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Affing: Viele Affinger Bürger sind entsetzt über knappes Votum zur Westumfahrung

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Viele Affinger Bürger sind entsetzt über knappes Votum zur Westumfahrung

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    Die Einmündung der Staatsstraße 2381 in die 2035 in Mühlhausen: Besonders zu den Stoßzeiten gibt es hier viel Verkehr.
    Die Einmündung der Staatsstraße 2381 in die 2035 in Mühlhausen: Besonders zu den Stoßzeiten gibt es hier viel Verkehr. Foto: Martin Golling (Archivfoto)

    Seit der Sondersitzung Ende September zu den Affinger Umfahrungen rumort es in der Gemeinde. Damals hatte das Gremium zwar einstimmig beschlossen, die Bürger über den Bau der Westumfahrung Mühlhausen entscheiden zu lassen. Doch nur mit 11:10 Stimmen entschied das Gremium, an der Westumfahrung in der bisherigen Form festzuhalten. Viele Bürger waren entsetzt über das knappe Votum. Es kam sogar zu einem Demo-Aufruf vor der Dienstagssitzung in sozialen Medien. Kurz vorher wurde die Demonstration allerdings wieder abgesagt.

    "Aufstand Umgehung" formiert sich in sozialen Medien

    In sozialen Medien kursierte seit ein paar Tagen ein anonymer Aufruf "bezüglich Aufstand Umgehung". Er enthält die Aufforderung, sich mit "sinnvollen Plakaten" zu beteiligen. 50 Personen seien erlaubt, heißt es darin. Allerdings: Angemeldet war die Demo nicht, wie die Gemeinde rasch nach Rücksprache mit dem Landratsamt klärte. Daraufhin schalteten die Behörden die Polizei ein.

    Blick in den Flyer zur Westumfahrung

    Wirkung: Die Westumfahrung wird im Flyer als "eigenständiges, allein wirksames Instrument" bezeichnet, um einen "erheblichen Teil des Durchgangsverkehrs" von Mühlhausen fernzuhalten. Ohne sie würde außerdem auch die Nordumfahrung für Affing und damit die Verkehrsentlastung von Affing, Aulzhausen und Bergen in die Ferne gerückt.

    Entwicklung: Nur mit einer Westumfahrung sei eine weitere Entwicklung von Mühlhausen möglich. Nur dann könne die große Lücke im Ortskern sinnvoll überplant werden. Dieses Argument im Flyer bezieht sich auf die freie Fläche zwischen dem Gewerbegebiet und der Staatsstraße in Richtung Rehling.

    Finanzierung: Die Gesamtkosten werden auf 16,3 Millionen Euro geplant. Enthalten sind zwei Millionen Euro für den Grunderwerb. Im Flyer heißt es, nach derzeitigem Stand fördere der Freistaat das Projekt mit 80 Prozent der förderfähigen Kosten. Für Affing blieben so 3,3 Millionen Euro übrig. Affing habe erheblich in den Grunderwerb investiert. Es sei mit einem Überschuss von etwa 30 Hektar zu rechnen. Deren Verwertung könne für die Finanzierung herangezogen werden.

    Gemeinderatsvotum: Im Flyer werden alle Gemeinderäte aufgeführt, die zuletzt für die Westumfahrung gestimmt haben: aus Affing Bürgermeister Markus Winklhofer, Matthias Brandmeir, Rudi Fuchs, Jutta Hahn, Fabian Lechner, Andreas Widmann; aus Aulzhausen Anita Klostermeir, Josef Tränkl; aus Mühlhausen Gerhard Faltermeier, Manfred Klostermeir, Markus Jahnel. Und alle, die dagegen waren: aus Affing Paul Moll, Marine Sarcone, Carlos Waldmann; aus Anwalting Georg Engelhard, Josef Schmid; aus Aulzhausen Markus Heidenreich; aus Gebenhofen Christine Schmid-Mägele, Michael Zeitlmeir; aus Haunswies Markus Lindermeir, Kaspar Wallner. (jca)

    Eine Streife aus Aichach war am Dienstagabend an der Schule in Affing. Von einem "Aufstand Umgehung" war indes nichts zu sehen. Informationen unserer Redaktion zufolge hatten die Initiatoren angesichts von Corona-Pandemie und fehlender Anmeldung kalte Füße bekommen. Bei einem akzeptablen Verhalten wäre jedoch nicht viel passiert. Polizeisprecher Peter Löffler versichert, die Polizei habe keine Auflösung geplant. Eine "Spontan-Demo" wäre ohnehin erlaubt gewesen. Die Beamten hätten lediglich nach einem Verantwortlichen gefragt, mögliche Auseinandersetzungen unterbunden und darauf geachtet, dass die Corona-Vorschriften eingehalten würden, so Löffler.

    In Affing gibt es viel Kopfschütteln über das Votum zur Westumfahrung

    Auch ohne Demo: Der Unwillen in Teilen der Bevölkerung bleibt. Helmut Merwald, Vorsitzender der Interessengemeinschaft für die Affinger Umgehung, hat mit dem Demo-Aufruf nichts zu tun, aber den Ärger und das Entsetzen über die knappe Entscheidung seiner früheren Ratskollegen teilt das ehemalige Gemeinderatsmitglied. Er erzählt von "Kopfschütteln auf breiter Front" vor allem über Gemeinderäte aus Ortsteilen, die bislang stets Umgehungsbefürworter waren wie Affing, Haunswies und Aulzhausen. Für Merwald steht fest: "Einige sind beeinflusst worden von anderer Seite." Doch er ist überzeugt: Die Haltung der Bevölkerung in diesen Ortsteilen spiegelt das nicht wider. Er habe keine Bedenken bei einem Bürgervotum. "Die Leute stehen nach wie vor dahinter", so Merwald.

    Die Zuversicht, die Westumfahrung Mühlhausen könnte bald etwas werden, schwindet. Dass auch immer weniger Gemeinderäte dahinter stehen, entsetzt die Bevölkerung aber.
    Die Zuversicht, die Westumfahrung Mühlhausen könnte bald etwas werden, schwindet. Dass auch immer weniger Gemeinderäte dahinter stehen, entsetzt die Bevölkerung aber. Foto: Carmen Jung (Archivfoto)

    Die Unruhe in der Gemeinde blitzte auch am Ende der Sitzung auf. Josef Schmid, Umfahrungsgegner, kritisierte einen Flyer, der seit Sonntag in der Gemeinde verteilt wird. Haushalte in Gebenhofen, Aulzhausen oder Miedering etwa haben ihn schon bekommen. Verteilt werden soll er aber in allen Ortsteilen. Das versicherte Dritter Bürgermeister Markus Jahnel, der bei dem Flyer "Verantwortlicher im Sinne des Pressegesetzes" ist. Schmid bezeichnete das Papier als "ganz schlecht". Die Erwartungen eines guten Umgangs im Gemeinderat nach der Klausur im Sommer in Thierhaupten "werden durch eine solche Aktion zunichte gemacht".

    Jahnel konterte, nach den vielen Fragen und Diskussionen in der Bevölkerung sei eine Aufklärung nötig gewesen. Es handle sich um eine sachliche Darstellung. "Das muss erlaubt sein (...) Es ist auch erlaubt, Leserbriefe zu schreiben", sagte Jahnel in Anspielung auf einen Leserbrief Schmids, in dem dieser in unserer Zeitung Anfang Oktober etwa behauptet hatte, die Westumfahrung würde für keine Verkehrsentlastung von Mühlhausen sorgen.

    Stimmen aus der Debatte zur Westumfahrung

    Stimmen aus der Debatte

    Die Idee, die Bürger über die Realisierung der Westumfahrung Mühlhausen entscheiden zu lassen, war am Dienstag Konsens in der Sondersitzung des Affinger Gemeinderates. Der Zeitpunkt für ein Bürgervotum war allerdings umstritten. Die einen wollten einen Bürgerentscheid sofort durchziehen, die anderen lieber warten, bis der Planfeststellungsbeschluss vorliegt, was mit 11:10 auch so beschlossen wurde. Nachfolgend Stimmen aus der Debatte:

    Wir haben sehr viele Pflichtaufgaben. Wir sollten der Bevölkerung die Chance geben, zu entscheiden und für mich ist diese Entscheidung jetzt möglich. Christine Schmid-Mägele (CSU, Gebenhofen)

    Der Zeitpunkt für ein Bürgerbegehren ist jetzt zu früh. Wir haben noch keine verlässlichen Zahlen und Daten. Wenn wir Klarheit haben, dann können wir das gerne noch mal auf den Prüfstand stellen. Markus Jahnel (Wählergemeinschaft Mühlhausen-Bergen)

    Der Planfeststellungsbeschluss ist die wesentliche Entscheidungsgrundlage (...) Auf der Grundlage soll die Bevölkerung entscheiden: Wollen wir’s – ja oder nein? Rudi Fuchs (WG M-B)

    Die Grundlagen sind später deutlich besser und klarer. Stellt euch vor, wir beschließen jetzt, den Stecker zu ziehen: Die Regierung ist voll am Arbeiten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das große Begeisterung auslöst (...) So schlecht ist unsere Finanzsituation nun auch wieder nicht, dass man dieses Projekt nicht über langfristige Zwischenfinanzierung auch stemmen könnte. Bürgermeister Markus Winklhofer (Christliche Bürgervereinigung Affing)

    Wir vernachlässigen unsere Pflichtaufgaben (...) Irgendwann ist die Finanzkraft der Gemeinde erschöpft und das bereitet mir Sorgen.JJosef Schmid(Freie Wählergemeinschaft Anwalting)

    Es ist ein bissl fahrlässig: Wir treiben es weiter und wissen jetzt schon, dass wir es nicht finanzieren können (...) Stand jetzt sollten wir es dem Bürger übergeben. Wir sind alle für Umfahrungen, aber das ist nicht oberste Priorität. Kaspar Wallner (Haunswieser Wählergemeinschaft)

    Es ist wichtig, dass wir alle eine Klarheit haben (...) Ich kann’s momentan nicht sagen, was wir in Zukunft stemmen können (...) Wir können nicht dem Bürger sagen, wir haben fünf Unbekannte und jetzt entscheidet mal. Gerhard Faltermeier (WG M-B)

    Man darf nicht so schwarzsehen. Es kommt auch wieder Geld in die Kasse rein. Manfred Klostermeir (WG M-B)

    Ich muss erst alles wissen, dann kann ich die Finanzierung klären. Anita Klostermeir (WG M-B)

    Man macht der Bevölkerung Hoffnung auf Umgehungsstraßen. Bei 95 Prozent Stopp zu sagen, das finde ich nicht fair. Jutta Hahn (CBV Affing)

    Der richtige Zeitpunkt für ein Ratsbegehren ist, wenn wir Rechtskraft haben. Dass es schwierig wird, ist allen klar, aber was in drei, vier, fünf Jahren ist, kann keiner voraussagen. Josef Tränkl (Freie Bürgergemeinschaft Aulzhausen) (jca)

    Gegenüber unserer Redaktion sprach Jahnel ebenfalls von entsetzten Reaktionen der Bürger darüber, dass "grad noch eine Mehrheit" für die Westumfahrung zustande gekommen war. Er weiß, dass die Zuversicht schwindet, je länger es dauert. "Doch aufgeben geht halt nicht", findet der Mühlhauser. Gerade nachdem viele Lügen und Halbwahrheiten kursierten, hält Jahnel eine ausführliche Darstellung für geboten. Hinter dem Flyer stünden alle Gemeinderäte, die zuletzt noch für die Westumfahrung stimmten.

    Jutta Hahn: Habe Demonstrationsaufruf in Affing nicht initiiert

    So auch Jutta Hahn. In der Sitzung sprach sie von "extrem viel Ärger von der Bevölkerung", den Gemeinderäte abbekommen hätten. Hinter dem Demo-Aufruf stehe sie aber nicht, auch wenn sie als Mit-Initiatorin gehandelt wird. Hahn ärgert das. Am nächsten Tag sagte sie uns: "Dann wäre die Demo angemeldet gewesen. Denn aus beruflichen Gründen wüsste ich, wie man so was organisiert", so Hahn.

    Bürgermeister Markus Winklhofer war im Vorfeld im Bilde über den Flyer. Er findet, dass die Situation darin zutreffend wiedergegeben wird. Im Gemeinderat unterband er eine ausführliche Diskussion: "Es kann nicht sein, dass die Zusammenarbeit an einem Thema festgemacht wird." Er bitte schon weiter um Kooperation, Respekt und Toleranz im Gremium.

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