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Mafia: Allein 1000 Einsatzkräfte in Deutschland: Europaweite Razzia gegen die Mafia

Mafia

Allein 1000 Einsatzkräfte in Deutschland: Europaweite Razzia gegen die Mafia

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    Ein Polizeibeamter entlädt am Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz einen Transporter mit sichergestelltem Material aus einer Razzia in mehreren Bundesländern gegen die italienische Mafia 'Ndrangheta.
    Ein Polizeibeamter entlädt am Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz einen Transporter mit sichergestelltem Material aus einer Razzia in mehreren Bundesländern gegen die italienische Mafia 'Ndrangheta. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Die kalabrische 'Ndrangheta ist eine der mächtigsten Verbrecher-Organisationen der Welt. In Italien ist die aus dem südlichsten Landesteil Kalabrien stammende Mafia-Gruppe in sogenannte cosche, also Familieneinheiten, aufgeteilt. Doch die eigentliche Stärke der 'Ndrangheta ist, dass sie weltweit operiert und ihre Mitglieder sich nicht nur in Italien, sondern auch in Europa ausgebreitet haben. Zu diesem Schluss kamen am Mittwoch auch italienische und deutsche Ermittler, als sie die Ergebnisse ihrer gemeinsamen europäischen Polizeioperation mit dem Namen „Eureka“ gegen das Organisierte Verbrechen vorstellten. 

    Vom frühen Morgen an waren Polizeikräfte und Ermittler in Italien, Deutschland, Belgien, Frankreich, Spanien und Portugal gegen Mitglieder der 'Ndrangheta vorgegangen. Mehr als 100 Verdächtige wurden festgenommen. Die Operation richtete sich in erster Linie gegen den ausufernden Kokainhandel, den die 'Ndrangheta in Europa betreibt. In Deutschland nahmen insgesamt mehr als 1000 Polizeibeamte an den Razzien teil. Schwerpunkte der Aktion waren Nordrhein-Westfalen mit 15 Festnahmen und Rheinland-Pfalz mit zehn Festnahmen. In Bayern nahm die Polizei vier Verdächtige fest, auch im Saarland und in Thüringen gab es Verhaftungen. 

    Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Rauschgiftschmuggel

    Die Ermittler werfen den Beschuldigten Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßigen Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vor. Drei Jahre lang liefen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften Düsseldorf, Koblenz, Saarbrücken und München. Die Untersuchungen hatten im Jahr 2019 in Belgien begonnen, als Fahnder gegen den auch in Genk ansässigen Nirta-Clan aus dem Dorf San Luca im Aspromonte-Gebirge vorgingen. Die Ermittlungen wurden ausgeweitet, die Antimafia-Staatsanwaltschaft in Reggio Calabria übernahm die Koordination. An der gemeinsamen Ermittlungsgruppe waren auch Europol sowie Eurojust, die EU-Agentur für Zusammenarbeit in Strafsachen, beteiligt.

    Ein Polizist steht während der Razzia in Hagen. Nordrhein-Westfalen war einer der Schwerpunkte des Einsatzes.
    Ein Polizist steht während der Razzia in Hagen. Nordrhein-Westfalen war einer der Schwerpunkte des Einsatzes. Foto: Alex Talash, dpa

    In Italien wurden 108 Verdächtige festgenommen, die meisten in Kalabrien. Festnahmen gab es aber auch in Mailand, Rom, der Region Kampanien, auf Sardinien sowie in den Abruzzen. Die italienischen Ermittler beschuldigen die Verdächtigen der „Mitgliedschaft in einer Mafia-Vereinigung“, einen Tatbestand, den es nur in Italien gibt. Außerdem werfen sie den Beschuldigten unter anderem Drogenhandel, Waffenhandel und Geldwäsche vor.

    Das Drogengeld wurde in Luxusautos und Immobilien investiert

    Die Clans mit den Namen Nirta, Strangio, Romeo, Mammoliti und Morabito sollen sich von lateinamerikanischen Drogenkartellen aus Kolumbien, Ecuador, Panama und Brasilien direkt mit Kokain haben eindecken lassen. Zwischen Mai 2020 und Januar 2022 wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft Reggio Calabria zu diesem Zweck alleine sechs Tonnen Kokain bewegt, von dem mehr als die Hälfte beschlagnahmt werden konnte. Den Erlös sollen die Mafiosi dann etwa in Luxusautos oder Immobilien investiert, aber auch in im Ausland befindliche Pizzerien, Restaurants, Eisdielen und Autowaschanlagen in den legalen Geldzyklus eingespeist haben. Eines der Autopflegezentren soll als eine Art Logistik-Center für die Weiterreise von Mafia-Angehörigen in Deutschland genutzt worden sein.

    Eine weitere im Fokus der Ermittler stehende Gruppe soll im belgischen Genk und in München tätig gewesen sein. Insgesamt wurden Güter im Wert von 25 Millionen Euro beschlagnahmt. Ein entscheidender Schritt bei den Ermittlungen war die Identifikation eines verschlüsselten Handy-Chats des Krypto-Messengerdienstes „SkyECC“ auf dem Telefon eines der wichtigsten Beschuldigten in Bayern.

    Mitglieder eines verfeindeten Clans in Duisburg erschossen

    Dass die Mafia-Organisation auch in Deutschland aktiv ist, weiß man spätestens seit dem 15. August 2007. Damals erschossen vor dem Restaurant „Da Bruno“ in Duisburg Mitglieder des Nirta-Strangio-Clans sechs Mitglieder des verfeindeten Pelle-Romeo-Clans. Beide Familien stammen aus dem Dorf San Luca im Aspromonte-Gebirge in Kalabrien und waren in eine Fehde verwickelt. Nach San Luca führen auch bei der jetzigen Eureka-Operation die Spuren. Offenbar organisierten sich die Clans nach den Morden von 2007 neu und setzten alles daran, die illegalen Geschäfte wieder zum Blühen zu bringen. Clan-Mitglieder stellten Kontakte zu südamerikanischen Drogenkartellen her. Über die familiären Bande in ganz Europa wurde der Stoff, in erster Linie Kokain, dann an die Abnehmer verkauft. Diesem Mechanismus sollte mit der europäischen Polizeioperation „Eureka“ nun ein Ende gesetzt werden. „Das Imperium, das die historischen Familien von San Luca errichtet haben, bricht zusammen“, schrieb die Zeitung La Repubblica.

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