diese zehn Gemeinderäte dagegen: Christine Schmid-Mägele, Georg Engelhard, Markus Heidenreich, Markus Lindermeir, Paul Moll, Marine Sarcone, Josef Schmid, Carlos Waldmann, Kaspar Wallner und Michael Zeitlmeir.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Westumfahrung Mühlhausen: Die Unterstützung bröckelt weg

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