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Affing-Haunswies: Landwirtin aus Haunswies schreibt ein Gedicht über den Corona-Advent

Affing-Haunswies

Landwirtin aus Haunswies schreibt ein Gedicht über den Corona-Advent

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    Agnes Gall aus dem Affinger Ortsteil Haunswies ist als Landwirtin häufig mit dem Traktor unterwegs, hier mit ihrer Hündin Romy.
    Agnes Gall aus dem Affinger Ortsteil Haunswies ist als Landwirtin häufig mit dem Traktor unterwegs, hier mit ihrer Hündin Romy. Foto: Agnes Gall

    Unter einem Dichter stellen sich die meisten Menschen wahrscheinlich einen älteren Herren mit grauen Haaren vor, der mit ernster Miene über einen Schreibtisch gebeugt schreibt. Das muss nicht sein. Es kann auch eine fröhliche junge Frau sein, die gerade einen Traktor fährt.

    Die Senioren in Haunswies freuten sich jedes Jahr auf ihren Adventsnachmittag, erzählt Agnes Gall. Bei Kaffee und Kuchen wird geplaudert, es gibt Musik und Geschichten. Auch der Nikolaus schaut vorbei. Wie so vieles fällt auch der Seniorennachmittag dieses Jahr der Pandemie zum Opfer. Zumindest in seiner eigentlichen Form. Denn Agnes Gall hat zusammen mit ihren Kollegen vom Pfarrgemeinderat eine Andacht daraus gemacht. „Messen sind schließlich erlaubt“, erklärt Gall.

    Die Bäuerin aus Haunswies dichtet oft auf dem Traktor

    Die 35-Jährige suchte nach Texten zum Vorlesen. Corona sollte keine große Rolle spielen. „Jeder weiß es und jeden nervt es“, sagt Gall. Trotzdem habe sie die Pandemie nicht ganz außen vor lassen können. Nachdem sie keine passenden Adventsgeschichten für 2020 fand, schrieb sie kurzerhand selbst ein Gedicht.

    Von Beruf ist Gall Landwirtin. Sie hat einen kleinen Betrieb mit 30 Milchkühen, den sie von ihren Eltern übernommen hat. Sie findet, das Dichten und die Landwirtschaft lassen sich gut kombinieren. Gall erzählt, sie sei häufig alleine mit den Kühen oder eben im Traktor unterwegs. Wenn ihr ein guter Einfall kommt, greift sie nicht etwa zu Stift und Papier: „Da kann ich schnell was aufs Handy quatschen“, sagt Gall und lacht.

    Agnes Gall aus Haunswies hat ein Gedicht über den Corona-Advent geschrieben

    Die 35-Jährige dichtet gerne, beispielsweise zu Geburtstagen hat sie häufiger ihre Texte vorgetragen. Gleichzeitig ist sie seit zwei Jahrzehnten in ihrer Gemeinde aktiv, inzwischen ist sie die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats. Aber alles andere muss liegen bleiben, wenn sie sich um ihre Tiere kümmern muss. „Noch kann ich von den Gedichten nicht leben“, sagt Gall scherzhaft.

    Das Adventsgedicht von Agnes Gall aus Haunswies

    Des ois in vier Wocha, Zeit drängt scho sehr,

    bis zmoi kimmt wieder überraschend Weihnachten daher.

    Und zwischennei no die Zeit aufbringa kinna,

    für die schean Sachan, dia im Advent stattfina.

    Zum Theater oder Christkindlamarkt mecht ma geha,

    jeds Johr gleich und doch oi Johr wieder schea.

    Der Gruch von Brodwurst, Glühwein oder Mandeln,

    Handwerker, dia mit ihre Waren handeln.

    Dia Leid, dia ma trifft, dia Gespräche, dia gfiat wern

    und meist gibt’s a no a scheane Musik zum hean.

    In der Kältn nimmt ma sich gern in Arm,

    bei Blosmusik oder Kinderchor werds oam von innen warm.

    So is oiwei gwen, so hamma des gern

    so sui des a 2020 wieder wern.

    Hoit, hoit, hoit, hob i grod 2020 gsagt?

    Ja do muas i aufbassn, dass mi die Wuad ned backt.

    Kaum im neia Johr hod ma von am Virus gheart,

    doch neamad hod gwusst, wos uns do blian werd.

    Das des moi ois werd durcheinanda bringa,

    do drauf hätt ja neamad wetten minga.

    Hom mir no gedacht, wenn mir hoidn Abstand ei,

    werd da Spuk in a boor Wocha vorbei sei.

    Weit gfeid – as öffentliche Lebm kimmt zu erleng,

    sowos hods seitm Kriag wui nimma gem.

    Am Anfang is jeda am Fernseher bappt,

    ham doch die Medien nur no des oane Thema ghabt.

    Is ja o sunst nix mehr auf der Welt passiert,

    hod doch des Virus alle Veranstaltungen kassiert.

    Fuasboi, Olympia, Oktorberfest, oi dia Sacha

    dia Massn Leid aulocka und Spaß macha.

    Koan Bsuach darf ma ed kriang oda macha,

    auf Geburtstagsfeiern ned mitm Jubilar lassn kracha.

    In Leid, Schmerz oder Freid, des is heier egal,

    koan darfst an di drucka, wos sunst is normal.

    Koa Hand darfst ed gem, a Maske muast drong dazua,

    a jeder hod va dem Ding mehr ois wia gmua.

    Jetzt kaun i eich verzöin, von am Tiefpunkt in meim Johr,

    grod in der Kircha is gwen, des is gwies wohr.

    Nochdem wochenlang gwen san koane Messen

    hom mir auch kinna die Osterfeier vergessn.

    Do hint in a Bank bin i gsessen am Karsamstag fria,

    do wars koid, still und einsam, aber scho wia.

    Ham mir uns doch sunst miteinander gfreid,

    wenn Jesus war von die Fesseln des Todes befreit.

    Miteinanda Kerzn ouzündt und gsunga as Halleluja recht laut,

    und heier homma nur dahoam alloa in Bildschirm gschaut.

    Des ois hod mi beschäftigt scho a ganze Zeit

    die Erkenntnis draus sog i eich heit:

    Zum Schutz für uns selber und für andere Leid,

    hod jeder wos g´opfert oder aufgebn – bis heid.

    Jeder übt Verzicht und schränkt sich ei,

    muas des aber ned bei Nächstenliebe so sei?

    Grod die Maske muas uns as Lebn schwar macha,

    kannst schlecht schnaufa, singa oder jemand oulacha.

    Aber es gibt sovui schlimmeres auf dera Welt,

    geht’s doch so oft blos um Macht und um Geld.

    Is ed vui schlimma wenn Kinda auf d´Welt kemma

    und Kriag, Leid und Hunger eana as Leben glei wieda nemma?

    Is ed vui schlimma wenn jemand dahoam mechad bleibn,

    eam aber Hass und Terror von do vertreibn?

    Is ed vui schlimma wos mancherorts passiert Frau oder Mo

    Wenns koa Grenz gibt wos ma am Menschn darf doa o?

    Jeder do hod glitten und des wird a no so bleibn,

    des Corona werdn mir ned scho morgen vertreibn.

    Es geht auf Weihnachten und do wärs scho gleng,

    wenn mir a des Positive drau seng.

    Vielleicht kimma an Advent nutzen für dia Sacha,

    wo oiwei gschom wern und ma wuit unbedingt moi macha.

    An Anruf an liabe, oide Bekannte

    oder an Briaf an längst vergessene Verwandte.

    Weihnachten werd heier anders ois sunst sei,

    uns bleibt nix über, also lass ma uns doch drauf ei.

    In Bethlehem damals wars a ned perfekt,

    sunst hätt der Herrgott sein Buam ned in a Krippn gsteckt.

    In an Stoi vui Mist und vui Dreck

    do hätts bestimmt o gem an bessern Fleck.

    Scho von Anfang o, is Jesus uns gstandn bei

    so wars oiwei und so werds o weiterhin sei.

    Trotz allem darf ma in diane Zeitn no singa und lacha

    Weihnachten werd sei, wos ma in unsere Herzen draus macha.

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